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BayVGH: Streit über die Verpflichtung zur vorläufigen Inobhutnahme des Antragstellers als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling

Sachgebiete: Ausländer- und Asylrecht; Sozial-, Jugendschutz-, Kindergartenrecht / BayVGH, Beschl. v. 13.12.2016 – 12 CE 16.2333 / Weitere Schlagworte: Bestätgung der Rechtsprechung; Zweifel bei der Altersfeststellung; Umfang gerichtlicher Kontrolle; qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Mitarbeiter eines Jugendamts

Leitsätze:

  1. „Zweifel“ bei der Feststellung des Alters im Sinne von § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestehen im Hinblick auf die im Jugendhilfeverfahren entsprechend anwendbare Regelung des Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU immer dann, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig (Bestätigung von BayVGH, Beschl. v. 16.08.2016 – 12 CS 16. 1550 – juris, Rn. 18; Beschl. v. 18.08.2016 – 12 CE 16.1570 – juris, Rn. 14). Anzeige
  1. Das Vorliegen eines „Zweifelsfalls“ im Sinne von § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum umfassender verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (Bestätigung von BayVGH, Beschl. v. 16.08.2016 – 12 CS 16. 1550 – juris, Rn. 19; Beschl. v. 18.08.2016 – 12 CE 16.1570 – juris, Rn. 15).
  1. Ausgehend von der Tatsache, dass eine exakte Bestimmung des Lebensalters weder auf medizinischem, psychologischem, pädagogischem oder anderem Wege möglich ist und alle bekannten Verfahren lediglich Näherungswerte liefern können, kann eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Mitarbeiter eines Jugendamts (§ 42 f Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGB VIII) allenfalls dann als zur Altersfeststellung geeignet angesehen werden, wenn es darum geht, für jedermann ohne Weiteres erkennbare (offensichtliche), gleichsam auf der Hand liegende, über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Fälle eindeutiger Volljährigkeit auszuscheiden. In allen anderen Fällen ist hingegen vom Vorliegen eines Zweifelsfalls auszugehen, der zur Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zwingt (Bestätigung von BayVGH, Beschl. v. 16.08.2016 – 12 CS 16. 1550 – juris, Rn. 23 f.; Beschl. v. 18.08.2016 – 12 CE 16.1570 – juris, Rn. 19 f.).