Gesetzgebung

Staatskanzlei: Kabinett beschließt Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) – Bayerische Landesentwicklung soll flexibler, dezentraler und regionaler werden

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Heimatminister Dr. Markus Söder: „Ländlicher Raum gehört nicht unter ‚Käseglocke‘, sondern ist Lebens- und Zukunftsraum“ / Start der Anhörung von Kommunen, Verbänden und der Öffentlichkeit

Das Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) beschlossen und den Startschuss für ein breites öffentliches Beteiligungsverfahren gegeben. Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder erklärte:

Die Bayerische Staatsregierung will kein Bayern der zwei Geschwindigkeiten in Stadt und Land und steuert dieser Entwicklung aktiv entgegen. Der ländliche Raum gehört nicht unter eine ‚Käseglocke‘, sondern ist Lebens- und Zukunftsraum.“

Bayern ist nach den Worten Söders ein Land mit hoher Lebensqualität. Während andere Regionen in Deutschland massiv von Bevölkerungsrückgang, hoher Arbeitslosigkeit und Deindustrialisierung betroffen seien, bewältige der Freistaat die demografischen Herausforderungen mit am besten. Dennoch stünden einige – vor allem ländliche – Regionen Bayerns vor Herausforderungen. Das bestehende Landesentwicklungsprogramm sei aber insbesondere für die strukturschwachen Räume zu starr.

Söder: „Wir machen die Landesentwicklung flexibler, dezentraler und regionaler. Die Kommunen vor Ort wissen selbst am besten, was für ihre Region gut ist.“

Die im LEP nun vorgelegten Änderungen geben vor allem den ländlichen und strukturschwachen Gegenden Bayerns neue Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Wichtig sind diese Maßnahmen aus Wettbewerbsgründen vor allem auch in den Grenzregionen zu Tschechien und Österreich. Strukturschwache und grenznahe Regionen vor allem in Nord- und Ostbayern sollen damit einen neuen Schub erhalten.

Im Einzelnen enthält die Fortschreibung folgende Änderungen:

Das Zentrale-Orte-System
Das Zentrale-Orte-System sichert eine flächendeckende, wohnortnahe Daseinsvorsorge für ganz Bayern. Das bisherige System bedarf einer Weiterentwicklung.

Der Bevölkerung sollen auch in Zukunft im gesamten Freistaat Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser und Behörden wohnortnah zur Verfügung stehen“, so Söder.

Insgesamt sollen 59 Gemeinden nach dem neuen System hochgestuft werden. Für schon bestehende Mittel- und Oberzentren gibt es „Bestandsschutz“. Neu festgelegt werden sollen drei Metropolen mit insgesamt sechs Städten (München; Nürnberg/ Fürth/ Erlangen/ Schwabach und Augsburg), außerdem zwölf neue Oberzentren (mit 18 Gemeinden) und 16 eigenständige Mittelzentren (mit 26 Gemeinden); neun Gemeinden werden bestehenden Mittelzentren neu zugeordnet.

Der Raum mit besonderem Handlungsbedarf
Der Raum mit besonderem Handlungsbedarf (sogenannter „RmbH“), der laut LEP wegen Strukturschwäche besonders zu entwickeln ist, wird erweitert. Hierzu werden künftig alle Kommunen berücksichtigt, die hinsichtlich bestimmter Einzelkriterien (sogenannter Strukturindikator) weniger als 90 % des bayerischen Durchschnitts (bisher 85 %) erreichen. Insgesamt werden im Vergleich zum Landesentwicklungsprogramm 2013 zusätzlich 11 Landkreise (einschließlich zwei kreisfreie Städte) sowie 150 Einzelgemeinden dem RmbH zugeordnet. Die Zuordnung zum RmbH ist insbesondere für die Konditionen in verschiedenen Förderprogrammen wichtig.

Damit kann ein größerer Anteil Bayerns von höheren Fördersätzen, etwa beim Breitbandausbau oder der regionalen Wirtschaftsförderung, profitieren“, sagte Minister Söder.

Das Anbindegebot
Um die Ansiedlung von Gewerbegebieten gerade in ländlichen Teilräumen zu befördern und dort neue Arbeitsplätze zu schaffen, werden zusätzliche Ausnahmen vom sogenannten „Anbindegebot“ in das LEP aufgenommen. Das Anbindegebot besagt, dass Gewerbe- und Industriegebiete nicht frei in der Landschaft stehen dürfen, sondern an eine Siedlung angebunden sein müssen. Künftig gelten Ausnahmen auch für Gewerbe- und Industriegebiete an Ausfahrten von Autobahnen und vierstreifigen Straßen sowie Gleisanschlüssen, interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete und große Freizeit- und Tourismusprojekte, die spezifische Standortanforderungen haben oder wegen eigener schädlicher Umwelteinwirkungen (Lärm) nicht angebunden werden können. Einzelhandel bleibt bei den Gewerbe- und Industriegebieten ausgeschlossen, um den innerstädtischen Einzelhandel nicht zu gefährden.

Heimatminister Söder: „Mit der Lockerung des Anbindegebots stärken wir den ländlichen Raum. Bürgermeister und Kommunen bekommen mehr Freiraum und Flexibilität bei der Ansiedlungspolitik von Unternehmen. Investitionen und Arbeitsplätze sind kein Privileg von Großstädten.“

Die Lockerung des Anbindegebots soll den Flächenverbrauch nicht erhöhen, sondern lediglich andere Orte für die Flächeninanspruchnahme zulassen. Die neuen Regelungen zielen zudem darauf ab, Verkehr zu reduzieren und Ortsdurchfahrten zu entlasten.

Stromtrassen
Bislang gab es in Bayern keine klaren Regeln für den Mindestabstand von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen.

Der Schutz der Menschen und das Wohl der Bevölkerung stehen für uns an erster Stelle. Der Stromnetzausbau muss bürgerfreundlich gestaltet werden. Wir nutzen unsere Möglichkeiten als Bundesland in der Landesplanung, um ausreichend Abstand zwischen Freileitungen und Wohnbebauung zu bekommen“, betonte Heimatminister Dr. Söder.

Die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms sieht vor, dass zum Schutz des Wohnumfeldes künftig innerhalb von Ortschaften ein Mindestabstand von 400 Metern von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden oder Schulen gelten soll. Außerhalb von Ortschaften soll ein Mindestabstand von 200 Metern gelten. Außerdem wird als neuer Grundsatz im Landesentwicklungsprogramm festgelegt, dass es künftig keine neuen Überspannungen von Siedlungen mehr geben soll. Wo bestehende Freileitungen über Siedlungen ersetzt werden, sollen diese möglichst aus dem Ort heraus gelegt werden. Damit kann auch beim Neubau bestehender Leitungen eine massive Verbesserung für die Bevölkerung erreicht werden.

Der Entwurf der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms wird nun auf digitalem Weg in die Anhörung aller Kommunen Bayerns, der einschlägigen Verbände und der Öffentlichkeit gegeben. Die in der Anhörung gewonnenen Erkenntnisse dienen dem Ministerrat als Grundlage für eine erneute Beschlussfassung, bevor die Änderung des Landesentwicklungsprogramms dem Landtag zur Zustimmung zugeleitet wird.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 12.07.2016