Gesetzgebung

Integrationsbeauftragter: Vereinbarung EU-Türkei – Placebo statt Plan

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Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer, befürchtet, dass die jüngste EU-Türkei-Vereinbarung zur Lösung der Flüchtlingskrise mehr Fragen aufwirft als dass sie Antworten gibt und sich die Situation so nicht wirklich entspannt. Durch das Abkommen gerate Berlin in die Abhängigkeit der türkischen Regierung, wohingegen die übrigen EU-Staaten auch weiterhin keinen substantiellen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisteten.

Brüssel zieht den Gipfelvorhang zu, aber im Endeffekt sind weiter alle Fragen offen“, so kommentiert Martin Neumeyer die jüngsten Beschlüsse der EU, die der Türkei eine Schlüsselrolle, ja eine „Gatekeeper“-Funktion, bei der Lösung der Flüchtlingskrise zuwiesen.

„Wie zuverlässig ist ein Partner, dessen innenpolitische Lage höchst angespannt ist und der zumindest für die Kurden aus dem eigenen Land, Syrien und Irak nicht als sicherer Drittstaat gelten kann? Was machen wir, wenn sich Flüchtlinge in großem Maßstab weigern, in die Türkei zurückzukehren?“

Weiter stellt sich für Neumeyer die Frage, wer in Europa die Flüchtlinge aufnehmen wird, die die Türkei im Austausch gegen die Wiederaufnahme von Bootsflüchtlingen auf die griechischen Inseln in Richtung Westen verlassen sollen.

Wie verlässlich sind hier nach den bisher gemachten Erfahrungen die bescheidenen Zusagen unserer EU-Partner, einen Teil dieser Menschen aufzunehmen oder werden sie letztlich doch alle nach Deutschland kommen? Warum zeigen wir immer mit dem Finger auf die Osteuropäer und die Balkanstaaten, während sich Frankreich, Italien, Spanien und andere Altmitglieder genauso der gemeinsamen Verantwortung entziehen? Ist das wirklich die geforderte europäische oder doch nur eine deutsch-türkische Vereinbarung unter Einbeziehung Griechenlands und der Kommission?“

Neumeyer fürchtet daher, dass der Deal mit der Türkei keine Entlastung bringt, sondern eher wie ein Placebo wirkt – ganz abgesehen von den humanitären und menschenrechtlichen Fragen, die er aufwirft.

Außerdem gibt der Integrationsbeauftragte zu bedenken, dass die Flüchtlinge neue Routen nach Deutschland suchen und finden werden.

Da sollten wir uns keine Illusionen machen. Es gibt viele Wege zu uns, auf denen die Schlepper und Schleuser mutmaßlich noch mehr Gewinn machen werden als bisher. Man denke an Ceuta und Melilla, die albanische Küste oder das Schwarze Meer. Und nicht nur an der libyschen Küste warten Hunderttausende auf eine Überfahrt. Auch eine neue Fluchtroute von Libanon nach Zypern halte ich für denkbar. Deshalb brauchen wir einen Plan.“

Der Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Martin Neumeyer (MdL), Pressemitteilung v. 22.03.2016