Gesetzgebung

Bundesrat: Beschlüsse der 942. Sitzung vom 26.02.2016

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Bundesrat_Fotolia_24218206_S_copyright - passKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. nachfolgende Beschlüsse gefasst.

I. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. nachfolgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestages.

Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas [TOP 1]

Gesetz zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes [TOP 2]

Stichworte: statistische Abbildung der Hochschullandschaft nach der Bologna-Reform; Daten für den Übergang vom Bachelor zum Master-Studium, zu Bildungsbiografien, Studienabbrüchen und zum wissenschaftlichen Nachwuchspersonal.

Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern [TOP 29]

Stichworte: schwerwiegendes Ausweisungsinteresse bereits dann, wenn ein Ausländer wegen Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe verurteilt worden ist, sofern diese Straftaten mit Gewalt oder unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen sind (dies gilt unabhängig davon, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist); besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, wenn ein Ausländer wegen einer der vorgenannten Straftaten und Tatmodalitäten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird (auch dies gilt künftig unabhängig davon, ob die Freiheits- oder Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt ist); erweiterter Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung: Asylsuchenden, die eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten, weil sie wegen einer der genannten Straftaten bei Verwirklichung entsprechender Tatmodalitäten (Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen) rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind, kann künftig zudem die Rechtsstellung als Flüchtling versagt werden.

Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren [TOP 30]

Das Gesetz, das die im Vorfeld besonders umstrittenene Einschränkung des Familiennachzugs beinhaltet, ist Teil des sog. Asylpakets II, dem darüber hinaus noch das Gesetz zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten zugehört. Im Unterschied zum erstgenannten Gesetz ist das letztgenannte zustimmungsbedürftig und daher von der Zustimmung (rot-)grün regierter Länder im Bundesrat abhängig. Es ist weiter Gegenstand politischer Kompromissfindung.

Stichworte: Änderungen des AsylG (Einführung beschleunigter Verfahren, Residenzpflicht, besserer Schutz von Minderjährigen), des AufenthG (Abbau von Abschiebehindernissen aus vermeintlich gesundheitlichen Gründen, Clearingstelle Passbeschaffung der Bundespolizei, Einschränkung des Familiennachzugs) und des AsylbLG (Absenkung der monatlichen Geldbeträge für den notwendigen persönlichen Bedarf, Verknüpfung des Leistungsbezugs mit dem neuen Ankunftsnachweis). Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung. 

Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften [TOP 31]

Stichworte: Überschuldung bei Konsumkrediten; Null-Prozent-Finanzierungen.

II. Landesinitiativen

Es standen u.a. nachfolgende Landesinitiativen auf der Tagesordnung.

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Verbreitens und Verwendens von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bei Handlungen im Ausland [TOP 6]

Stichworte: Internetpropaganda; Erweiterung des Katalogs der Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter in Bezug auf Tatbestände des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB) und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB); Reaktion auf BGH B. v. 19.08.2014, 3 StR 88/14.

  • Beschluss: Einbringung.

Entschließung des Bundesrates zum Erhalt des Vertrauensschutzes bei bestehenden Anlagen zur industriellen Erzeugung von Eigenstrom [TOP 9] 

Entschließung des Bundesrates „Zusammenhalt stärken: Flüchtlinge aufnehmen und integrieren – eine gesamtstaatliche Aufgabe in gemeinsamer Verantwortung“ [TOP 39]

Stichworte: stärkere Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Unterbringung; adäquate Abbildung der gemeinsamen Sicherheitsverantwortung von Bund und Ländern in den Bund-Länder-Finanzierungsmechanismen; Integration als neue Aufgabe auf nationaler Ebene in Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen; Einwanderungsgesetz für Arbeitskräfte.

  • Beschluss: Annahme.

III. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Es wurde u.a. zu nachfolgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst.

Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts [TOP 10]

Die wesentlichen Änderungen im BGG betreffen laut Gesetzentwurf u.a.

  • die Anpassung des Begriffs der Behinderung an den Wortlaut der UN-BRK,
  • die Verbesserung der Barrierefreiheit durch Aufnahme von Bestimmungen zur Verbesserung der Herstellung von Barrierefreiheit im Bereich Bau, zur Bereitstellung barrierefreier Informationstechnik innerhalb der Bundesverwaltung und zur Beachtung der Barrierefreiheit bei Zuwendungen und Zuweisungen im Rahmen institutioneller Förderungen durch die Bundesverwaltung,
  • die Aufnahme der Leichten Sprache zur stärkeren Berücksichtigung der Belange von Menschen mit geistigen Behinderungen,
  • die Klarstellung des Benachteiligungsverbots für Träger öffentlicher Gewalt durch die Aufnahme des Prinzips der Versagung angemessener Vorkehrungen als Form der Benachteiligung im Sinne der UN-BRK,
  • die Errichtung einer Bundesfachstelle für Barrierefreiheit zur Beratung und Unterstützung bei der Herstellung von Barrierefreiheit,
  • die Klarstellung des Geltungsbereichs durch ausdrückliche Aufnahme von Beliehenen und anderen Bundesorganen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben.

Beschluss: Stellungnahme.

Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz – PflBRefG) [TOP 12]

Aus der Erläuterung zum TOP: Die bisherigen drei Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sollen reformiert und zu einem einheitlichen Berufsbild zusammengeführt werden; die bestehende Dreigliederung der Pflegeberufe soll damit aufgehoben werden; ergänzend zur fachberuflichen Pflegeausbildung soll eine bundesgesetzliche Grundlage für eine primär-qualifizierende hochschulische Pflegeausbildung geschaffen werden; die neue Ausbildung soll auf einen universellen Einsatz in allen allgemeinen Arbeitsfeldern der Pflege vorbereiten, einen Wechsel zwischen den einzelnen Pflegebereichen erleichtern und zusätzliche Einsatz- und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen.

IV. EU-Vorlagen

EU-Kreislaufwirtschaftspaket

Es standen u.a. 4 Richtlinienvorschläge im Kontext des EU-Kreislaufwirtschaftspakets auf der Tagesordnung, mit denen die Kommission die Änderung von insgesamt sechs abfallrechtlichen Richtlinien vorschlägt.

Die Änderungsvorschläge zielen insgesamt auf die Verbesserung der Ressourceneffizienz durch die möglichst umfassende Nutzung von Abfällen im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Die Kommission bezweckt deshalb die vollständige Umsetzung der Abfallhierarchie in allen Mitgliedstaaten, die Senkung des Abfallaufkommens, die Gewährleistung eines hochwertigen Recyclings und die Verwendung recycelter Abfälle als Rohstoffquelle in der Union.

Mit den Vorschlägen will die Kommission im Einklang mit den Zielen des Fahrplans für ein ressourcenschonendes Europa und des 7. Umweltaktionsprogramms einen Beitrag zur Durchführung der EU-Rohstoffinitiative leisten. Darüber hinaus sollen die Vorschläge die vorgesehenen Berichtspflichten vereinfachen und harmonisieren.

Zu den wichtigsten Elementen der Vorschläge zur Änderung des EU-Abfallrechts zählen:

  • die Angleichung von Begriffsbestimmungen;
  • die Anhebung der Zielvorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und für das Recycling von Siedlungsabfällen auf 65 Prozent bis 2030;
  • die Anhebung der Zielvorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und für das Recycling von Verpackungsabfällen und die Vereinfachung des Zielpakets;
  •  die schrittweise Begrenzung der Deponierung von Siedlungsabfällen auf 10 Prozent bis 2030;
  • die stärkere Harmonisierung und Vereinfachung des Rechtsrahmens für Neben-produkte und das Ende der Abfalleigenschaft;
  • neue Maßnahmen zur Förderung der Vermeidung von Abfällen, einschließlich Lebensmittelabfällen, und der Wiederverwendung;
  • die Einführung von Mindestanforderungen für die erweiterte Herstellerver-antwortung;
  • die Einführung eines Frühwarnsystems zur Überwachung der Einhaltung der Recyclingziele;
  • die Vereinfachung und Rationalisierung von Berichtspflichten;
  • die Anpassung an die Artikel 290 und 291 AEUV über delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte.

Im Einzelnen:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge, der Richtlinie 2006/66/EG über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren sowie der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte [TOP 19a]

Mit den vorgeschlagenen Änderungen der Richtlinien 2000/53/EG über Altfahrzeuge, 2006/66/EG über Batterien und Akkumulatoren und 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte sollen insbesondere folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

  • Der bürokratische Aufwand für kleine Betriebe und Unternehmen soll durch eine Vereinfachung der Genehmigungs- und Registrierungsauflagen für kleine Betriebe und Unternehmen verringert werden;
  • Die alle drei Jahre von den Mitgliedstaaten zu erstellenden Durchführungsberichte sollen gestrichen werden, weil sie sich nach Auffassung der Kommission nicht bewährt und unnötigen Verwaltungsaufwand verursacht haben. Die Einhaltung der Vorschriften soll zukünftig ausschließlich anhand der statistischen Daten überwacht werden, die die Mitgliedstaaten der Kommission jährlich übermitteln.

Beschluss: Stellungnahme.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien [TOP 19b]

Mit dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Abfalldeponien will die Kommission die Abfallbewirtschaftung in der Union verbessern und eine stärker kreislauforientierte Wirtschaft, in der Abfälle zunehmend als Ressourcen genutzt werden, fördern. Ein Ablagerungsverbot verwertbarer Abfallfraktionen und eine Reduktion der Ablagerung von Siedlungsabfällen sollen zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

  • Beschluss: Stellungnahme.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle [TOP 19c]

Der Richtlinienvorschlag enthält Regelungen zu den Anforderungen an die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung, zur Abfallvermeidung und zur Berechnung der Erreichung der Zielvorgaben. Weitere Bestimmungen betreffen den Frühwarn-bericht, der von der Kommission zu erstellen ist, die von den Mitgliedstaaten zu ermittelnden Daten und die Ausübung der Übertragung der Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte durch die Kommission.

  • Beschluss: Stellungnahme.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle [TOP 19d]

Mit dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 94/62/EG will die Kommission ihrer Verpflichtung zur Überprüfung der Abfallbewirtschaftungsziele der Ver-packungsrichtlinie nachkommen. Ziel des Änderungsvorschlags ist die Vermeidung oder Verringerung jedweder Auswirkung von Verpackungen und Verpackungsabfällen auf die Umwelt. Es sollen neue Quoten zur Vorbereitung zur Wieder-verwendung und zum Recycling festgelegt werden.

  • Beschluss: Stellungnahme.

Europäische Grenz- und Küstenwache

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004, der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 und der Entscheidung 2005/267/EG des Rates [TOP 21]

Stichworte: Europäische Agentur für Grenz- und Küstenschutz (Nachfolge von Frontex); Schutz der EU-Außengrenzen; Maßnahmen ohne Anforderung des betroffenen Mitgliedstaats und mit Verpflichtung des Mitgliedstaat zur Zusammenarbeit bei Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Schengen-Raumes und dem Nichtabstellen von erheblichen Mängeln.

Europäisches Einlagensicherungssystem

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems [TOP 37]

V. Rechtsverordnungen

Es wurde u.a. nachfolgende Rechtsverordnung behandelt.

Verordnung über die für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz geltenden Voraussetzungen für die Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks (EU/EWR-Handwerk-Verordnung – EU/EWR HwV) [TOP 27]

Mit der Verordnung erfolgt die rechtlich notwendige Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU im Bereich des Handwerksrechts in nationales Recht. Diese beinhaltet eine Änderung der europarechtlichen Vorschriften über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgt durch die Neufassung der EU/EWR-Handwerk-Verordnung, die die bisher geltende Regelung ablöst.

  • Beschluss: Zustimmung; Entschließung

VI. Nützliche Links mit weiteren Informationen

Die verlinkten Tagesordnungspunkte (TOP) führen zur Sitzungswebsite des Bundesrates. Dort sind u.a. die Stellungnahmen des Bundesrates abrufbar und die wesentlichen Inhalte des behandelten Tagesordnungspunkts meist zusammengefasst („Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt“). Darüber hinaus findet sich dort ein Link zum DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge) mit allen relevanten Dokumenten und Vorgängen.

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier (PDF).

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com