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Bayerischer Städtetag: Freistaat muss Bundesmittel an Kommunen weiterleiten – Maly: „Keine kalte Kommunalisierung von Integrationskosten“

„Ohne die Kommunen könnten Bund und Freistaat die Herausforderungen der Zuwanderung und der Integration nicht meistern. Die Kommunen haben ihren Anteil geschultert. Bayerns Kommunen haben sich darauf verlassen, dass der Freistaat sie bei den Kosten nicht im Regen stehen lässt. Der Freistaat muss zeigen, wie er die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen finanziell abbildet“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly: „Integration geschieht in den Städten und Gemeinden. Im Alltag sind weniger der Bund und die Länder, sondern die Kommunen gefordert, wenn Integration funktionieren soll. Da die Kommunen ihre Integrationsaufgaben in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Kultureinrichtungen, Ehrenamt und Sportstätten erfüllen, müssen sie von Bund und Ländern die aufgewendeten Kosten ersetzt bekommen.“

Der Freistaat Bayern hat, anders als andere Bundesländer, einen Großteil der Kosten erstattet, die mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen während des Asyl- und Anerkennungsverfahrens anfallen.

Maly: „Neben dem Lob auf die Leistungen des Freistaats steht Kritik: Trotz der Leistungen des Freistaats bleiben hohe Belastungen in den kommunalen Haushalten stehen. Dies ist eine kalte Kommunalisierung von Integrationskosten. Der Freistaat muss die Kommunen angemessen an den Bundesmitteln von € 7 Mrd. beteiligen.“

Integration berührt viele kommunale Bereiche, bei denen Personalkosten und Investitionskosten auflaufen: sozialer Wohnungsbau; Arbeitsmarkt; Jugendhilfe; Sozialhilfe und Asylsozialberatung; Kinderbetreuung in Kindergärten, Kitas und Horten; Bildung und Schule.

Der Ministerpräsident hatte im Herbst 2015, als der Freistaat auf die Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen angewiesen war, Gesprächsbereitschaft für eine Unterstützung der Kommunen bei den Kosten zugesagt. In einem „open-book-Verfahren“ haben die kommunalen Spitzenverbände die Kosten der kommunalen Ebene offen gelegt, um sich dann mit dem Freistaat über einen angemessenen aufgabenbezogenen finanziellen Ausgleich zu verständigen. Auch bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden schlagen sich nicht zuletzt über die Umlagezahlungen an die Landkreise die finanziellen Mehrbelastungen in den Haushalten nieder.

Maly: „Die Kostendarstellung der Kommunen wird zwischen Staatskanzlei, Sozialministerium, Innenministerium und Finanzministerium hin und her geschoben. Die Staatsregierung lässt die Kommunen am langen Arm zappeln.“

Bislang haben die kommunalen Spitzenverbände noch keine Einladung zu Gesprächen über das „open-book-Verfahren“ erhalten. Es wurde nach den Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich im Juli 2016 vereinbart, zu gegebener Zeit Gespräche zu führen über die Kosten für volljährig gewordene unbegleitete Flüchtlinge, die nicht gedeckten Aufwendungen der Kommunen für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Erst jetzt hat die Staatsregierung die Abstimmung eines Gesprächstermins angekündigt.

Der Bayerische Städtetag hat im August 2016 bei den kreisfreien Städten die flüchtlingsbedingten Einnahmen und Ausgaben erneut abgefragt. Insgesamt entstanden den kreisfreien Städten im ersten Halbjahr 2016 ungedeckte Kosten von € 63,8 Mio. Das sind bereits 72% der Kostenbelastung für das Gesamtjahr 2015: Hier sind die Kosten noch bei € 88,6 Mio. gelegen.

Maly: „Allein diese Zahl zeigt, dass die finanziellen Belastungen der kreisfreien Städte im Jahr 2016 deutlich höher ausfallen als im Vorjahr. Hier schlagen vor allem die Aufwendungen für Personal zu Buche.“

Alarmierend sind die Prognosen der bayerischen Bezirke zu den bislang vom Freistaat nicht erstatteten Nettoausgaben für unbegleitete junge volljährige Flüchtlinge in der wirtschaftlichen Jugendhilfe. Die kommunalen Spitzenverbände fordern, dass der Freistaat Bayern die Kosten der Jugendhilfe für unbegleitete junge Flüchtlinge auch dann übernimmt, wenn die Jugendlichen, die sich in Jugendhilfemaßnahmen befinden, die Volljährigkeit erreichen und noch einen weiteren Betreuungsbedarf haben. Die Bezirke gehen im Jahr 2016 von einer Gesamtbelastung von € 140,3 Mio. wirtschaftliche Jugendhilfe für unbegleitete junge Flüchtlinge aus, die letztlich von den Bezirksumlagezahlern zu tragen sind, wenn der Freistaat sich weiter weigert, diese Kosten zu erstatten.

Maly: „Der Freistaat ist das einzige Bundesland, das die Kosten der Jugendhilfe für Flüchtlinge kommunalisiert: Dies geschieht über die Bezirksumlage, die kreisfreie Städte und Landkreise bezahlen; die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind über die Kreisumlage betroffen.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 10.11.2016