Gesetzgebung

BayVGH: Gemeinden sind grundsätzlich zum Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung verpflichtet

Sachgebiete: Abgabenrecht; Kommunalrecht / BayVGH, Urt. v. 09.11.2016 – 6 B 15.2732 / Weitere Schlagworte: Hohenbrunn; Absehen von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in atypischen Fällen; atypischer Fall und Beurteilungsspielraum; gute finanzielle Lage / Landesrechtliche Normen: KAG; GO; BV

Leitsätze:

  1. Die Gemeinden sind nach der Soll-Vorschrift des 5 Abs. 1 Satz 3 KAG grundsätzlich verpflichtet, für die Erneuerung oder Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen (Straßenausbau-)Beiträge von den Eigentümern und Erbbauberechtigten der bevorteilten Grundstücke zu erheben und insbesondere eine entsprechende Beitragssatzung zu erlassen.
  2. Nur unter besonderen – atypischen – Umständen darf eine Gemeinde von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen absehen und dadurch die Finanzierung beitragsfähiger Straßenbaumaßnahmen von den Begünstigten vollständig auf die Allgemeinheit verlagern. Für die Beurteilung, ob ein solcher atypischer Fall vorliegt, ist ihr kein Spielraum eingeräumt; sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden und Gerichte. Unter Berücksichtigung der in 62 Abs. 2 und 3 GO festgelegten Grundsätze der Einnahmebeschaffung verbleibt nur ein sehr eng begrenzter Bereich, innerhalb dessen vom Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung abgesehen werden kann.
  3. Besondere – atypische – Umstände, aufgrund derer ausnahmsweise vom Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung abgesehen werden kann, liegen grundsätzlich nicht vor, wenn eine Gemeinde – in nicht unerheblichem Umfang – Kredite aufnimmt oder Steuern einnimmt.
  4. Es ist kein tragfähiger sozialer oder finanzwirtschaftlicher Grund ersichtlich, aus dem eine Gemeinde zugunsten der Eigentümer und Erbbauberechtigten der von beitragsfähigen Straßenbaumaßnahmen bevorteilten Grundstücke auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen mit der Folge verzichten darf, dass die in Rede stehenden Mittel von Anderen aufgebracht werden müssen oder zur Erfüllung anderer gemeindlicher Aufgaben fehlen.