Gesetzgebung

Landtag: Gesundheitsausschuss – Anhörung zum Gesetzentwurf zur Errichtung einer Vereinigung der bayerischen Pflege

In Bayern gibt es über 130.000 staatlich geprüfte Pflegekräfte. Für sie existiert im Gegensatz zu Ärzten, Apothekern oder Therapeuten bisher keine institutionalisierte Berufs- und Interessenvertretung. Das will die Staatsregierung jetzt mit der Errichtung einer „Vereinigung der bayerischen Pflege“ ändern. Dass Pflegekräfte in einer alternden Gesellschaft eine stärkere Stimme benötigen – darüber waren sich bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss alle Experten einig. Allerdings nicht, wie dies konkret erreicht werden soll.

Für Dr. Marliese Biederbeck, Geschäftsführerin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe in der Region Südost, kann der Gesetzentwurf der Staatsregierung den Pflegeberuf nicht aufwerten.

„Dieser sieht keine demokratisch legitimierte Vertretung für Pflegekräfte vor“, kritisierte sie.

Somit gebe es keine Möglichkeiten zur Mitgestaltung, zur Lösung des Pflegefachpersonenmangels oder um den Pflegeberuf attraktiver zu machen.

„Stattdessen stehen die Arbeitgeberinteressen im Vordergrund“, ergänzte Biederbeck.

Gemeinsam mit Edith Dürr, der Vorsitzenden des Bayerischen Landespflegerats, sprach sie sich für eine verpflichtende Mitgliedschaft in einer Pflegekammer aus.

Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, verlangte, den geplanten Namen in „Vereinigung der Pflegeberufe“ umzuändern, um sich von der Pflege durch Laien abzugrenzen. Außerdem warnte er, dass die Delegiertenversammlung der Vereinigung nur in begründeten Ausnahmefällen vom Votum des Beirats, der zu gleichen Teilen aus Vertretern von Arbeitgebern und Pflegekräften besteht, abweichen darf.

Die Freie Wohlfahrtspflege in Bayern hat laut Geschäftsführer Wilfried Mück keine einheitliche Meinung zur Vereinigung der bayerischen Pflege.

„Wir begrüßen alles, was dazu beiträgt, Ressourcen herbeizubringen“, betonte er.

Oberstes Ziel müsse der Ausbau der Pflege sein:

„Wir können uns kontroverse Meinung nicht leisten“, mahnte Mück.

Dr. Thomas Kunczik, Geschäftsführer des Deutschen Bundesverbands für Altenpflege, begrüßte den Gesetzentwurf der Staatsregierung.

„Der bayerische Weg ist ein guter Weg“, lobte er.

Eine Pflegekammer könne den Mangel an examinierten Altenpflegern nicht lösen.

Robert Hinke, bayerischer Landesfachbereichsleiter für Gesundheit und Soziales der Gewerkschaft ver.di, lehnte eine Pflegekammer ebenfalls ab.

„Eine solche gibt es bisher nur in Rheinland-Pfalz – und selbst da verweigern viele die Zwangsmitgliedschaft“, erklärte er.

Vorteile der Vereinigung gegenüber der Kammer seien, dass nur examinierte Pflegekräfte vertreten wären, dass keine neue Vertretung gegründet werden müsste und dass sie ein politisches Mandat hätte. Im Übrigen ist laut Hinke auch die Bundespflegekammer keine Kammer, sondern ein Verein – dem auch die Vereinigung der bayerischen Pflege beitreten könnte.

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Prof. Dr. Thomas Petri, wies im Gesetzentwurf auf Probleme beim Datenschutz hin. Die flächendeckende Registrierung aller Pflegekräfte sei nur möglich, wenn im Gesetz eine sog. hinreichende Wertigkeit festgeschrieben sei. So kann der Grundrechtseingriff zum Beispiel durch die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben wie verbindliche Weiterbildungen gerechtfertigt werden.

„Solche sind aber momentan nicht im Gesetzentwurf enthalten“, sagte Petri.

Klaus Holletschek (CSU) lobte den Gesetzentwurf als „schlankes Gesetz“. Warum der Pflegerechtler Prof. Dr. Heinrich Hanika eine Verfassungsbeschwerde dagegen empfiehlt, erschließe sich ihm nicht.

Für Ulrich Leiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) handelt es sich bei dem Gesetzentwurf um ein Gesetz zur „Verhinderung einer Pflegekammer“. Außerdem sorgte er sich um die Macht des Beirats:

„Wir haben eine ganze Reihe von Trägern, die nicht unbedingt die Interessen der Pflegenden am Bett verfolgen.“

Prof. Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER) sah im aktuellen Gesetzentwurf noch „viele Widersprüche“. Bei der Durchsetzung der Interessen lägen die Vorteile klar auf der Seite der Kammerlösung. Bauer lehnte es darüber hinaus ab, über ein Gesetz zu entscheiden, in dem wesentliche Regelungen zum Datenschutz nicht enthalten seien.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 06.12.2016 (von David Lohmann)

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