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BVerwG: Abbruch eines Auswahlverfahrens; kommissarische Besetzung des Beförderungsdienstpostens mit einem Mitbewerber; Ausblenden eines Bewährungsvorsprungs durch fiktive Fortschreibung der dienstlichen Beurteilung

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Sachgebiet: Recht des öffentlichen Dienstes / BVerwG 2 VR 2.15 – Beschluss vom 10.05.2016 / Leitsatzentscheidung

Leitsätze: 

  1. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens um einen Beförderungsdienstposten mit der Begründung, die dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers sei nicht mehr aktuell, entbehrt eines sachlichen Grundes, wenn die dienstliche Beurteilung nicht länger zurückliegt als der Regelbeurteilungszeitraum und es auch keinen Grund für eine Anlassbeurteilung gibt.
  2. Die Notwendigkeit einer neuen aktuellen dienstlichen Beurteilung und damit ein sachlicher Abbruchgrund folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Dienstherr die Aufgaben des streitgegenständlichen Beförderungsdienstpostens einem Mitbewerber übertragen hat (als „kommissarische Vakanzvertretung“). Ein hierdurch ggf. erlangter Bewährungsvorsprung dieses Mitbewerbers muss – im Gegenteil – zur Vermeidung einer unzulässigen Bevorzugung dieses Bewerbers im Auswahlverfahren „ausgeblendet“ werden, d.h. unberücksichtigt bleiben.
  3. Das Ausblenden eines etwaigen Bewährungsvorsprungs bei rechtswidriger Dienstposteninhaberschaft erfolgt im Wege der „fiktiven Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung (für den Bundesbereich gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV). Die „fiktive“ Komponente erfordert in dieser Konstellation nur, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten in der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben.
  4. Das Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV) ermöglicht die Vergabe von Funktionsämtern während des Laufs von beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren und vermeidet damit das in dieser Fallkonstellation offenkundig werdende Problem der Stellenblockade. Die Vergabe des Funktionsamtes selbst unterliegt dabei nicht den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG, solange eine Vorwirkung auf die nachfolgende Statusamtsvergabe vermieden wird.