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EU-Kommission: Kommission stellt neuen Migrationspartnerschaftsrahmen vor – Zusammenarbeit mit Drittländern verstärken, um Migration besser zu steuern

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Die Europäische Kommission hat heute ihre Pläne für einen neuen ergebnisorientierten Partnerschaftsrahmen vorgestellt, mit dem EU-Maßnahmen und -Mittel im Außenbereich für die Migrationssteuerung mobilisiert und gebündelt werden sollen.

Die Europäische Kommission hat heute ihre Pläne für einen neuen ergebnisorientierten Partnerschaftsrahmen vorgestellt, mit dem EU-Maßnahmen und -Mittel im Außenbereich für die Migrationssteuerung mobilisiert und gebündelt werden sollen. Die EU will maßgeschneiderte Partnerschaften mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern schließen und sämtliche Politikmaßnahmen und -instrumente, die der EU zur Verfügung stehen, nutzen, um konkrete Ergebnisse zu erzielen. Aufbauend auf der Europäischen Migrationsagenda bestehen die Prioritäten darin, Menschenleben auf See zu retten, eine vermehrte Rückkehr/Rückführung zu erreichen, den Migranten und Flüchtlingen den Verbleib in größerer Nähe zur Heimat zu ermöglichen und langfristig die Entwicklung der betreffenden Drittländer zu unterstützen, um die Grundursachen der irregulären Migration zu bekämpfen. Die – diplomatischen, fachlichen und finanziellen – Beiträge der Mitgliedstaaten zu diesen Partnerschaften werden von grundlegender Bedeutung dafür sein, dass Ergebnisse erzielt werden.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, erklärte:

Wenn wir dem unerträglichen Sterben im Mittelmeer ein Ende setzen und Ordnung in die Migrationsströme bringen wollen, müssen wir die Art und Weise, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Anstrengung bündeln und mit Drittländern zusammenarbeiten, neu überdenken. Die Kommission schlägt einen neuen Partnerschaftsrahmen vor: Zunächst beginnend mit einer ersten Gruppe prioritärer Drittländer, werden wir im Rahmen passgenauer Migrationspakte, die auf die Gegebenheiten der jeweiligen Länder zugeschnitten sind, sämtliche Politikmaßnahmen und Instrumente darauf ausrichten, diese Ziele zu erreichen, wobei wir in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten den kollektiven Einfluss der EU geltend machen und unsere Mittel bündeln werden, unter anderem indem in den kommenden fünf Jahren 8 Mrd. € zügig bereitgestellt werden. Außerdem werden wir eine ambitionierte Investitionsoffensive für Drittländer ausarbeiten, die dazu beitragen wird, Chancen zu eröffnen und die Migrationsursachen zu bekämpfen. Erzielen unserer Partner keine konkreten Ergebnisse bei einer besseren Steuerung der Migration, sollten wir gemeinsam bereit sein, unser Engagement und unsere finanzielle Hilfe anzupassen.“

Die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin Federica Mogherini fügte hinzu:

Millionen von Menschen weltweit sind auf der Flucht. Diese Migrationsströme können wir nur bewältigen, wenn wir global und in vollumfänglicher Partnerschaft handeln. Deshalb schlagen wir ein neues Konzept für starke Partnerschaften mit wichtigen Ländern vor. Während wir uns weiter darauf konzentrieren, Menschenleben auf See zu retten und Schleusernetze zu zerschlagen, wollen wir zugleich jene Länder unterstützen, die so vielen Menschen Zuflucht gewähren, und wollen das Wachstum in unseren Partnerländern unterstützen. Wir sind bereit, die finanzielle und operative Hilfe aufzustocken und in die langfristige wirtschaftliche und soziale Entwicklung, in Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zu investieren, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und die Migrationsursachen zu bekämpfen. Es ist unsere Pflicht, aber auch unser ureigenes Interesse, den Menschen die Chance und die nötigen Mittel zu geben, ein sicheres und menschenwürdiges Leben zu führen. Europa und der Rest der Welt stehen gleichermaßen in der Verantwortung: Nur gemeinsam können wir es schaffen. “

Der Migrationsdruck ist für die EU und ihre Partnerländer ‚neue Normalität‘ und Folge einer umfassenderen globalen Flüchtlingskrise. Gemeinsam darauf sinnvoll zu reagieren, erfordert ein koordinierteres, systematischeres und strukturierteres Konzept, das die Interessen der EU und unserer Partner in Einklang bringt. Die erneuerte Partnerschaft mit Drittländern wird in maßgeschneiderten Vereinbarungen („Migrationspakten“) verankert, die auf die jeweiligen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Partnerländer abgestimmt werden, je nachdem, ob es sich um Herkunfts- oder Transitländer oder um Länder handelt, die viele Vertriebene aufnehmen. Kurzfristig werden wir solche Migrationspakte mit Jordanien und Libanon schließen und Schritte unternehmen, um zu weiteren Pakten mit Niger, Nigeria, Senegal, Mali und Äthiopien zu gelangen. Außerdem wollen wir unser Engagement gegenüber Tunesien und Libyen verstärken.

Dabei wird die gesamte Bandbreite der EU-Politikmaßnahmen und externen EU-Instrumente zum Einsatz kommen:

  • Gezieltes Engagement: EU-Hilfe und -Maßnahmen werden so zugeschnitten, dass greifbare Ergebnisse erzielt werden; kurzfristig besteht das Ziel darin, im Mittelmeer Menschenleben zu retten, eine vermehrte Rückkehr/Rückführung in die Herkunfts- und Transitländer zu erreichen, den Migranten und Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, nahe der Heimat zu bleiben, und zu verhindern, dass sich Menschen auf gefährliche Routen begeben. Die unmittelbaren Maßnahmen mit den Partnern werden sich darauf konzentrieren, den rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Migration zu verbessern und Kapazitäten für das Grenz- und Migrationsmanagement aufzubauen, wobei der Schutz von Flüchtlingen eine wichtige Rolle spielt. In die Entwicklungs- und Handelspolitik der EU wird ein Mix aus positiven und negativen Anreizen eingebunden, um die Anstrengungen der Länder zu honorieren, die bereit sind, bei der Migrationssteuerung wirksam mit der EU zusammenzuarbeiten, und um Konsequenzen für jene sicherzustellen, die dies verweigern.
  • Verstärkte Unterstützung: Sämtliche EU-Politikmaßnahmen, -Instrumente und -Ressourcen werden darauf ausgerichtet, den Partnerschaftsrahmen auf innovative Weise gezielt und koordiniert zu unterstützen. Verstärkte Anstrengungen zur Umsetzung des Aktionsplans von Valletta, einschließlich seiner finanziellen Aspekte, werden diesen Prozess ebenfalls befördern. Mit finanzieller Unterstützung sowie den Instrumenten der Entwicklungs- und Nachbarschaftspolitik wird der Aufbau von Kapazitäten vor Ort, unter anderem auch in den Bereichen Grenzkontrolle, Asyl, Bekämpfung der Schleuserkriminalität und Wiedereingliederung, verstärkt.
  • Schleppern das Handwerk zu legen, die aus der Not der Migranten Kapital schlagen wollen, ist für die Bekämpfung irregulärer Migration von zentraler Bedeutung. Hierfür sind auch tatsächliche Rückführungen unerlässlich. Außerdem muss auf den Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit der Türkei und den Ländern des westlichen Balkans sowie der EUNAVFOR MED Operation Sophia aufgebaut werden, um wirksame Ergebnisse zu erzielen. Die Entsendung weiterer europäischer Verbindungsbeamte für Migration in prioritäre Herkunfts- und Transitländer wird dazu beitragen, die EU-Zusammenarbeit zu koordinieren. An zentralen Standorten wird die Einrichtung von EU-Plattformen für die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Migrantenschleusung abgeschlossen.
  • Schaffung legaler Wege: Um Menschen von diesen gefährlichen Routen abzubringen, müssen auch alternative legale Wege nach Europa eröffnet und in größerer Nähe zu den Herkunftsländern mehr Kapazitäten für die humanitäre Aufnahme geschaffen werden. Die EU unterstützt die Einführung einer weltweiten Neuansiedlungsregelung unter Federführung der Vereinten Nationen, die zu einer gerechten Verteilung von Vertriebenen beiträgt und weiteren irregulären Migrationsströmen entgegenwirkt. Der bevorstehende Vorschlag für eine strukturierte Neuansiedlungsregelung ist unmittelbarer Ausdruck des Engagements der EU.
  • Finanzierungsinstrumente: Die Mittel für die Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration und Vertreibung werden aufgestockt; außerdem werden die Programme flexibler einsetzbar sein. Das neue Partnerschaftskonzept setzt auf einen intelligenten Mix aus kurzfristigen Mitteln und langfristigen Finanzierungsinstrumenten, um sofortige Ergebnisse zu liefern, aber auch um die Grundursachen der Migration anzugehen. Kurzfristig wird der Treuhandfonds für Afrika um 1 Mrd. € aufgestockt, davon 500 Mio. € aus der Reserve des Europäischen Entwicklungsfonds und 500 Mio. €, die von den Mitgliedstaaten beantragt werden. Außerdem sollten die herkömmlichen Finanzierungsprogramme neu ausgerichtet werden. Längerfristig schlägt die Kommission vor, Umfang und Gestaltung der traditionellen Modelle der Entwicklungszusammenarbeit grundlegend zu überdenken. Im Herbst 2016 wird die Kommission einen Vorschlag für einen neuen Fonds im Rahmen einer ehrgeizigen Investitionsoffensive für Drittländer vorlegen, um aufbauend auf den Erfahrungen mit der erfolgreichen Investitionsoffensive für Europa Investitionen in Entwicklungsländern anzustoßen. Hierfür werden 3,1 Mrd. € mobilisiert, die Gesamtinvestitionen von bis zu 31 Mrd. € auslösen sollen und bis zu 62 Mrd. € an Investitionen bewirken könnten, wenn die Mitgliedstaaten und anderen Partner ebenso viel beitragen wie die EU. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) arbeitet bereits an einer Initiative, mit der in den kommenden fünf Jahren zusätzliche Mittel für Projekte in Afrika mobilisiert werden sollen. Die Investitionsoffensive für Drittländer wird auch auf gezielte Hilfen zur Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen in den betreffenden Ländern abstellen.
  • Zusammenarbeit: Die neue Partnerschaft bringt die EU und ihre Mitgliedstaaten mit dem Ziel zusammen, Ergebnisse zu liefern. Wir brauchen ein koordiniertes Engagement und eine Vervielfachung der Mittel, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, ihren Teil beizutragen, indem sie entsprechende finanzielle Mittel bereitstellen und bei der Umsetzung der Vereinbarungen partnerschaftlich mit der EU zusammenarbeiten.

Hintergrund

Bedingt durch geopolitische und wirtschaftliche Faktoren sieht sich Europa mit beispiellosen irregulären Migrationsströmen konfrontiert. Diese werden durch skrupellose Schlepper befeuert, die aus der Not der Verzweifelten Kapital schlagen wollen. Das vergangene Jahr seit der Annahme der Europäischen Migrationsagenda hat gezeigt, dass die Migrationspolitik innerhalb und außerhalb der Union untrennbar zusammenhängt. Glaubwürdige Maßnahmen innerhalb der EU, mit denen Schleuserkriminalität und irreguläre Grenzübertritte bekämpft und legale Zuwanderungswege aufgezeigt werden, sind unerlässlich, um unsere außenpolitischen Ziele zu verwirklichen.

Die EU hat im vergangenen Jahr bereits zahlreiche Schritte unternommen, um die Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der EU zu verstärken. Die Dialoge auf hoher Ebene über Migrationsfragen und die Überprüfungen der Europäischen Nachbarschaftspolitik haben in den Beziehungen zu wichtigen Ländern zu einer neuen Fokussierung auf Migrationsfragen geführt. Durch den Gipfel von Valletta im November 2015 sind Migrationsfragen in den Beziehungen zwischen der EU und Afrika in den Mittelpunkt gerückt. Bei der Bekämpfung der Ausbeutung schutzbedürftiger Menschen, die die Ägäis überqueren wollen, ist die Zusammenarbeit mit der Türkei von fundamentaler Bedeutung. Sie hat vermehrte humanitäre Hilfe in der Türkei bei gleichzeitiger Öffnung neuer legaler Wege in die EU sichergestellt. Mit der Erklärung EU – Türkei wurden neue Wege geschaffen, die Migrationsströme zu ordnen und Menschenleben zu retten. Durch die Verzahnung der Migrationssteuerung beider Seiten wurde ein noch nie dagewesener Grad der Zusammenarbeit erreicht.

Der Westbalkangipfel vom 25. Oktober und die darauffolgenden wöchentlichen Videokonferenzen haben ebenfalls dazu geführt, dass nun eine enge Koordinierung und ein verbesserter Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten und unseren unmittelbaren Nachbarn entlang einer weiteren zentralen Migrationsroute stattfinden.

Die Finanzierungsinstrumente der EU tragen dazu bei, eine bessere Zukunft näher der Heimat für jene zu schaffen, die sonst möglicherweise bereit gewesen wären, auf der gefährlichen irregulären Reise nach Europa ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Mit dem regionalen EU-Treuhandfonds für Syrien, dem Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika und der Flüchtlingsfazilität für die Türkei wurden die bestehenden Finanzierungsprogramme ergänzt.

Weitere Informationen

EU-Kommission, Pressemitteilung v. 07.06.2016