Gesetzgebung

EU-Kommission: Neue Tabak-Regeln gelten in allen EU-Ländern

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Zum heutigen 20. Mai müssen alle EU-Staaten die Vorgaben der neuen EU-Tabakrichtlinie erfüllen, die das Europäische Parlament und die EU-Staaten vor zwei Jahren verabschiedet haben. Damit werden unter anderem größere Warnhinweise in Text und Bild auf Zigarettenschachteln verpflichtend. Charakteristische Geschmacksrichtungen werden verboten, und die Informationen über Inhaltsstoffe verbessert. Neue Regeln gibt es auch für die Verpackung und Kennzeichnung von E-Zigaretten. Ziel der überarbeiteten Richtlinie ist in erster Linie, junge Leute davon abzuhalten, mit dem Rauchen überhaupt erst anzufangen. Der Tabakkonsum ist pro Jahr für etwa 700.000 vorzeitige Todesfälle in der EU verantwortlich. EU-Gesundheitskommissar Kommissar Vytenis Andriukaitis zeigte sich sehr zuversichtlich, dass die Vorgaben wirksam und unverzüglich von allen EU-Staaten umgesetzt werden.

Er erklärte heute (Freitag):

Ab heute müssen alle EU-Mitgliedstaaten die Vorgaben der EU-Tabakrichtlinie erfüllen. Die für Tabakerzeugnisse auf dem EU-Binnenmarkt geltenden Maßnahmen sollen zu einer Verringerung der Zahl der Tabakkonsumenten führen, vor allem junge Menschen vom Tabakkonsum abhalten und letztlich allen EU-Bürgern die schädlichen Folgen des Tabakkonsums vor Augen führen. Ich gratuliere den Ländern, die die Richtlinie bereits in nationales Recht umgesetzt haben, und unterstütze eine wirksame und unverzügliche Umsetzung der neuen Vorschriften in allen Mitgliedstaaten, wobei ich diesbezüglich sehr zuversichtlich bin. Ich glaube auch, dass die Anti-Tabak-Bewegung, die sich in den letzten Jahren in der EU Bahn gebrochen hat, weiter zunimmt. Dafür sprechen rückläufige Raucherzahlen und die Einführung von Einheitsverpackungen in einigen Mitgliedstaaten.“

Rückläufige Raucherquoten dienten nicht nur der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Menschen, so Andriukaitis weiter. Neben einer deutlichen Abnahme chronischer Erkrankungen und einer höheren Lebenserwartung wirkten sie sich auch in wirtschaftlicher Hinsicht positiv aus.

Eine Verringerung des Tabakkonsums um nur 2 Prozent entlastet die Krankenkassen in der EU um jährlich circa 506 Mio. Euro“, sagte Andriukaitis.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Die neuen Bestimmungen gelten für alle ab heute hergestellten Erzeugnisse, doch dürfen die Mitgliedstaaten den Verkauf alter Bestände noch ein weiteres Jahr lang zulassen.

1) Größere und verpflichtende gesundheitsbezogene Warnhinweise (Bild und Text)

Kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise, bestehend aus Fotos, Text und Raucherentwöhnungsinformationen, werden 65 Prozent der Vorder- und der Rückseite von Zigarettenpackungen und von Packungen für Tabak zum Selbstdrehen (Drehtabak) einnehmen.(**) Die Darstellung der gesellschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Rauchens soll Menschen vom Rauchen abhalten bzw. zur Aufgabe des Rauchens bewegen. Die Warnhinweise sind in drei Gruppen unterteilt; jede Gruppe wird in einem bestimmten Jahr verwendet, wobei jährlich abgewechselt wird, damit sie sich möglichst fest einprägen. Hier gibt es ein Modell der neuen Zigarettenpackungen. Die EU-Staaten dürfen auch strengere Maßnahmen ergreifen (wie Einheitsverpackungen), sofern diese Maßnahmen verhältnismäßig und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sind.

2) Verbot von Zigaretten und Drehtabak mit charakteristischen Aromen

Zigaretten und Drehtabakerzeugnisse dürfen künftig keine charakteristischen Aromen (wie Menthol oder Vanille) mehr haben, die den Geschmack und den Geruch von Tabak überdecken.  Für Erzeugnisse mit einem Marktanteil von 3 Prozent oder mehr (z. B. Menthol) gilt dieses Verbot ab 2020.

Es ist ein Verfahren festgelegt worden, mit dem bestimmt wird, ob ein Tabakerzeugnis ein charakteristisches Aroma hat; ein unabhängiges Beratergremium wird die Kommission und die Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht beraten.

3) Angaben zu den TNCO-Werten werden ersetzt

Die Angaben zu den Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxidemissionswerten (TNCO) auf Zigaretten und Drehtabak werden durch einen Informationshinweis an die Verbraucher ersetzt: „Tabakrauch enthält über 70 Stoffe, die erwiesenermaßen krebserregend sind.“ Untersuchungen zeigen, dass die TNCO-Angaben die Verbraucher insofern irreführen, als sie suggerieren, dass einige Erzeugnisse weniger gesundheitsgefährdend sind als andere. Der neue Informationshinweis informiert genauer über die tatsächlichen gesundheitlichen Folgen des Rauchens.

4) Keine werbenden oder irreführenden Packungen mehr erlaubt

Zigarettenpackungen müssen quaderförmig sein, damit die kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise gut sichtbar sind. Kleine oder unregelmäßig geformte Packungen sind künftig nicht mehr erlaubt. Ebenfalls verboten werden Packungen mit weniger als 20 Zigaretten. 10er-Packungen, die besonders attraktiv für junge Menschen mit begrenzter Kaufkraft sind, werden somit vom Markt verschwinden.

Werbende und/oder irreführende Merkmale oder Elemente sind auf Tabakverpackungen nicht erlaubt. Hinweise auf einen mit dem Rauchen verbundenen Nutzen für die Lebensführung, auf geschmackliche oder aromatische Eigenschaften, auf besondere Angebote, auf eine angeblich weniger schädliche Wirkung, eine verbesserte biologische Abbaubarkeit oder sonstige Vorteile für die Umwelt werden nicht mehr möglich sein.

5) Meldepflicht für Inhaltsstoffe

Damit mehr Informationen über die Inhaltsstoffe von Tabakerzeugnissen sowie über deren gesundheitliche Folgen und deren Suchtpotenzial verfügbar sind, müssen Hersteller und Importeure von Tabakerzeugnissen die Zusatzstoffe aller Erzeugnisse, die sie in der EU in Verkehr bringen, in einem einheitlichen elektronischen Format melden. Für bestimmte häufig verwendete Substanzen, bei denen es erste Anzeichen dafür gibt, dass sie bei Zigaretten oder Drehtabak zur Toxizität oder zum Suchtpotenzial beitragen oder ein charakteristisches Aroma erzeugen, gelten noch detailliertere Meldepflichten.

6) Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an E‑Zigaretten

Die Richtlinie über Tabakerzeugnisse verbietet elektronische Zigaretten nicht. Unmissverständliche Informationen über das, was sich ändert und was sich nicht ändert, finden Sie hier. Sehr wohl werden erstmals bestimmte Sicherheits- und Qualitätsanforderungen an nikotinhaltige E-Zigaretten aufgestellt.

Vor allem, weil Nikotin ein toxische Substanz ist, sind in der Richtlinie Nikotinhöchstgehalte sowie die maximal zulässigen Volumen für Kartuschen, Tanks und Behälter für nikotinhaltige Flüssigkeiten festgelegt. E-Zigaretten müssen kinder- und manipulationssicher sein sowie über einen Mechanismus für ein auslauffreies Nachfüllen verfügen, um die Verbraucher zu schützen. Die Inhaltsstoffe von E-Zigaretten müssen von hoher Reinheit sein, und E-Zigaretten müssen bei gleich starken und langen Zügen immer dieselbe Menge Nikotin abgeben.

7) Verpackungs- und Kennzeichnungsbestimmungen für E-Zigaretten

E-Zigaretten müssen gesundheitsbezogene Warnhinweise tragen, dass E-Zigaretten Nikotin enthalten und nicht für den Gebrauch durch Nichtraucher empfohlen werden.

Die Verpackungen müssen außerdem enthalten: eine Liste aller Inhaltsstoffe, Angaben zum Nikotingehalt des Produkts und einen Beipackzettel mit Gebrauchsanweisungen sowie Informationen über schädliche Auswirkungen, Risikogruppen, Suchtpotenzial und Toxizität.

Werbende Elemente auf der Verpackung von E-Zigaretten sind ebenso verboten wie grenzübergreifende Kommunikationsmaßnahmen zur Bewerbung und Förderung von E-Zigaretten.

8) Beobachtung und Berichterstattung über Entwicklungen bei E-Zigaretten

Da E-Zigaretten ein relativ neues Erzeugnis sind, zu dem noch nicht viele Erkenntnisse vorliegen, enthält die Richtlinie Monitoring- und Meldepflichten für Hersteller und Importeure sowie für die Mitgliedstaaten und die Kommission.

  • Die Hersteller von E-Zigaretten müssen den Mitgliedstaaten alle Erzeugnisse melden, die sie in Verkehr bringen, sowie jährlich über Verkaufsmengen, Verbraucherpräferenzen und Trends Bericht erstatten.
  • Die mitgliedstaatlichen Behörden beobachten den Markt, um festzustellen, ob es Anzeichen dafür gibt, dass E-Zigaretten insbesondere bei Jugendlichen oder Nichtrauchern zur Nikotinabhängigkeit oder zum Einstieg in den herkömmlichen Tabakkonsum führen.
  • In ihrem Durchführungsbericht wird die Kommission in fünf Jahren außerdem das Europäische Parlament und den Rat über Entwicklungen bei E-Zigaretten informieren.

9) Möglichkeit, den grenzüberschreitenden Verkauf von Tabakerzeugnissen im Fernabsatz zu verbieten

Die Mitgliedstaaten können den grenzüberschreitenden Verkauf von Tabakerzeugnissen im Fernabsatz verbieten, wenn Verbraucher – darunter auch ganz junge – ansonsten Zugang zu Erzeugnissen bekämen, die der Richtlinie nicht entsprechen. Sollte sich ein EU-Land für diese Option entscheiden, dürfen die Verkaufsstellen ihre Produkte nicht an Verbraucher in dem betreffenden Land liefern. Auch wenn ein Mitgliedstaat keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit macht, müssen sich die Verkaufsstellen bei den zuständigen Behörden sowohl in dem Land registrieren lassen, in dem sie sich befinden, als auch in dem Land, in das sie ihre Produkte verkaufen wollen.

10) Bekämpfung des illegalen Handels

Neue Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen umfassen ein EU-weites Verfolgungs- und Rückverfolgungssystem für die legale Vertriebskette sowie ein Sicherheitsmerkmal mit sichtbaren und unsichtbaren Elementen (z. B. Hologrammen), die es Strafverfolgungsbehörden, nationalen Behörden und Verbrauchern leichter machen sollen, illegale Produkte zu erkennen.

Diese Bestimmungen werden auf Zigaretten und Drehtabak im Jahr 2019 und auf andere Tabakerzeugnisse im Jahr 2024 anwendbar sein.

Weitere Informationen

EU-Kommission, Vertretung in Deutschland, Mitteilung v. 20.05.2016

Redaktionelle Hinweise

In Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie wurde in Deutschland das Tabakerzeugnisgesetz als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse v. 04.04.2016 am 08.04.2016 verkündet (BGBl I S. 569) und auf Grundlage dieses Gesetzes die Tabakerzeugnisverordnung (TabakerzV) erlassen.

Mit heute (20.05.2016) bekannt gewordenem B. v. 18.05.2016 hat das BVerfG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, der sich gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzes und der Verordnung richtete.

Der EuGH hatte mit Urteilen v. 04.05.2016 entschieden, dass die neue EU-Tabak-Richtlinie gültig ist.