Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) und anderer Vorschriften

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Die Staatsregierung hat o.g. Gesetzentwurf beschlossen, den das StMI mit Stand 14.07.2016 parallel zur Verbändeanhörung veröffentlicht hat. Der umfangreiche Gesetzentwurf sieht neben bedeutsamen Änderungen des GLKrWG auch solche der Gemeindeordnung (GO), der Landkreisordnung (LKrO), der Bezirksordnung (BezO) und des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG) vor. Das Gesetz soll am 01.01.2017 in Kraft treten.

In den Gesetzentwurf sind die Erkenntnisse aus dem Erfahrungsbericht des StMI über die allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen 2014 vom 26.01.2016 eingeflossen.

1. Änderungen des GLKrWG

Der Entwurf sieht insbesondere folgende, im Gesetzentwurf als „sachlich bedeutsam“ bezeichnete Änderungen des GLKrWG vor:

  • Erweiterung der Bestellungsmöglichkeiten zum Wahlleiter (Änderung von Art. 5 Abs. 1)

Der Kreis derjenigen, die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 berufen werden können, wird um die in der Gemeinde nach Art. 1 Abs. 1 Wahlberechtigten erweitert.

  • Regelung der Verfahrensweise bei weniger als 50 Urnenwählern in einzelnen Stimmbezirken (Änderung von Art. 19 Abs. 1)

Dient der Wahrung des Wahlgeheimnisses und regelt die Verfahrensweise bei weniger als 50 Urnenwählern in einzelnen Stimmbezirken.

  • Regelung, wonach Stimmen aus der Briefwahl nicht dadurch ungültig werden, dass die wählende Person ihr Wahlrecht nachträglich verliert (Änderung von Art. 19 Abs. 2)

Das Gemeinde- und Landkreiswahlrecht wird an das Landes- und Bundeswahlrecht angeglichen. Bisher sind Wahlbriefe von Personen, die am Wahltag nicht wahlberechtigt sind, weil sie beispielsweise verstorben sind oder sich nicht mehr mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen im Wahlkreis aufhalten (z. B. aufgrund eines Umzugs), zurückzuweisen. Durch die Neuregelung hat ein nachträglicher Verlust des Wahlrechts keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Stimmen aus der Briefwahl.

  • Abschaffung der Wählbarkeitshindernisse von amtierenden Bürgermeistern und Landräten (Änderung von Art. 21 Abs. 2)

Art. 21 Abs. 2 Nr. 4 soll aufgehoben werden. Die Neuregelung biete den Wählern die Möglichkeit, selbst über die Ernsthaftigkeit der jeweiligen Kandidatur zu entscheiden und dementsprechend ihre Stimmen zu vergeben, so die Gesetzesbegründung. Die gleichzeitige Ausübung der in der bisherigen Regelung genannten Ämter wird auch durch die Amtshindernisse nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 6 und 7 GO und Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 4 und 5 LKrO zusammen mit der Regelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ausgeschlossen.

  • Abschaffung von Listenverbindungen (Aufhebung von Art. 26)

Bis zu den allgemeinen Kommunalwahlen 2014 erfolgte die Sitzverteilung nach dem d’Hondt’schen Verfahren, welches tendenziell die Wahlvorschläge bevorzuge, auf welche die größere Anzahl an Stimmen entfalle, so die Gesetzesbegründung. Insbesondere Parteien und Wählergruppen, die eine geringe Stimmenzahl erwarteten, konnten die Möglichkeit der Listenverbindung nutzen, um diesen Effekt in gewisser Weise auszugleichen und als verbundene Wahlvorschläge mehr Sitze zu erhalten, als auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallen wären.

Für diese Ausgleichsregelung bestehe seit der Einführung des Sitzverteilungsverfahrens nach Hare/Niemeyer kein Bedarf mehr. Des Weiteren könne das Eingehen einer Listenverbindung in Verbindung mit dem geänderten Berechnungsverfahren nach Hare/Niemeyer bei bestimmten mathematischen Konstellationen nun sogar dazu führen, dass die verbundenen Wahlvorschläge weniger Sitze erhalten, als die einzelnen Wahlvorschläge ohne Listenverbindung erhielten, so die Gesetzesbegründung. Ob eine Listenverbindung letztlich von Vorteil sei, stünde somit erst nach der Wahl fest. Das Eingehen einer Listenverbindung in Kombination mit dem Hare/Niemeyer-Verfahren sei folglich ein Spekulieren auf einen weiteren Sitz, mit dem Risiko, einen weniger zu erhalten.

  • Abschaffung der Listennachfolge als Bezugspunkt einer Ungültigerklärung (Änderung von Art. 50)

Damit werde die Ungültigerklärung auf die Fälle beschränkt, in welchen sich die Verletzung der Wahlvorschriften unmittelbar auf die Mandatsverteilung des vom Wahlausschuss festgestellten Wahlergebnisses auswirke, so die Gesetzesbegründung.

Die bisherige Regelung berücksichtige nicht, dass in den Stimmbezirken, die bei einer Beschränkung nicht von einer Nachwahl betroffen wären, die Wahl ohne eine relevante Verletzung von Wahlvorschriften stattgefunden habe und diese somit den Wählerwillen zum Zeitpunkt der Wahl unverfälscht wiedergebe. Dem komme im Hinblick auf die Frage eines Verbots der Beschränkung der Nachwahl eine erhebliche Bedeutung zu, so die Gesetzesbegründung. Dies werde besonders deutlich, wenn man berücksichtige, dass nur wenige oder gar nur ein Stimmbezirk von den zur Ungültigerklärung führenden Wahlrechtsverstößen betroffen seien könnten. Etwaige Verzerrungen, die sich aufgrund der Möglichkeit einer Beschränkung der Nachwahl ergeben könnten, seien gemessen an der Bedeutung der in Stimmbezirken ohne relevante Verletzung von Wahlvorschriften zustande gekommenen Abstimmungsergebnisse hinzunehmen, zumal eine Nachwahl immer – auch und besonders wenn diese ohne eine Beschränkung durchgeführt wird – zu Verzerrungen führe, was bereits aus der im Regelfall geänderten Wahlbeteiligung folge.

2. Änderungen der GO, LKrO und BezO

Zudem werden folgende, im Gesetzentwurf als „bedeutsam“ bezeichnete Änderungen von GO, LKrO und BezO vorgesehen:

  • Erweiterung des Rederechts in Bürgerversammlungen auf Gemeindeeinwohner (Änderung von Art. 18 Abs. 3 GO)

Nach der bisherigen Regelung können in der Bürgerversammlung grundsätzlich nur Gemeindebürger das Wort erhalten. Gemeindeangehörige können bisher das Wort nur nach vorherigem zustimmenden Beschluss der Bürgerversammlung ergreifen (zum Unterschied zwischen „Gemeindebürger“ und „Gemeindeangehörigem“ siehe Art. 15 GO). Durch die Neuregelung sollen künftig nicht nur Gemeindebürger, sondern alle – oft bereits über einen längeren Zeitraum in der Gemeinde ansässigen – Gemeindeangehörigen ohne vorherigen Beschluss der Bürgerversammlung vom Rederecht und von dem mit diesem gleichzusetzenden Antragsrecht Gebrauch machen und damit ihre Auffassungen und Anliegen zu bzw. in gemeindlichen Angelegenheiten vorbringen können.

Die Neuerung setzt damit auch ein Zeichen der Offenheit und Integration, da dann auch nichtwahlberechtigte Ausländer die Möglichkeit haben, sich aktiv in das gemeindliche Geschehen einzubringen und ihre Belange vorzutragen. Gleichzeitig wird auch Minderjährigen ermöglicht, in Bürgerversammlungen das Wort zu ergreifen und so die Teilnahme am politischen Diskurs zu erlernen.

Das Stimmrecht soll jedoch auf Gemeindebürger beschränkt werden. Damit sind Nicht-EU-Ausländer sowie Kinder und Jugendliche außen vor (vgl. Art. 15 Abs. 2 GO i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und 2 GLKrWG).

Verhindert die gleichzeitige Wahrnehmung der Ämter als Kreisrat und als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied in einer kreisfreien Gemeinde.

Ermögliche es dem ersten Bürgermeister, den Vorsitz einem von ihm gewählten ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglied zu übertragen sowie diesen wieder zu entziehen, so die Gesetzesbegründung. Mit der Übertragung führe das ehrenamtliche Gemeinderatsmitglied den Vorsitz eigenverantwortlich; Weisungen könne der erste Bürgermeister ihm nicht erteilen. Er könne jedoch die Übertragung beenden. Die Übertragungsbefugnis erfasse auch die Fälle der Verhinderung und ermögliche eine Übertragung des Vorsitzes für die Dauer der Verhinderung des Vorsitzenden.

Ist das Gemeinderatsmitglied, dem der Vorsitz übertragen wird, bereits Mitglied des Ausschusses, nimmt dessen Vertreter für die Dauer der Übertragung den Sitz im Ausschuss ein. Analoges gilt, wenn der Landrat in der Führung des Vorsitzes im Kreisausschuss oder in den weiteren Ausschüssen vertreten wird bzw. der Bezirkstagspräsident im Bezirksausschuss oder in den weiteren Ausschüssen.

Die entsprechenden Regelungen in der GO, der LKrO und der BezO werden gleichlautend wie folgt neu gefasst:

„1Ein Mitglied kann an der Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst, einem Angehörigen (Art. 20 Abs. 5 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes) oder einer von ihm vertretenen natürlichen oder juristischen Person oder sonstigen Vereinigung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.“

3. Änderungen des KWBG

Darüber hinaus erhält Art. 25 Abs. 3 KWBG einen Satz 4 und mit diesem einen Anspruch auf Beihilfe für die Zeit zwischen Ablauf der Amtszeit und Wiedereinstellung in das frühere Dienstverhältnis:

„4Während der Bezügezahlung nach Satz 1 besteht gegen den zur Übernahme verpflichteten früheren Dienstherrn Anspruch auf Beihilfe in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen nach den für Beamte und Beamtinnen geltenden Vorschriften, soweit der oder die Berechtigte nicht aus anderen Gründen beihilfeberechtigt ist.“

Künftig soll somit ab Geltendmachung des Rückübernahmeanspruchs neben den Bezügen i.S.d. Art. 25 Abs. 3 auch Beihilfe gewährt werden, soweit der oder die Betroffene für sich und seine Angehörigen nicht bereits aus anderen Gründen (z.B. wegen Eintritts in den Ruhestand nach Ablauf der Amtszeit) einen Beihilfeanspruch hat. Für Betroffene mit Rückkehranspruch in ein früheres privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis soll die Neuregelung entsprechend gelten mit der Maßgabe, dass sich der Beihilfeanspruch während der Übergangszeit anstelle gegen den früheren Arbeitgeber gegen den letzten kommunalen Dienstherrn richtet, wenn in dem früheren Arbeitsverhältnis kein Beihilfeanspruch nach Art. 144 BayBG bestand.

Weitere Informationen

  • Zum Gesetzentwurf: hier (PDF).
  • Aktueller Stand, ggfls. Stellungnahmen und Beiträge: hier.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelfoto/-abbildung: (c) Zerbor – Fotolia.com