Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Wachsen und Schrumpfen im Landesentwicklungsprogramm – Wird das LEP der Bevölkerungsentwicklung noch gerecht?

2013 wurde die Staatszielbestimmung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in das Landesentwicklungsprogramm (LEP) übernommen. Darüber hinaus wurde dem demografischen Wandel ein Fachkapitel gewidmet. Dieses Fachkapitel beschreibt das Phänomen der Abwanderung und hat deren Verminderung zum Ziel. In einem weiteren Kapitel bestimmt das LEP als Ziel, Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf vorrangig zu entwickeln, und stellt dabei gleichsam wesentlich auf den Bevölkerungsverlust ab.

Die Ende des letzten Jahres bekannt gegebene regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2034 des Bayerischen Landesamts für Statistik zeichnet aber inzwischen ein anderes Bild: Nur noch knapp ein Viertel der bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern verzeichnen einen Rückgang der Bevölkerung, während über die Hälfte dieser Kommunen einen Bevölkerungszuwachs verzeichnen. Noch 2013 war je ein Drittel der Kreise von Rückgang oder Wachsen der Einwohnerzahl betroffen. Diese Entwicklung zeigt, dass es richtig ist, ein besonderes Augenmerk auf Kommunen mit Bevölkerungsrückgang zu richten. Gleichzeitig ist überfällig, auch starkes Wachstum als Erscheinungsform des demografischen Wandels anzuerkennen und im Landesentwicklungsprogramm zu verankern. Bereits im Tagungspapier des Bayerischen Städtetags 2015 zum demografischen Wandel wurde dargelegt, dass die Kurzformel „Weniger, älter, bunter“ nicht die vielen, kleinräumig unterschiedlichen Entwicklungen in Bayern beschreiben kann, zumal Wachstum als Element des demografischen Wandels nicht in der Formel abgebildet ist.

Selbst bei schrumpfenden Städten liegt der Grund des Bevölkerungsrückgangs selten in der Abwanderung. In einigen Städten besteht sogar ein ausgeglichener Wanderungssaldo. Entscheidender ist die Zusammensetzung der Wanderungsströme. Der Wegzug junger Menschen begründet in vielen Städten und Gemeinden in den Teilräumen mit besonderem Handlungsbedarf ein dramatisches Geburtendefizit bei konstantem Wanderungssaldo. Deshalb wäre es besser, im Landesentwicklungsprogramm nicht primär auf Verhinderung von Abwanderung, sondern positiv auf die Schaffung von Bleibeperspektiven für junge Menschen und für neu hinzukommende Menschen abzustellen.

Der Bayerische Städtetag hat in seiner Stellungnahme zur Teilfortschreibung des LEP eingefordert, den Umgang vieler Städte und Gemeinden mit Wachstumsdruck als besonderen Handlungsbedarf in einer Gebietskulisse anzuerkennen und diesen Kommunen eine zielgenaue Unterstützung zukommen zu lassen.

Überhitzungstendenzen sind bei der Wohnraumversorgung, bei der Versorgung der Bevölkerung mit Kindertageseinrichtungen und sonstigen sozialen Einrichtungen oder beim Verkehr längst festzustellen. Schon lange beschränkt sich die Betroffenheit nicht mehr allein auf die Landeshauptstadt München, sondern auf den Großraum zwischen Landshut und Rosenheim und zwischen Augsburg und Mühldorf oder auf Universitätsstädte wie Regensburg oder Würzburg. Eine Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Bewältigung des Wachstumsdrucks bedeutet dabei nicht, die wichtige und richtige Unterstützung der Städte und Gemeinden im Teilraum mit besonderem Handlungsbedarf zu verringern. Vielmehr müssen die Bemühungen fortgesetzt werden, um die positive Entwicklung nachhaltig zu gestalten. Diese positive Entwicklung zeigt aber, dass landesplanerische Festsetzungen positive Impulse geben können. Diese positiven Impulse müssen auch für Wachstumsregionen fruchtbar gemacht werden.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 11/2016 v. 15.11.2016

Redaktionelle Hinweise 

  • Am 30.08.2013 wurde die neue Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) verkündet. Sie trat am 01.09.2013 in Kraft. Zu diesem Rechtsetzungsverfahren vgl. hier.
  • Zu der seit diesem Zeitpunkt geführten Diskussion um die Reform des LEP vgl. hier.