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Landtag: Wirtschaftsausschuss – Netzbetreiber Tennet informiert über Trassenplanungen

Die umstrittenen Gleichstromleitungen durch Bayern werden komplett unter die Erde gelegt. Das sicherte Paul-Georg Garmer vom zuständigen Netzbetreiber Tennet im Wirtschaftsausschuss zu. Man komme damit „dem Bürgerwunsch nach einer möglichst unsichtbaren Infrastruktur“ nach. Mit der nun eingeleiteten umfassenden Öffentlichkeitsbeteiligung vor der eigentlichen Trassenplanung habe man ein „völlig neues Verfahren“ gewählt.

Früher wurden diese Vorplanungen im stillen Kämmerlein gemacht“, sagte Garmer.

Nach ersten positiven Rückmeldungen über die größere Transparenz hoffe man, „dass die Diskussion nun in sachlichen und ruhigen Bahnen verläuft“. Gegen den Bau oberirdischer Freileitungen hatten sich in ganz Bayern Bürgerinitiativen formiert.

Die Gleichstromtrassen sollen Windstrom aus Norddeutschland in die Verbrauchszentren im Süden transportieren und so die Versorgungssicherheit nach dem Abschalten aller Kernkraftwerke im Jahr 2022 gewährleisten. Nach den Plänen von Tennet wird der sogenannte „Südlink“ im Westen Unterfrankens verlegt und dabei den vorhandenen Netzknoten am inzwischen stillgelegten Kernkraftwerk Grafenrheinfeld anbinden. Der „Südostlink“ wird demnach nördlich von Hof nach Bayern einschwenken und in einer an der Luftlinie orientierten Trasse durch Oberfranken, die Oberpfalz und Niederbayern zum Netzknoten beim noch bis 2022 laufenden Kernkraftwerk Isar 2 führen. Tennet hat zu beiden Trassenverläufen mehrere Varianten erarbeitet, die nun mit den betroffenen Kommunen und Bürgern diskutiert werden sollen. Als Fertigstellungstermin peilt Tennet für beide Leitungen das Jahr 2025 an.

An der Notwendigkeit der neuen Stromleitungen ließ Garmer keinen Zweifel. Sie seien auf lange Sicht der günstigste Weg, die in Bayern nach der Abschaltung der Kernkraftwerke entstehende Stromlücke zu schließen. Kämen sie nicht, würde sich der Strompreis im Freistaat wegen massiv steigender Kosten zur Erhaltung der Netzstabilität und des Zuschaltens konventioneller Reservekraftwerke deutlich erhöhen. Die Gesamtkosten für beide Trassen bezifferte er auf voraussichtlich € 15 Mrd. Da der genaue Leitungsverlauf noch genauso wenig festliege wie die eingesetzte Technik, handle es sich dabei um einen Schätzwert. Tennet geht davon aus, dass die Erdverkabelung um das Fünf- bis Achtfache teurer ist als eine konventionelle Freileitung.

Lob und Kritik seitens der Abgeordneten

Bei den Abgeordneten stießen das Vorgehen und die Pläne Tennets auf breite Zustimmung. Ausschusschef Erwin Huber (CSU) lobte das „kluge Vorgehen“ des Unternehmens und unterstrich die Bedeutung einer raschen Umsetzung des Leitungsbaus für eine sichere Stromversorgung Bayerns. Der Freistaat werde nach dem Abschalten der Kernkraftwerke auf Stromimporte abgewiesen sein, um die durch erneuerbare und fossile Energien nicht zu schließende Stromlücke aufzufüllen.

Ich halte es für absolut unrealistisch, den Fehlbedarf nur mit heimischem Potenzial decken zu können“, sagte Huber.

Die SPD-Abgeordnete Annette Karl hob die Bedeutung der erweiterten Bürgerbeteiligung hervor. Damit könne neben der optimalen Trassenführung jeweils vor Ort geklärt werden, ob die Erdverkabelung überall die beste Variante sei. So könne es in Waldstücken sinnvoller sein, auf die kostengünstigere Freileitung zu setzen, da auch bei unterirdisch verlegten Kabeln die Trasse von Baumbewuchs freigehalten werden müsse. Deutlich beklagte sich Karl über die dreijährige Verzögerung beim Leitungsbau, die CSU und Staatsregierung wegen ihrer früheren populistischen Ablehnung jeglichen Trassenbaus zu verantworten hätten.

Martin Stümpfig (BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN) sagte, die Verzögerung beim Trassenbau werde die Stromkunden teuer zu stehen kommen.

Das ist ein Seehofer-Säumnisaufschlag, den die Menschen in Bayern deutlich im Geldbeutel spüren werden“, warnte Stümpfig.

Trotz der neuen Leitungen müssten die erneuerbaren Energien in Bayern weiter ausgebaut werden. Dies forderte auch Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER). Denn je mehr Strom importiert werden müsse, desto geringer falle die in Bayern generierte Wertschöpfung bei der Stromerzeugung aus. Hätte die Staatsregierung ihre Hausaufgaben bei der Energiewende konsequent erledigt, wären die neuen Stromtrassen womöglich sogar überflüssig.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 29.09.2016 (von Jürgen Umlauft)