In Erster Lesung wurde unter anderem der Entwurf für ein novelliertes Parlamentsbeteiligungsgesetz (PBG) beraten, das insbesondere eine Anpassung an die seit dem 01.01.2014 geänderte Verfassungslage darstellt. Im Zuge mehrerer Verfassungsänderungen wurde auch Art. 70 BV um einen Abs. 4 ergänzt, dessen Sätze 2 und 3 wörtlich in das PBG n.F. übernommen werden sollen. Mit der Bindung der Staatsregierung hinsichtlich ihres Abstimmungsverhaltens im Bundesrat an Stellungnahmen bzw. an ein Gesetz des Landtags nimmt der Gesetzentwurf dabei die in der Rechtswissenschaft sehr umstrittene Frage auf, ob eine solche Bindung grundgesetzkonform ist. Die beiden grundsätzlichen Positionen, jeweils verfochten von namhaften Wissenschaftlern, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
(1) Eine derartige Bindung ist verfassungswidrig. Zwar werden in den Bundesrat Vertreter der Landesregierung entsandt. Der Bundesrat ist jedoch ein Bundesorgan, dessen Zusammenstellung, Rechtsstellung und Verfahren abschließend im Grundgesetz normiert worden ist. Die Vertreter dieser Auffassung können sich auf ein frühes Urteil des BVerfG berufen (BVerfGE 8, 104, 120 ff.).
(2) Eine derartige Bindung ist zulässig, denn sie wirkt der zunehmenden Aushöhlung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder durch Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU entgegen. An dieser Übertragung seien die Landtage als eigentlich Betroffene nur unzureichend beteiligt. Zudem habe das BVerfG in seiner Lissabon-Entscheidung „ausdrücklich die Integrationsverantwortung der Parlamente für die weitere Entwicklung der EU hervorgehoben und diese namentlich in die Hände von Bundestag und Bundesrat als der demokratisch legitimierten Legislative gelegt (BVerfGE 123, 267, 356). Soweit es aber um ausschließliche oder im Schwerpunkt betroffene Gesetzgebungskompetenzen der Länder gehe, müssten die Landesparlamente als der eigentlich zuständige Rechtsträger diese Integrationsverantwortung zusammen mit Bundestag und Bundesrat wahrnehmen“ (Brechmann, in: Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Auflage 2014, Art. 70 Rn. 42, mwN).
In Erster Lesung wurden behandelt und an den federführenden Ausschuss überwiesen:
- fraktionsübergreifender Gesetzentwurf über die Beteiligung des Landtags durch die Staatsregierung in Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß Art. 70 Abs. 4 der Verfassung des Freistaates Bayern sowie in sonstigen Angelegenheiten gemäß Art. 55 Nr. 3 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Bayern (Parlamentsbeteiligungsgesetz – PBG), LT-Drs. 17/10704.
Verfahrensverlauf, aktueller Stand, ggfls. Stellungnahmen: hier. Zur Vorgangsmappe des Landtags: hier (PDF).
- nach Aussprache: Gesetzentwurf (SPD) zur Änderung des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) – Überwachter Internetzugang für Gefangene, LT-Drs. 17/10429 (Vorgangsmappe des Landtags, PDF).
- nach Aussprache: Gesetzentwurf (SPD) zur Änderung des Bayerischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (BayUVollzG) – Einführung der Gewährung eines Taschengelds für bedürftige Untersuchungsgefangene, LT-Drs. 17/10759 (Vorgangsmappe des Landtags, PDF).
Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto/Abbildung: (c) ah_fotobox – Fotolia.com
Redaktioneller Hinweis
Zur Übersicht über die im Freistaat Bayern laufenden Gesetzgebungsverfahren, soweit diese voraussichtlich eine Mehrheit finden werden, vgl. den jeweils aktuellen Wochenspiegel. Dieser enthält darüber hinaus die aktuellen redaktionellen (Gast-)Beiträge und die jüngst veröffentlichten Leitsatzentscheidungen aus Bund und Freistaat.