Gesetzgebung

Bundesrat: Beschlüsse der 945. Sitzung vom 13.05.2016

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Bundesrat_Fotolia_24218206_S_copyright - passKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. nachfolgende Beschlüsse gefasst.

I. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. nachfolgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestags.

Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen (TOP 2) 

Neue Straftatbestände im StGB „Bestechlichkeit im Gesundheitswesen“ (§ 299a) und „Bestechung im Gesundheitswesen“ (§ 299b), besonders schwere Fälle (§ 300); erfasst werden Heilberufe, für deren Ausübung oder Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erforderlich ist; die Regelungen gelten für Sachverhalte innerhalb und außerhalb des Bereiches der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Freistaat Bayern hatte bereits am 06.02.2015 einen fast gleichnamigen Gesetzentwurf in den Bundesrat eingebracht (Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, BR-Drs. 16/15). Dieser harrt in den Ausschüssen. 

Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (TOP 4)

Umsetzung europarechtlicher Vorgaben insbesondere in den Bereichen Flugroutenfestlegung,  Flughäfen und Flugbetrieb; Klarstellung, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bereits bei der Planfeststellung eines Flughafens den gesamten räumlichen Einwirkungsbereich einbeziehen muss; Verbot der Führung von Luftfahrzeugen unter Einfluss von Alkohol, Drogen, psychoaktiven Stoffen sowie bestimmten Medikamenten; stichprobenweise Tauglichkeitskontrolle von Luftfahrzeugführern durch die Luftfahrtunternehmen und das Luftfahrt-Bundesamt (LBA); neuen flugmedizinische Datenbank für Tauglichkeitszeugnisse, die personenbezogen gespeichert werden; Möglichkeit von Dachlandestellen an Krankenhäusern für Luftrettungshubschrauber.

II. Landesinitiativen

Es standen u.a. nachfolgende Landesinitiativen auf der Tagesordnung.

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (TOP 5)

Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit; Vereinfachung des gerichtl. Verfahrens; konsentierter Einzelrichter; Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungspflicht; Änderungen im Berufungsrecht (Übernahme des § 130a VwGO).

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kostenerstattungsrechtlicher Vorschriften bei unbegleiteter Einreise von minderjährigen Ausländern (TOP 6)

Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt Baden-Württemberg, das bis zum 31. Oktober 2015 geltende komplexe Kostenausgleichssystem, das für unbegleitete minderjährige Ausländer im Kinder- und Jugendhilferecht gilt, zu beenden. Dieses soll durch eine realitätsgerechte Anpassung der Fristen für die Abwicklung bewirkt werden. Außerdem soll die nach bisheriger Rechtslage geltende Monatsfrist ab Einreise wegfallen. Da die bislang ab der Einreise laufende Monatsfrist hinsichtlich der unbegleiteten minderjährigen Ausländer, bei denen die Zuständigkeit der örtlichen Träger seit 1. November 2015 über das bundesweite Verteilverfahrenbegründet wird, kein sachgerechtes Kriterium zur Zuordnung der Kostenlast mehr darstelle, soll in diesen Fällen stets eine Kostenerstattung durch das Land, zu dessen Bereich der zuständige örtliche Träger gehört, vorgesehen werden.

Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung der Anzahl der vorzuschlagenden Personen bei Schöffenwahlen (TOP 7) 

Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des § 103 des Strafgesetzbuches – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – (TOP 8)

Entschließung des Bundesrates zur Einräumung eines Klagerechts für die Datenschutzaufsichtsbehörden von Bund und Ländern zur Umsetzung der Safe-Harbor-Entscheidung des EuGH (TOP 9)

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) – Effektive Bekämpfung von sogenannten „Gaffern“ sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen (TOP 30)

Eine Behinderung von Rettungsarbeiten, bei der keine Gewalt im Sinne des § 113 StGB angewendet wird und kein tätlicher Angriff vorliegt, ist bisher nicht explizit unter Strafe gestellt. Diese Strafbarkeitslücke soll geschlossen werden. Zudem soll der strafrechtliche Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die Herstellung und Verbreitung bloßstellender Bildaufnahmen von verstorbenen Personen verbessert werden – § 201a StGB schützt nur lebende Personen (Hintergrund: Unfallopfer werden von Schaulustigen fotografiert oder es werden Videoaufnahmen gefertigt, die dann ins Netz gestellt werden oder ihren Weg in sonstige mediale Kanäle finden).

Entschließung des Bundesrates zur Einführung einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (Forschungsprämie) für den Mittelstand in Deutschland (TOP 31)

III. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Es wurde u.a. zu nachfolgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst.

Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (TOP 11)

Umfassende Regelung der Voraussetzungen und Rahmenbedingungen legaler Prostitution; Prostituiertenschutzgesetz – ProstSchG (Art. 1 des Gesetzentwurfs); Schwerpunkte des Entwurfs: Einführung einer Erlaubnispflicht für alle Prostitutionsgewerbe (die Erteilung der Erlaubnis soll an die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen und an die Zuverlässigkeit des Betreibers gekoppelt werden); Einführung einer Anmeldepflicht für Prostituierte (die Ausübung der Prostitution selbst soll weiterhin erlaubnisfrei bleiben, allerdings sollen Prostituierte ihre Tätigkeit künftig anmelden müssen; die Anmeldung soll für zwei Jahre gültig und verlängerbar sein. Voraussetzung für die Anmeldung soll der Nachweis einer gesundheitlichen Beratung, diejährlich zu wiederholen ist, sein; bei Prostituierten unter 21 Jahren soll die Anmeldung nur ein Jahr gültig sein und die Wiederholung der gesund-heitlichen Beratung halbjährlich erfolgen); Einführung einer Kondompflicht; Einführung von Überwachungsbefugnissen, Kontroll- und Betretensrechten der zuständigen Behörden sowie von Bußgeldvorschriften (sofern gegen gesetzliche Pflichten verstoßen wird, sollen Bußgelder gegen Prostituierte, Bordellbetreiber und auch Freier verhängt werden können; auch der Entzug der Erlaubnis zum Betreiben einer gewerblichen Prostitutionsstätte ist vorgesehen; die Bußgelder sollen von 1 000 bis 50 000 Euro reichen); Stärkung des Zugangs von Frauen und Männern in der Prostitution zu Unterstützungs- und Beratungsangeboten. Inkrafttreten vorgesehen zum 01.07.2017.

Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Transplantationsregisters (TOP 12)

Mit dem Transplantationsregister werden erstmals Daten von verstorbenen Organspendern, Organempfängern und Lebendspendern bundesweit zentral zusammengefasst und miteinander verknüpft.

Entwurf eines Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Beamtinnen und Beamte des Bundes und Soldatinnen und Soldaten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (TOP 13)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das für die Privatwirtschaft und für Tarifbeschäftigte seit dem 1. Januar 2015 geltende Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf im Wesentlichen wirkungsgleich im Beamten- und Soldatenbereich nachvollzogen werden. Daneben Vielzahl weiterer Änderungen (z.B. vorübergehendes Nebeneinander zweier Beamtenverhältnisse, Schmerzensgeldanspruch gegen den Dienstherrn falls Anspruch gegen Schädiger nicht durchsetzbar, Neufassung der Beihilferegelung in § 80 BBG).

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesmeldegesetzes und weiterer Vorschriften (TOP 14)

Am 1. November 2015 hat das Bundesmeldegesetz (BMG) das bislang geltende Melderecht durch bundeseinheitliche Regelungen abgelöst. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen vor allem erste Praxiserfahrungen aufgegriffen werden, insbesondere um die Betroffenen von bürokratischem Mehraufwand zu entlasten (z.B. Entbindung des Wohnungsgebers von der in § 19 BMG geregelten Mitwirkungspflicht beim Auszug des Mieters; Möglichkeit sich elektronisch bei der Meldebehörde abzumelden, sofern ein Umzug in das Ausland erfolgt sein sollte). Zudem soll die Einführung des Ersatz-Personalausweises sowie die Neuregelung der Optionspflicht in § 29 StAG nachvollzogen werden.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches (TOP 16) 

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (TOP 17) 

Stichworte: Schließung von Strafbarkeitslücken: Es gibt Situationen, in denen die Voraussetzungen des § 177 StGB nicht vorliegen, die aber dennoch in strafwürdiger Weise für sexuelle Handlungen ausgenutzt werden, etwa wenn das Opfer aufgrund der überraschenden Handlungen des Täters keinen Widerstand leisten kann oder wenn das Opfer nur aus Furcht von Widerstand absieht; Umsetzung Art. 36 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 11. Mai 2011 (ETS 210 – Istanbul-Konvention); kein eigener Straftatbestand „Sexuelle Belästigung“; sexuelle Übergriffe aus Gruppen heraus.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften (TOP 19)

Stichworte: Übergriffe in Flüchtlingsunterkünften durch Bewachungspersonal; verschärfte und regelmäßige Zuverlässigkeitsprüfung; erweiterte Sachkundeprüfung; bundesweit einheitlicher Vollzug.

IV. EU-Vorlagen

Es wurden u.a. nachfolgende EU-Vorlagen behandelt.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa (TOP 22)

Die Kommission hat im ersten Teil ihrer Mitteilung fünf vorrangige Bereiche benannt, in denen das Asylsystem der EU struktureller Verbesserungen bedarf:

  • Einführung eines tragfähigen Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates: Um das hohe künftige Aufkommen von Asylbewerbern und Flüchtlingen besser zu bewältigen und eine faire Lastenteilung zu gewährleisten, kündigt die Kommission eine Änderung der Dublin-Verordnung entweder durch Straffung und Ergänzung mit einem Lastenteilungsverfahren oder durch Umstellung auf einen dauerhaften Verteilungsschlüssel an;
  • Herstellung größerer Konvergenz im EU-Asylsystem: Die Kommission beabsichtigt, eine weitere Harmonisierung der Asylverfahren vorzuschlagen, um EU-weit mehr Gleichbehandlung zu schaffen und Anreize zu beseitigen, Asyl vor allem in einigen wenigen Mitgliedstaaten zu suchen; die derzeitige Asylverfahrensrichtlinie soll in eine neue Verordnung über ein einheitliches gemeinsames Asylverfahren in der EU umgewandelt werden.
  • Verhinderung von Sekundärbewegungen innerhalb der EU: Um sicherzustellen, dass das Dublin-Verfahren nicht durch Missbräuche und Asylshopping unterlaufen wird, kündigt die Kommission Maßnahmen an, um irregulären Sekundärbewegungen vorzubeugen oder sie zu ahnden;
  • Ein neues Mandat für eine EU-Asylagentur: Die Kommission beabsichtigt, eine Änderung des Mandats des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen vorzuschlagen, damit es an der Umsetzung der Politik mitwirken und eine stärkere operative Rolle einnehmen kann;
  • Stärkung des Eurodac-Systems (Europäische Datenbank zur Speicherung von Fingerabdrücken): Um die Anwendung der reformierten Dublin-Vorschriften zu flankieren, beabsichtigt die Kommission, das Eurodac-System anzupassen und für weitere Zwecke wie die Bekämpfung irregulärer Migration, eine bessere Speicherung und Weitergabe von Fingerabdrücken oder die Erleichterung von Rückführungen zu öffnen.

Der zweite Teil der Mitteilung beschäftigt sich mit sicheren und legalen Migrationswegen nach Europa.

V. Rechtsverordnungen

Es wurde u.a. nachfolgende Rechtsverordnung behandelt.

Verordnung über den Lärmschutz bei öffentlichen Fernsehdarbietungen im Freien über die Fußball-EM 2016 (TOP 27)

Stichworte: Public Viewing während der Fußball-EM 2016.

VI. Standpunkte des Freistaats Bayern

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaats Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier (PDF).

 Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com