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BVerwG: Planfeststellungsbeschluss für Uckermark-Höchstspannungsleitung rechtswidrig und nicht vollziehbar

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute in erster und letzter Instanz den Planfeststellungsbeschluss (PFB) des beklagten Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe des Landes Brandenburg vom 17. Juli 2014 für die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Freileitung Bertikow – Neuenhagen der beigeladenen 50Hertz Transmission GmbH – sog. Uckermarkleitung – für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.

Der Neubau der Uckermarkleitung ist in den Bedarfsplan des Energieleitungsausbaugesetzes des Bundes aufgenommen. Die Freileitungstrasse erstreckt sich auf eine Länge von ca. 115 km. Sie durchquert das Vogelschutzgebiet „Randow-Welse-Bruch“, verläuft zwischen zwei Teilräumen des Vogelschutzgebiets „Unteres Odertal“ und durchquert das Biosphärenreservat „Schorfheide-Chorin“ mit dem darin gelegenen Vogelschutzgebiet sowie ein FFH-Gebiet.

Die Kläger – eine anerkannte Naturschutzvereinigung und zwei von der Trassenführung in ihrem Grundeigentum betroffene Eigentümer – begehrten die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie kritisierten den PFB in erster Linie wegen einer – aus ihrer Sicht – von der planfestgestellten Uckermark-Freileitung ausgehenden erheblichen Beeinträchtigung „hochsensibler“ Vogelschutzgebiete. Darüber hinaus machten sie u.a. eine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie Abwägungsmängel bei der Prüfung großräumiger Trassenalternativen geltend.

Die zulässigen Klagen waren überwiegend begründet. Das Bundesverwaltungsgericht hat Fehler bei der UVP-rechtlichen Auslegungsbekanntmachung festgestellt, die jedoch gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG n.F. i.V.m. § 46 VwVfG für den geltend gemachten Aufhebungsanspruch folgenlos bleiben, weil auf der Grundlage der verfügbaren Unterlagen zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die angegriffene Entscheidung ohne die Fehler nicht anders ausgefallen wäre.

Zu Recht rügten die Kläger Verstöße gegen zwingende naturschutzrechtliche Planungsvorgaben. Die „Vertiefende FFH-Verträglichkeitsstudie von EU-Vogelschutzgebieten“ (UVS II), auf die die Planfeststellungsbehörde ihre Annahme gestützt hat, dass von der Uckermark-Freileitung keine erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungszwecke der Vogelschutzgebiete ausgingen, ist unzureichend. Die leitungsbedingte Erhöhung des Mortalitätsrisikos wurde nicht artspezifisch untersucht, sondern für sämtliche Vogelarten pauschal bestimmt, obwohl der ornithologische Fachbeistand der Kläger wiederholt darauf hingewiesen hatte, dass zwischen den in den Schutzgebieten vertretenen Vogelarten starke Unterschiede in ihrer Verhaltensökologie, Habitatnutzung und dem damit einhergehenden Flugverhalten und somit auch im potentiellen Anflugrisiko bestünden. Einige besonders gefährdete Arten hatte er hervorgehoben. Da weder davon auszugehen ist, dass das Anflugrisiko in der UVS II kategorisch überschätzt worden ist, noch überzeugende Gründe dafür genannt wurden, warum eine artspezifische Untersuchung dieser besonders hervorgehobenen Vogelarten unverhältnismäßig sein könnte, ist mit der UVS II der habitatschutzrechtlich geforderte wissenschaftliche Nachweis nicht erbracht, dass keines der Erhaltungsziele und Schutzzwecke der betroffenen Vogelschutzgebiete erheblich beeinträchtigt werden kann. Die Uckermarkleitung durfte auf dieser Grundlage nicht zugelassen werden. Unzulässig waren ferner die Berücksichtigung des Rückbaus der bestehenden 220-kV-Freileitung als schadensmindernde Maßnahme sowie die Annahme einer pauschalen Bagatellgrenze leitungsbedingt erhöhter Mortalität. Die festgestellten Mängel führten nicht zur Aufhebung, sondern nur zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des PFB, weil sie durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Im Übrigen blieben die Rügen der Kläger ohne Erfolg.

BVerwG, Pressemitteilung v. 21.01.2016 zum U. v. 21.01.2016, 4 A 5.14

Redaktioneller Hinweis: Zu den Leitungsvorhaben im Hochspannungsbereich vgl. die entsprechende Website der Bundesnetzagentur.