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Staatskanzlei: Kabinett beschließt umfangreiches Hilfsprogramm für Hochwassergeschädigte in Bayern

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Ministerpräsident Horst Seehofer: „Wir lassen die Hochwasseropfer nicht allein“ / Finanzminister Dr. Markus Söder: „Der Freistaat hilft seinen Bürgern und Unternehmen schnell und unkompliziert“/ Umweltministerin Ulrike Scharf: „Hochwasserereignisse genau analysieren, um richtige Schlüsse zu ziehen“ / Innenminister Joachim Herrmann: „Professionelle und hochengagierte Arbeit der mehr als 8.000 Einsatzkräfte und Helfer in Bayern im Einsatz gegen die Flut / Straßenschäden werden schnellstmöglich behoben“

Nach der Hochwasserkatastrophe in Bayern in den letzten Tagen hat das Kabinett in seiner heutigen Sitzung ein umfangreiches Hilfsprogramm für Hochwassergeschädigte in Bayern beschlossen. Zuvor gedachten Ministerpräsident Horst Seehofer und die Kabinettsmitglieder in einer Gedenkminute der Todesopfer.

Ministerpräsident Horst Seehofer: „Die Flutkatastrophe, die einzelne Regionen Bayerns in den letzten Tagen heimgesucht hat, hat die Menschen ohne Vorwarnung getroffen. Sie hat bisher sieben Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert, sie hat Existenzen vernichtet. Für die gesamte Staatsregierung gilt: Wir trauern mit den Angehörigen und wir lassen die Hochwasseropfer nicht allein. Es ist selbstverständlich, dass die Staatsregierung in dieser Notsituation an der Seite der Betroffenen steht und sie mit umfassenden finanziellen Hilfen schnell und unbürokratisch unterstützt. Daneben muss sehr genau geprüft werden, wie wir die Menschen vor neuartigen Naturkatastrophen wie solchen lokalen Starkregenereignissen und Sturzfluten künftig besser schützen können. Hierzu müssen die Ereignisse der vergangenen Tage noch genau aufgearbeitet und analysiert und neue Konzepte vorgelegt werden.“

Finanzielle Hilfen

Das Hochwasserhilfsprogramm der Staatsregierung wird nach den Worten von Finanzminister Dr. Markus Söder gestaffelt nach Intensität der Schadensereignisse in den betroffenen Gebieten aufgelegt.

Eine schnelle, einfache und direkte Hilfe ist unsere oberste Maxime“, betonte Söder.

1. Die von einem Jahrtausendhochwasser Geschädigten im Landkreis Rottal-Inn unterstützt der Freistaat mit Hilfsmaßnahmen in Anlehnung an das Vorgehen beim Hochwasser 2013. Intensität, Ausmaß und Unvorhersehbarkeit der Naturkatstrophe rechtfertigen es, beim Schadensausgleich in außergewöhnlich betroffenen Gebieten auf die Kriterien Versicherbarkeit und Bedürftigkeit zu verzichten.

Wir lassen bei diesem Jahrtausendhochwasser mit verheerenden Schäden keinen Betroffenen allein“, sagte Söder.

Dazu gehören Hilfsprogramme für Unternehmen und Angehörige Freier Berufe, für die Land- und Forstwirtschaft, für private Haushalte und Wohnungsunternehmen sowie ein Programm zur Wiederherstellung der Infrastruktur in den Gemeinden. Nähere Details werden bis zur nächsten Sitzung des Ministerrats am 14. Juni 2016 von den Ressorts ausgearbeitet. Zusätzlich finden bereits jetzt die Soforthilfeprogramme des Finanzministeriums Anwendung. Als schnelle erste Hilfe können betroffene Bürger schon seit letztem Freitag insbesondere ein Sofortgeld in Höhe von 1.500 Euro erhalten. Im Landkreis Rottal-Inn wurden aus diesen Soforthilfeprogrammen in den letzten Tagen bereits über 7 Millionen Euro ausgezahlt.

2. Die Geschädigten in den von einem 100 jährigen Niederschlag/Hochwasser besonders betroffenen Gebieten werden unterstützt. Nach derzeitigem Stand sind dies die Stadt Ansbach sowie die Landkreise Ansbach, Neustadt a. d. Aisch/Bad Windsheim, Weißenburg-Gunzenhausen, Landshut, Straubing-Bogen, Dingolfing-Landau, Kelheim, Passau und Weilheim-Schongau.

Wir helfen auch den Gebieten mit besonderer Schadensintensität schnell und unkompliziert“, so Söder weiter.

Auch hier werden Betroffene mit Soforthilfeprogrammen unterstützt. Zur Linderung der ersten Not wird ein Sofortgeld in Höhe von 1.500 Euro an betroffene Bürger ausgezahlt. Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern und Vereine erhalten bis zu 5.000 Euro Sofortgeld. Daneben wird es für Gewerbetreibende, Freie Berufe sowie Land- und Forstwirte eigene, weitergehende Hilfsprogramme geben. Daneben kommen Hilfen etwa für die Wiederbeschaffung von zerstörtem Hausrat bis zu 5.000 € sowie für die Beseitigung von Ölschäden bis zu 10.000 € in Betracht.

Aufwändige Nachweise sind nicht erforderlich“, sagte Söder.

Bei Versicherbarkeit der Schäden wird es Abschläge geben. Darüber hinaus wird für besondere Härtefälle, in denen Menschen in existenzielle Notlagen kommen, ein Härtefonds eingerichtet. In diesen Fällen können bis zu 100 Prozent der entstandenen Schäden erstattet werden.

Söder: „Privathaushalten und Unternehmen, denen die finanziellen Mittel fehlen, die Schäden aus eigener Kraft zu beheben, können Zuschüsse geleistet werden, die zur Wiederbeschaffung von lebensnotwendigem Hausrat oder von zur Weiterführung des Betriebs unbedingt erforderlichem Betriebsvermögen einzusetzen sind.“

Versicherungsleistungen werden auf die staatlichen Hilfen angerechnet, um eine Überkompensation zu vermeiden. Ansprechpartner für die Auszahlung der Gelder ist das jeweilige Landratsamt. Damit stellt der Freistaat Bayern sicher, dass niemand tatsächlich in seiner Existenz bedroht wird.

3. Die Staatsregierung unterstützt selbstverständlich auch alle Betroffenen, die in ebenfalls vom Hochwasser betroffenen Gebieten Bayerns in eine Notlage gekommen sind. Ihnen stehen bei drohenden Existenzgefährdungen im Einzelfall ebenfalls Zuschüsse aus dem Härtefonds zur Verfügung. Die Staatsregierung stellt auf diese Weise sicher, dass durch derartige Unglücksfälle niemand tatsächlich in seiner Existenz gefährdet wird.

4. Zusätzlich zu den direkten finanziellen Hilfen greifen verschiedene steuerliche Maßnahmen für Privatpersonen und Unternehmen. So können Steuern gestundet, Vollstreckungsmaßnahmen aufgeschoben und Steuervorauszahlungen gestreckt werden. Auch Sonderabschreibungen sind möglich. Muss Hausrat und Kleidung in größerem Umfang wiederbeschafft werden, können auch diese Ausgaben unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Ansprechpartner ist das jeweils zuständige Finanzamt.

5. Den betroffenen Kommunen wird insbesondere zur Behebung von Schäden an Schulen und Kindertageseinrichtungen geholfen. Zuweisungsfähige Ausgaben von mehr als 100.000 Euro können mit Mitteln des Kommunalen Finanzausgleichs gefördert werden. Zudem beteiligt sich der Freistaat finanziell an der Instandsetzung beschädigter Straßen und Brücken. So wird sichergestellt, dass Schäden an in diesen Bereichen wieder beseitigt werden können.

Die Staatsregierung fordert den Bund auf, sich angemessen an der finanziellen Bewältigung der deutschlandweiten Naturkatastrophen zu beteiligen.

Auswirkungen für den künftigen Hochwasserschutz

Wie Umweltministerin Ulrike Scharf darlegte, waren Auslöser der Hochwasserkatastrophen massive Starkregen-Ereignisse, die auf kleinstem Raum stattgefunden haben.

Umweltministerin Scharf: „Aus dem Starkregen entstand eine enorme bis extreme Sturzflut. Hier zeigt sich ein weiteres Mal: Der Klimawandel hat einschneidende Folgen auch für Bayern. Diese heftigen Ereignisse führen an die Grenzen menschlicher Beherrschbarkeit. Wir analysieren die Ereignisse genau, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir wollen Bayern klimafest machen. Zentraler Baustein ist der Hochwasserschutz in den Regionen. Wir werden sehr zeitnah konkrete Vorschläge vorlegen, um den Schutz der Menschen weiter voranzutreiben. Wir werden die Gemeinden in dieser Situation nicht allein lassen.“

So könnte zum Beispiel überlegt werden, ob und inwieweit das Hochwasserschutzaktionsprogramm AP 2020plus entsprechend erweitert werden sollte. Die Hochwasserwellen lagen durch die massiven Niederschläge in vielen Bereichen weit über hundertjährlichen Ereignissen, am Simbach in Simbach am Inn sogar im Bereich eines tausendjährlichen Hochwassers. Diese Hochwasserwellen haben sich laut Scharf extrem schnell aufgebaut. Beispielsweise stieg am Simbach der Pegel innerhalb kurzer Zeit auf den Rekordwert von 506 Zentimeter. Diese Wetterlagen ließen nicht zu, den genauen Ort der Niederschläge im Vorfeld meteorologisch zu bestimmen. Nach den Worten der Ministerin investiert der Freistaat für den Hochwasserschutz bis zum Jahr 2020 bayernweit rund 3,4 Milliarden Euro.

Bilanz der Hilfseinsätze

Wie Innenminister Joachim Herrmann berichtete, waren von Starkregen und heftigen Gewittern in den vergangenen Tagen letztlich alle bayerischen Regierungsbezirke betroffen, jedoch unterschiedlich stark. Der Einsatzschwerpunkt lag laut Herrmann im südlichen Landkreis Rottal-Inn. Dort sei nach wie vor der Katastrophenfall ausgerufen. Der Katastrophenfall für den Landkreis Weilheim-Schongau wurde zwischenzeitlich wieder aufgehoben. Beeindruckt zeigte sich der Innenminister vor allem von der professionellen und hochengagierten Arbeit der vielen Einsatzkräfte und Helfer, die zum Teil auch aus Österreich zu Hilfe geeilt sind.

Herrmann: „Sehr eindrucksvoll ist auch die großartige Hilfsbereitschaft in der bayerischen Bevölkerung.“

In mehreren Orten seien Evakuierungsmaßnahmen erfolgt, da Straßen und Ortschaften überflutet waren. Etwa 800 eingeschlossene Personen mussten per Wasserrettung oder mit Hubschrauber evakuiert werden. Auch zahlreiche Tiere wurden von Helfern in Sicherheit gebracht.

Allein in Niederbayern waren insgesamt mehr als 8.000 Helfer im Kampf gegen die Fluten im Einsatz, davon rund 5.250 von den Freiwilligen Feuerwehren und etwa 900 der freiwilligen Hilfsorganisationen. Die Bayerische Polizei setzte zur Bewältigung der Hochwasserlage mehr als 1.000 Beamte ein. Hinzu kamen circa 70 Bundespolizeibeamte. Die Bundeswehr beteiligte sich mit 100 Pioniersoldaten an der Aufräumarbeit. Auch 850 Helferinnen und Helfer vom Technischen Hilfswerk waren dabei.

Bei der Katastrophe im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau, die vor allem das Gebiet der Gemeinde Polling betraf, kamen insgesamt circa 900 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Weilheim-Schongau und benachbarter Landkreise zum Einsatz, davon 670 Feuerwehreinsatzkräfte, 70 Einsatzkräfte von freiwilligen Hilfsorganisationen und 160 Kräfte des THW. Die Polizeiinspektionen Weilheim und Schongau unterstützten beim Einsatz.

Herrmann: „Es ist absolut vorbildlich, wie hier zusammengearbeitet wurde. Besonders den ehrenamtlichen Helfern spreche ich meinen großen Respekt und meine besondere Anerkennung aus.“

Eine abschließende Bilanz über das Ausmaß der Schäden an Schienen, Straßen und Brücken kann laut Herrmann noch nicht gezogen werden. Vor allem Straßen im südlichen Landkreis Rottal-Inn seien stark betroffen. Die Schadenshöhe dürfte sich dort ersten Schätzungen zufolge im mittleren zweistelligen Millionenbereich bewegen.

Wir setzen jedenfalls alles daran, die Schäden schnellstmöglich zu beseitigen“, sicherte der Verkehrsminister zu.

Das gelte insbesondere für die betroffenen Bundes- und Staatsstraßen. Beispielsweise kann die B 12 bei Simbach vermutlich bereits Mitte dieser Woche wieder für den Verkehr freigegeben werden. Die B 20 bei Untertürken, wo die dortige Brücke unterspült wurde, kann vorbehaltlich einer positiven Beurteilung durch den vom Bauamt beauftragten Sachverständigen voraussichtlich Ende dieser Woche wieder für den Verkehr freigegeben werden. Die vollständige Instandsetzung der Staatsstraßen wird nach den Worten Herrmanns voraussichtlich noch mehrere Wochen dauern.

Spendenkonto

Damit den Geschädigten noch schneller und unbürokratischer geholfen werden kann, hat Sozialministerin Emilia Müller für Hochwassergeschädigte in Bayern ein zentrales Spendenkonto „Hochwasserhilfe Bayern“ bei der Bayerischen Landesbank einrichten lassen. Die Kontodaten lauten:

IBAN: DE80 7005 0000 0000 0820 00
BIC: BYLADEMMXXX

Zur Erleichterung der steuerlichen Abzugsfähigkeit ist für Spenden, die zur Linderung der Katastrophenfolgen im Rahmen des vorstehend genannten Spendenaufrufs geleistet werden, der vereinfachte Spendennachweis zugelassen.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 07.06.2016