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StMBW: Wissenschaftsminister Spaenle informiert Bayerischen Landtag über intensive Provenienzrecherche staatlicher Sammlungen und Museen

„Die Aufarbeitung des Unrechts des NS-Regime ist der Bayerischen Staatsregierung und mir ein zentrales Anliegen. Deshalb engagiert sich Bayern mit seinen staatlichen Sammlungen und Museen aktiv in der Provenienzrecherche. Die staatlichen Sammlungen und Museen stellen die Ergebnisse kontinuierlich öffentlich zur Verfügung und ermöglicht Restitutionen“, betonte heute Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle im Bayerischen Landtag.

Um eine Rückgabe verfolgungsbedingt entzogener Vermögenswerte und Kunstgegenstände zu ermöglichen oder gerechte Lösungen für eine Wiedergutmachung zu erzielen, werden unrechtmäßige und verfolgungsbedingte Enteignungen umfassend recherchiert“, machte Minister Spaenle klar.

Bayern investiert aktiv in Provenienzrecherche

Minister Spaenle nannte konkrete Anstrengungen der staatlichen Museen und Sammlungen, dieses Ziel weiterzuverfolgen:

An den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und am Bayerischen Nationalmuseum sind derzeit jeweils eine unbefristete Vollzeitstelle für die Provenienzforschung eingerichtet. Hinzu kommen mehrere befristete projektbezogene Stellen mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums.“

Der 2015 eingerichtete Forschungsverbund Provenienzforschung vernetzt alle bayerischen öffentlichen Stellen miteinander, die in besonderer Weise mit der Provenienzforschung befasst sind, um durch den Austausch von Wissen und Erfahrungswerten Synergieeffekte zu schaffen. Heute werde Provenienzrecherche mit hoher wissenschaftlicher Kompetenz betrieben.

Provenienzforschung durch Washingtoner Erklärung neu belebt

Kernanliegen der Aufarbeitung des Unrechts und der Suche nach fairen Lösungen sei in Bayern bereits von den amerikanischen Besetzungsbehörden und ab 1948 in bayerischer und bundesdeutscher Verantwortung geleistet worden. Anträge auf Rückerstattung wurden in den Nachkriegsjahren nach Maßgabe geltender Gesetze bearbeitet, eine umfassende Recherchearbeit wurde aber nicht betrieben.

Eine breite internationale Diskussion mit dem Ergebnis der Washingtoner Erklärung 1998 führte über die Grenzen Deutschlands hinaus zu einer intensiven Neubelebung des Ansatzes der Restitution, auch in Bayern. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hatten z. B. 1998 als einziges deutsches Museum mit einer Vertreterin an der Washingtoner Konferenz teilgenommen und daraufhin die Provenienzforschung vorangetrieben. Die ersten Ergebnisse wurden 2004 in einem vielbeachteten Provenienzbericht zur Sammlung Göring vorgelegt. Bereits seit 2012 befasst sich ein eigenes Forschungsprojekt ausdrücklich mit den sog. „Überweisungen aus Staatsbesitz“, also den Beständen, die die Alliierten an den Freistaat und die bayerischen Sammlungen und Museen gegeben hatten. Zu diesen zählen auch Bestandteile der bereits früher untersuchten Sammlung Göring. Ziel des Projektes ist es, die Provenienz der Kunstwerke zu erforschen, die aus dem Kunstbesitz der NSDAP und hoher NSDAP-Funktionären nach Beschlagnahmung auf Weisung der Alliierten dem Freistaat Bayern treuhänderisch übergeben wurden und in den Bestand der Staatsgemäldesammlungen gelangten.

Bisher konnten insgesamt 404 dieser 890 sog. ‚Überweisungen aus Staatsbesitz‘ (45%) bearbeitet werden. 239 von 404 Werken (55%) sind bis heute wegen Raubkunstverdacht der Internet-Datenbank lostart.de gemeldet worden“, zeigte der Minister auf.

140 von 404 Kunstgegenständen (35%) konnten als unbedenklich eingestuft werden. Verdächtige Kunstwerke werden bei entsprechenden Ergebnissen der Provenienzrecherche öffentlich bekannt gemacht. Bayerns staatlichen Stellen melden auch Kunstwerke mit offener Provenienz, die möglicherweise Raubkunstwerke sind, an die Datenbank lostart.de.

Museen und Sammlungen suchen im Einvernehmen mit den Erben nach fairen und tragfähigen Lösungen.

Es bleibt viel zu tun, damit wir das Unrecht aufarbeiten und faire Lösungen finden können, aber wir sind mit viel Engagement und Erfolg an der Arbeit“, schloss Minister Spaenle.

StMBW, Pressemitteilung v. 12.10.2016