Gesetzgebung

Staatskanzlei: Bayern startet Bundesratsinitiative für ein freies Gesicht im rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren

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Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback: „Der Rechtsstaat braucht in Gerichtssälen einen unverhüllten Blick in das Gesicht und auf die Wahrheit“

Das Kabinett hat heute eine Bundesratsinitiative beschlossen, mit der die Bundesregierung aufgefordert werden soll, gesetzlich zu regeln, dass Verfahrensbeteiligte in Gerichtsverhandlungen ihr Gesicht in aller Regel weder ganz noch teilweise verdecken dürfen. Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback:

Für den Rechtsstaat ist die Erforschung der Wahrheit in gerichtlichen Verfahren zentrale Aufgabe und Verpflichtung, die nicht relativiert werden darf. Der Rechtsstaat braucht in Gerichtssälen einen unverhüllten Blick in das Gesicht und auf die Wahrheit!“

Das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebiete den Gerichten, den wahren Sachverhalt bestmöglich aufzuklären. Die Gerichte müssten dazu alle Erkenntnisquellen einschließlich Mimik ausschöpfen, so Bausback.

Für mich steht außer Frage: Wer etwa als Zeuge vor Gericht geladen ist, soll dem Richter bei seiner Aussage in aller Regel auch sein Gesicht zeigen müssen. Damit der Richter entscheiden kann, ob er dem Zeugen glaubt oder nicht. Denn es kommt nicht nur darauf, was ein Zeuge sagt, sondern auch wie er es sagt: Wird der Zeuge rot im Gesicht? Zuckt der Zeuge bei einer Frage zusammen? Hat er Schweißperlen auf der Stirn? All das kann wichtig sein, um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu beurteilen“, erläutert der Justizminister.

In der Vergangenheit waren Frauen, die ihr Gesicht vollständig verhüllten, bereits Verfahrensbeteiligte vor bayerischen Gerichten. Weder das Gerichtsverfassungsgesetz noch die einzelnen Verfahrensordnungen sehen für solche Fälle bislang spezifische Regelungen vor. Das geltende Recht ermöglicht den Gerichten zwar, die Abnahme eines Gesichtsschleiers im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen anzuordnen.

Bausback: „Aber: Unsere Gerichte und auch die Betroffenen brauchen Gewissheit. Es geht hier um eine für den Rechtsstaat ganz wesentliche Frage, der der demokratisch legitimierte Gesetzgeber nicht ausweichen sollte. Er sollte den Gerichten eine klare und handhabbare Regelung zur Verfügung stellen.“

Gleichzeitig sieht der Justizminister in der Initiative auch ein wichtiges Signal gegen eventuelle Verunsicherungen in der Bevölkerung:

Die Identität unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung wird sich nicht verändern. Bayern sorgt dafür, dass der Rechtsstaat seine gewachsenen Grundwerte entschlossen verteidigen kann. Darauf können sich die Menschen verlassen.“

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 21.06.2016

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