Gesetzgebung

Staatskanzlei: Ministerrat beschließt Sicherheitskonzept „Freiheit und Sicherheit durch Recht und Ordnung“

Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback: „Staatsregierung setzt auf Sicherheit durch Stärke sowie zeitnah umsetzbare und wirkungsvolle Vorschläge“

Der Ministerrat hat heute das Sicherheitskonzept „Freiheit und Sicherheit durch Recht und Ordnung“ beschlossen. Innenminister Joachim Herrmann betonte:

„Die Menschen in Bayern leben sicherer als in den anderen Bundesländern. Aber es muss in ganz Deutschland mehr geschehen, um die Freiheit und Sicherheit unseres Landes zu schützen. Dafür benötigen wir keine endlosen Zuständigkeitsdebatten, sondern zeitnah umsetzbare und wirkungsvolle Sicherheitsmaßnahmen.“

Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback ergänzte:

„Ein starker Rechtsstaat ist unabdingbare Voraussetzung für Sicherheit, Freiheit und ein friedliches Zusammenleben in unserem Land. Wir in Bayern sind schon heute sehr gut aufgestellt. Aber wir dürfen nicht stehen bleiben und müssen angesichts der schrecklichen terroristischen Angriffe das Notwendige tun, um unseren freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen.“

Im Fokus der Staatsregierung stehen insbesondere Vorschläge zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, der Wohnungseinbrüche, der Internetkriminalität sowie der Kontrolle und Begrenzung des Asylbewerberzustroms nach Deutschland.

„Mit den Maßnahmen stärken wir nicht nur objektiv unsere Sicherheit, sondern auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen in unserem Land“, so das Fazit des Innenministers.

Justizminister Bausback unterstrich:

„Die Menschen können sich darauf verlassen: Wir werden auch zukünftig schnell und entschlossen handeln, damit wir in Bayern und ganz Deutschland sicher leben können!“

Das Konzept sieht folgende Maßnahmen vor:

Befugnisse der Sicherheitsbehörden ausweiten, durch

  • Verbesserung der Möglichkeiten der Verkehrsdatenspeicherung und -erhebung, insbesondere durch Verlängerung der Speicherfrist auf einheitlich sechs Monate, Erweiterung des Straftatenkatalogs unter anderem auf Terrorismusfinanzierung und Verpflichtung zur Verkehrsdatenspeicherung auch für E-Mail-Dienste, elektronische Post, Messenger Dienste und soziale Medien.
  • Eröffnung des Zugriffs auf die Verkehrsdaten auch für Nachrichtendienste des Bundes und der Länder.
  • Schaffung einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die Überwachung des Inhalts von verschlüsselter Kommunikation (sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung).
  • Erweiterung der Auswertungsmöglichkeiten von DNA-Spuren, um den tatsächlichen Spurenverursacher etwa anhand der Haar- oder Augenfarbe schneller ermitteln zu können und durch Erhebung von DNA-Material bei Beschuldigten im Strafverfahren.
  • Schaffung einer Befugnis zur Online-Durchsuchung für strafverfolgende Zwecke, wie bereits heute möglich für Polizei und Verfassungsschutz.
  • Befugnis zur Anordnung der Entschlüsselung von Entschlüsselungssoftware.
  • Befugnis der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und anderer Bundesländer, auch radikalisierte Jugendliche unter 14 Jahren zu beobachten.
  • Schnelle Umsetzung der Richtlinie zur Fluggastdatenspeicherung, durch Weiterleitung von Daten an die Sicherheitsbehörden bei Einreisen und Ausreisen aus/in Drittstaaten in/aus der Europäischen Union.
  • Schaffung der Befugnisse wie in Bayern für den Einsatz automatisierter Kennzeichenlesesysteme für den fließenden Verkehr im Bund und allen Bundesländern zum Abgleich mit Fahndungsausschreibungen.
  • Zuständigkeit der Staatsschutzkammern (statt bisher der Jugendgerichte) auch für Staatsschutzdelikte, die ausschließlich von Jugendlichen und Heranwachsenden begangen werden.

Wir müssen die besser schützen, die uns schützen, durch

  • Erhöhung des Strafrahmens für gewalttätige Angriffe auf Polizei- und Justizbedienstete sowie Rettungskräfte auf ein Mindestmaß von sechs Monaten auf bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
  • Erstrecken des Schutzes generell auf alle Handlungen im Zusammenhang mit dem Dienst.

Wohnungseinbruchdiebstahl wirksam bekämpfen, durch

  • Ahndung von Wohnungseinbruchsdiebstählen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr.
  • Einstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls als schwere Straftat und Aufnahme in den Straftatenkatalog zur Telekommunikationsüberwachung wie auch zur Verkehrsdatenerhebung.

Cyberkriminalität bekämpfen, durch

  • Erhöhung der nationalen Kapazitäten, Fähigkeiten und Befugnisse zur Cyberabwehr und Bekämpfung von Cyberkriminalität.
  • Verpflichtung von Herstellern und Nutzern, IT-Sicherheitsmaßnahmen nach dem Stand der Technik umzusetzen, durch Schaffung von Gütesiegeln und Zertifikaten für die IT-Sicherheit.
  • Verpflichtung ausländischer Telekommunikationsanbieter und Telemedienanbieter, mandatierte Ansprechpartner im Inland zur Verfügung zu stellen und Anfragen zeitnah zu beantworten.
  • Bessere Anpassung der Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden an die digitalen Herausforderungen, u.a. durch Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs.
  • Verbesserung der Möglichkeiten zur verdeckten Sicherung von Cloud-Daten.

Videoüberwachung ausbauen, durch

  • Ausweitung der Videoüberwachung auch auf große Publikumseinrichtungen, etwa Einkaufszentren und Konzerthallen.
  • Verlängerung von Speicherfristen von drei Wochen auf zwei Monate für die öffentliche Hand wie auch für private Betreiber von Publikumseinrichtungen.
  • Verbesserung der rechtlichen und technischen Möglichkeiten zur Gesichtserkennung.

Die Zusammenarbeit und der Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden müssen weiter verbessert werden, durch

  • Finanzielle Stärkung des gemeinsamen Terrorabwehrzentrums beim Bund sowie des European Counter Terrorism Center bei Europol.
  • Vernetzung der für Nachrichtendienste, Polizei und Sicherheitsbehörden relevanten Datenbanken aller EU-Staaten sowie Sicherstellung eines einheitlichen Abgleichs von DNA-Identifizierungsmustern und Fingerabdrücken.
  • Wiederaufnahme von Grenzkontrollen gegenüber EU-Mitgliedstaaten, die bislang keinen automatisierten Datenabgleich in den Bereichen DNA-Analyse, elektronische Fingerabdrücke und elektronische Kraftfahrzeug- und Kraftfahrzeughalterdaten ermöglichen.
  • Aufbau eines europäischen Kriminalaktennachweises zur europaweiten Abfrage, ob polizeiliche Akten oder Hinweise über die Gefährlichkeit einer Person vorliegen.
  • Ausweitung des Europäischen Strafregisterinformationssystems (ECRIS).

Gefährder müssen besser überwacht werden, durch

  • elektronische Aufenthaltsüberwachung mit Fußfesseln für verurteilte und aus der Haft entlassene Extremisten. Hierfür sind Änderungen auf Bundesebene im Strafrecht sowie auf Landesebene im Polizeiaufgabengesetz erforderlich.
  • Ausbau der Observation von Extremisten und ihrer Internetaktivitäten.

Der Rechtsstaat muss auch bei der Strafverfolgung Härte zeigen, durch

  • Erleichterung von Vermögenseinziehungen.
  • Wiedereinführung der Strafbarkeit von Sympathiewerbung für kriminelle und terroristische Vereinigungen.
  • Verschärfung der Strafen für bewusste Falschmeldungen in Gefahrensituationen.
  • Gesetzliche Klarstellung, dass kulturelle oder religiöse Beweggründe des Täters für sich gesehen keine Strafmilderung rechtfertigen.
  • Deutlichere gesetzliche Klarstellung, dass bei Heranwachsenden (zwischen 18 und 21 Jahren) in der Regel Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist.
  • Verschärfte Bestrafung von öffentlich oder im Internet begangenen Beleidigungen, insbesondere durch Hasspostings in sozialen Netzwerken und Cybermobbing.

Doppelstaatler, die im Ausland an Kampfhandlungen einer Terrororganisation teilnehmen, müssen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.

Der Einfluss von Islamisten muss bekämpft werden, durch

  • Verbot der Finanzierung von Moscheen durch extremistische Organisationen.
  • Konsequente Nutzung von Vereinsverboten.
  • Entfernung von gewaltverherrlichenden Inhalten und extremistischer Propaganda aus den sozialen Medien und sonstigen Kommunikationsdiensten.
  • Nachhaltigen weiteren Auf- und Ausbau bayernweiter Präventionsstrukturen.

Möglichkeiten zum Einsatz der Bundeswehr im Innern erweitern, durch

  • Erweiterung des Einsatzes in Ausnahmesituationen zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit unter Leitung der Polizei, etwa im Falle terroristischer Bedrohung zum Schutz ziviler Projekte und zur Abwehr sonstiger Gefahren sowie zur Unterstützung der Bundespolizei bei der Aufrechterhaltung eines wirksamen Grenzschutzes.

Neujustierung der Flüchtlingspolitik unter Sicherheitsaspekten, das heißt, wir müssen wissen, wer zu uns kommt, durch

  • Wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen, etwa durch Beschleunigung des Aufbaus einer schlagkräftigen EU-Grenz- und Küstenschutzagentur.
  • Schnelle Einrichtung eines EU-Entry-Exit-Systems und eines EU-Reiseinformations- und -genehmigungssystems für visabefreite Reisenden.
  • Rasche Verbesserung des Datenaustausches zwischen Grenzschutz, Polizei und Sicherheitsbehörden.
  • Einrichtung ausreichend leistungsfähiger Hotspots in den EU-Außenstaaten.
  • Wirksame flächendeckende Binnengrenzkontrollen, solange der EU-Außengrenzschutz nicht funktioniert.
  • Einführung der Schleierfahndung wie in Bayern in allen Bundesländern.
  • Schaffung von Registrierungsstellen und Transitzentren an den Grenzen für Asylbewerber ohne klare Identität.
  • Asylschnellverfahren mit Rechtsfolge der Einreiseverweigerung, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass ein Antragsteller eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt oder über seine Identität täuscht sowie für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern und Asylfolgeantragstellern.
  • Konsequente Nutzung und Fortentwicklung aller Mittel zur Altersbestimmung.
  • Eröffnung von Zugriffsmöglichkeiten der Jugendämter auf das automatisierte Verfahren zum Abruf der Daten im Ausländerzentralregister, um festzustellen, wo sich ein jugendlicher Asylbewerber im Bundesgebiet in Obhut befindet.
  • Einrichtung von sicheren Zentren in nordafrikanischen Staaten unter Beteiligung des UNHCR zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität.

Im Asylverfahren muss gelten: Keine Abstriche bei der Sicherheit, durch

  • Sicherheits- und Identitätsüberprüfung sämtlicher Asylbewerber durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dies gilt auch für Asylbewerber, die im schriftlichen Verfahren anerkannt wurden. Anzeige
  • Berücksichtigung aller polizeilichen und nachrichtendienstlichen Erkenntnisse im Asylverfahren, für Widerrufs- und Rücknahmeverfahren.
  • Systematischen Informationsaustausch zwischen Ausländerbehörden, BAMF, Job-Centern und Meldebehörden.
  • Widerruf der Flüchtlingsanerkennung bei Beitritt zum IS oder vergleichbaren terroristischen Gruppierungen.

Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam müssen praxistauglich sein, durch

  • Verlängerung der maximalen Dauer beim Ausreisegewahrsam sowie der Prüfung des Entfalls des Richtervorbehalts beim Flughafenverfahren.
  • Prüfung der Dauer und Fallgruppen bei der Abschiebehaft, insbesondere durch Schaffung eines längeren Haftgrundes für Gefährder.

Straftäter dürfen keinen Schutz erhalten und müssen ihr Aufenthaltsrecht verlieren, durch

  • Vorrang des Ausweisungsinteresses bei Straftätern gegenüber dem individuellen Bleibeinteresse.
  • Verlust des Aufenthaltsrechtes kraft Gesetzes bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen vorsätzlicher Straftat zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren.
  • Herabstufung von Daueraufenthaltstiteln bei Verurteilung von mehr als einem Jahr, als sogenannten ‚Warnschuss‘.
  • Erweiterung der Straftatenkataloge, bei denen das Ausweisungsinteresse besonders schwer wiegt, wie etwa bei Betäubungsmitteldelikten.
  • Verweigerung der Anerkennung als Flüchtling schon bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren statt wie bisher drei Jahren, unabhängig vom Delikt.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 10.01.2017