Gesetzgebung

BMAS: Klarstellung beim Zugang zu Sozialleistungen für EU-Ausländer – BMAS präzisiert Ansprüche im SGB II und SGB XII

Das Bundeskabinett hat heute den „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch“ beschlossen. Der Gesetzentwurf stellt Leistungsansprüche und Leistungsausschlüsse im SGB II und SGB XII insbesondere für Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union in Deutschland gesetzlich klar.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles: „Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir wieder Rechtssicherheit. Klar ist: Wer hier lebt, arbeitet und Beiträge zahlt, der hat auch einen berechtigten Anspruch auf Leistungen aus unseren Sozialsystemen. Wer jedoch noch nie hier gearbeitet hat und für seinen Lebensunterhalt auf staatliche finanzielle Unterstützung aus der Grundsicherung angewiesen ist, für den gilt der Grundsatz: Existenzsichernde Leistungen sind im jeweiligen Heimatland zu beantragen. Mit dieser Klarstellung stärken wir das Vertrauen in die europäische Idee und eine ihrer größten Errungenschaften: die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Und wir schützen unsere Kommunen vor finanzieller Überforderung, die die Sozialhilfeleistungen zu schultern haben.

Entscheidungen des EuGH, des Bundessozialgerichts (BSG) sowie einiger Landessozialgerichte hatten eine Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben erforderlich gemacht. Durch die Urteile des BSG war der Zugang zu Leistungen der Sozialhilfe für nicht erwerbstätige Unionsbürgerinnen und -bürger aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach einem sechsmonatigen Aufenthalt in Deutschland ermöglicht worden.

Künftig gilt: Wer nicht in Deutschland arbeitet, selbständig ist oder einen Leistungsanspruch nach SGB II auf Grund vorheriger Arbeit erworben hat, dem stehen innerhalb der ersten fünf Jahre keine dauerhaften Leistungen nach SGB II oder SGB XII zu. Die Betroffenen können jedoch Überbrückungsleistungen bis zur Ausreise erhalten – längstens für einen Zeitraum von einem Monat.

Ein Leistungsanspruch im jeweils einschlägigen Leistungssystem kommt für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger künftig nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland zum Tragen. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten dann Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Für sie gilt dann auch der Grundsatz des „Förderns und Forderns“. Eine Ausnahme besteht für Personen, bei denen der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde. Zeiten, in denen sich Personen nicht rechtmäßig in Deutschland aufhalten, weil sie ausreisepflichtig sind, werden auf den Fünf-Jahres-Zeitraum nicht angerechnet.

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Weitere Informationen

BMAS, Pressemitteilung v. 12.10.2016

Redaktionelle Anmerkung

Nachdem der EuGH die im SGB II geregelten Leistungsausschlüsse von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern als europarechtskonform bestätigt hatte (Urteil „Dano“ vom 11.11.2014 (C-333/13); Urteil „Alimanovic“ vom 15.09.2015 (C-67/15); Urteil „Garcia-Nieto“ vom 25.02.2016 (C-299/14)), ergingen seit dem 03.12.2015 mehrere Entscheidungen des BSG zu Ansprüchen von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern auf Sicherung ihres Existenzminimums. Das BSG hat entschieden, dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder die über kein Aufenthaltsrecht verfügen, im SGB II und im SGB XII von einem Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen sind.

Das BSG hat jedoch auch entschieden, dass nichterwerbstätige ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die elterliche Sorge für Schülerinnen und Schüler während deren fortdauernder Ausbildung ausüben, unabhängig von einem Freizügigkeitsrecht nicht von den Leistungsausschlüssen des SGB II erfasst sind.

Das BSG hat den Betroffenen außerdem unabhängig davon, zu welcher der im SGB II ausgeschlossenen Gruppen sie gehören, Leistungen nach dem SGB XII im Ermessenswege zugesprochen. Bei einem verfestigten Aufenthalt, den das BSG im Regelfall nach sechs Monaten annimmt, soll das Ermessen jedoch auf Null reduziert sein, so dass für die Betroffenen so gut wie immer ein Anspruch besteht.