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Landtag: Bildungsausschuss – Informationsgespräch zum Bildungssystem in Québec

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In der ersten Mai-Woche besucht der Bildungsausschuss die bayerische Partnerregion Québec in Kanada. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere die Themen Migration und Bildungssystem, wie der Ausschussvorsitzende Martin Güll (SPD) erläuterte.

Als Einführung und Vorbereitung machte der Leiter der Vertretung der Regierung von Québec in München, Claude Trudelle, die Abgeordneten mit Eckdaten vertraut. Québec sei eine Provinz der Paradoxe erklärte Trudelle.

Wir leben im angelsächsisch geprägten Nordamerika, sind aber frankophon. Wir leben in einer nordischen Umgebung und haben eine lateinische Kultur. Wir haben eine stark ausgeprägte katholische Tradition und leben in einer klar säkularen Gesellschaft“, so Trudell.

Von den 35 Millionen Kanadiern leben 8,2 Millionen in Québec, davon sind 77 Prozent französische Muttersprachler. Neben anglophonen Bewohnern leben in Québec elf indianische Nationen, die in Kanada gerne „First Nations“ genannt werden. Insgesamt finden sich in Québec 120 Sprachgemeinschaften, Kulturen und Religionen, wie Trudelle ausführte.

Jährlich 50.000 Einwanderer

Kanada und damit auch Québec ist ein klassisches Einwanderungsland“, sagte Trudelle und verwies auf die Zahlen: Jährlich kommen 250.000 Menschen nach Kanada, davon 50.000 nach Québec.

„Wir wählen aus, wer einwandern kann, dafür gibt es klare Kriterien wie Ausbildung, Sprachkenntnisse oder Alter. Es ist eine Herausforderung: Innerhalb eines Jahrzehnts kommen 500.000 Menschen neu dazu – bei 8.2 Millionen Bevölkerung“, betonte Trudelle.

Aber es funktioniere recht gut. Die Arbeitslosigkeit in Québec liegt stabil bei rund sieben Prozent, was auch daran liege, dass drei Viertel der Einwanderer einen Universitätsabschluss oder eine mindestens 14-jährige Schullaufbahn vorweisen könnten. Sehr viele hätten auch eine Berufsausbildung, zudem würden rund 60 Prozent der Neu-Québecois Französisch sprechen, viele andere Englisch. Québec steht dank des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens ein Markt mit über 460 Millionen Menschen offen, davon profitiere Québec wegen seiner günstigen Lage in Nordamerika überdurchschnittlich. Québec fördert Wissenschaft und Forschung überdurchschnittlich, deswegen habe man im Bereich des Hightech und der Kommunikationselektronik einen guten Stand.

Mehrsprachigkeit als Wirtschaftsfaktor

Traditionell sehr viel Wert legt Quèbec auf die Ausbildung. nach sechs Jahren Grundschule schließe sich eine fünfjährige Sekundarstufe an. Für diejenigen, die danach studieren möchten, bereitet eine weitere zweijährige Sekundarstufe auf die Universität vor, auf der man dann nach drei Jahren seien Bachelor-Abschluss machen könne. Im Anschluss besteht die Möglichkeit noch einen Masterabschluss zu erwerben.

Nirgends in Nordamerika sind die Studiengebühren so niedrig wie in Québec, 25.000 ausländische Studenten nutzen das“, erläuterte Trudelle.

Alleine in Montréal gebe es vier Universitäten, je zwei frankophon und zwei anglophon. Die Förderung der jungen Menschen empfindet man in Québec als Staatsaufgabe.

Kanada ist in der Hinsicht sozialer als die USA. Und Québec ist noch mal sozialer als Kanada“, bemerkte Trudelle dazu.

Auf die Nachfrage, welche Angebote es für die Migranten und deren Kinder gebe, stellte Trudelle klar, dass jedem, der neu nach Québec komme, kostenlose Sprachkurse offen stünden. Man könne bereits vor der Ankunft im jeweiligen Herkunftsland bestimmte Kurse belegen.

Für uns als französischsprachige Insel im anglophonen Nordamerika ist die Sprache von herausragender Bedeutung. Und es hilft allen Beteiligten. Die Menschen bringen ihre Muttersprache mit, lernen Französisch und dann auch Englisch. Am Ende sind sie dreisprachige Fachkräfte – das finden sie in Nordamerika sonst nirgends. Gerade Einwanderer sind für die Wirtschaft deswegen interessant“.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 21.04.2016 (von Zoran Gojic)