Gesetzgebung

Staatskanzlei: Staatsregierung beschließt Positionspapier zur Zuwanderung

Ministerpräsident Seehofer: „Deutschland braucht verlässliche Antwort auf die Herausforderungen der Asyl-, Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik“ / Bayern steht für Humanität und Integration, aber auch für eine klare Ordnung und Begrenzung bei denjenigen, die wir nicht aufnehmen können“

Mit dem heute im Ministerrat beschlossenen Positionspapier zur Zuwanderung gibt die Staatsregierung klare und verlässliche Antworten auf die aktuellen Herausforderungen der Asyl-, Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik. Ministerpräsident Horst Seehofer erklärte:

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„Vor dem Hintergrund anhaltender weltweiter Wanderungsbewegungen, wachsendem Migrationsdruck und einer veränderten Bedrohungslage muss sich Deutschland weiter seiner Verantwortung stellen und Menschen auf der Flucht Schutz und Obhut gewähren. Wir treten ein für Humanität und Integration, aber auch für eine klare Ordnung und Begrenzung gegenüber denjenigen, die wir nicht aufnehmen können.

Kein Land der Welt kann unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. Die Begrenzung der Zuwanderung ist Voraussetzung für Humanität und Integration. Bayern wird dafür sorgen, dass der Staat die Kontrolle und die Entscheidung darüber behält, wer zu uns ins Land kommt und wer nicht. Nur so können wir eine Überforderung unseres Landes abwenden, für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen und eine Spaltung unserer Gesellschaft verhindern.“

Ziel Bayerns ist ein gesetzliches Regelwerk, das garantiert, dass Deutschland nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufnimmt.

Im Folgenden das Positionspapier im Wortlaut:

Damit Deutschland Deutschland bleibt
Positionspapier der Bayerischen Staatsregierung

Deutschland braucht eine dauerhaft tragfähige Antwort auf die Herausforderung der Migration. Weltweite Wanderungsbewegungen werden weiter zunehmen und der Migrationsdruck an den Außengrenzen Europas wird weiter anwachsen. Damit Deutschland dieser Herausforderung begegnen kann, brauchen wir eine eindeutige Orientierung: Humanität und Integration für die Schutzbedürftigen, die bleiben dürfen; und eine klare Ordnung und Begrenzung gegenüber denjenigen, die wir nicht aufnehmen können.

Die Aufnahme von Schutzbedürftigen ist ein Gebot der christlichen und humanitären Verantwortung. Bayern leistet viel bei Aufnahme und Integration von Schutzbedürftigen. Mit der großartigen Unterstützung unserer Bevölkerung, dem unermüdlichen Einsatz vieler tausend Ehrenamtlicher, der Kommunen, der Kirchen, unserer Unternehmen sowie der Sozial- und Wohlfahrtsverbände haben wir eine beispielhafte Visitenkarte der Humanität abgegeben. Zugleich treten wir in Bayern mit Null-Toleranz gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus ein.

Humanität und Integration können jedoch nur gelingen, wenn die Grenzen dessen beachtet werden, was Staat und Gesellschaft leisten und verkraften können. Eine unbegrenzte Aufnahme ist beim besten Willen nicht zu schaffen – von niemandem und in keinem Land der Welt. Deshalb sagen wir klar: Die Situation vom September 2015 darf sich keinesfalls wiederholen. Deutschland kann nicht noch einmal eine so hohe Zahl von Flüchtlingen aufnehmen. Deutschland kann nicht noch einmal einen phasenweisen Kontrollverlust an seinen Grenzen hinnehmen. Bayern wird dafür sorgen, dass der Staat die Kontrolle und die Entscheidung darüber behält, wer zu uns ins Land kommt und wer nicht. Nur so können wir eine Überforderung unseres Landes abwenden, für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen und eine Spaltung unserer Gesellschaft verhindern.

Wir treten für ein gesetzliches Regelwerk ein, das garantiert, dass Deutschland nicht mehr als jährlich 200.000 Flüchtlinge aufnimmt. Diese Obergrenze entspricht nach langer Erfahrung der Verantwortung und auch der Leistungskraft unseres Landes. Das können wir durch folgende Maßnahmen sicherstellen:

1. Eine nachhaltige Begrenzung des Zuzugs erfordert zuallererst die Bekämpfung von Fluchtursachen. Hilfe vor Ort und die Schaffung von Lebensperspektiven in der Heimat sind das beste Mittel gegen neue Migrationswellen. Erst recht dürfen Elend und Not in Flüchtlingslagern vor Ort nicht durch die Streichung oder Unterfinanzierung von Hilfsprogrammen zur Fluchtursache werden. Neben der EU und ihren Mitgliedstaaten ist auch die internationale Staatengemeinschaft zu einer neuen und verantwortungsbewussten Entwicklungspolitik aufgerufen.

Wir brauchen einen „Afrikapakt“ der Europäischen Union. Im Mittelpunkt stehen dabei faire Entwicklungschancen für diese Länder. Gerechtigkeit und Solidarität durch die Förderung von Zukunftschancen für die jungen Generationen in Afrika, das ist die Zukunftsaufgabe schlechthin.

2. Eine schnelle und konsequente Rückführung derjenigen, die keinen Anspruch auf Schutz haben, ist die Voraussetzung dafür, dass wir uns um die wirklich Schutzbedürftigen kümmern können.

Rückführungen müssen auch erfolgen, wenn der Verfolgungs- oder Fluchtgrund weggefallen ist. Dazu bedarf es in Ergänzung der Länderzuständigkeiten eines gemeinsamen Rückführungsprogramms von Bund und Ländern. Außerdem muss klar sein: Wer in Deutschland straffällig wird, hat sein Gastrecht verwirkt und muss konsequent abgeschoben werden.

3. Der Familiennachzug muss sich auf die wirklich berechtigten Fälle und auf die Kernfamilie beschränken. Voraussetzung ist ein dauerhaftes Bleiberecht, eine eigene Wohnung und ein selbstverdienter, gesicherter Lebensunterhalt.

4. Ein Europa offener Binnengrenzen bedarf eines wirksamen Schutzes der Außengrenzen und eines funktionierenden Asylsystems. Europa kann nicht den Schutzsuchenden die Entscheidung überlassen, in welchem Land der EU sie Schutz beantragen. Das ist Rechtslage. Betritt ein Flüchtling den Boden der Europäischen Union, dann ist seine Flucht zu Ende und er ist in Sicherheit. Die Wiederherstellung eines wirksamen Außengrenzschutzes und eines funktionierenden europäischen Asylsystems ist eine vordringliche Aufgabe und zugleich Voraussetzung für eine Rückkehr zu einem Binnenraum der EU ohne Grenzkontrollen. Ein gemeinsames europäisches Asylsystem erfordert, dass sich alle Mitgliedstaaten an seine Regeln halten. Notwendig sind insbesondere:

  • eine schnelle Entscheidung über Asylbegehren vor oder unmittelbar nach der Einreise in grenznahen Einrichtungen und eine ebenso schnelle Rückführung all derer, die keinen Anspruch auf Schutz haben.
  • die solidarische Unterstützung der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen, die die Lasten eines gemeinsamen Asylsystems nicht alleine tragen können. Sie benötigen die Hilfe der EU und der übrigen Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Asylverfahren sowie bei der Rückführung nicht Schutzberechtigter.
  • die Bereitschaft möglichst vieler Mitgliedstaaten zur Aufnahme von Schutzsuchenden. Die Aufnahme muss im Wege eines geordneten Verfahrens nach Quoten erfolgen, die für eine faire und solidarische Lastenverteilung in der EU sorgen und die Grenzen der Aufnahmefähigkeit eines Staates nicht überschreiten.
  • die konsequente Anwendung des Dublin-Verfahrens und die Rücküberstellung von Schutzsuchenden in den für sie zuständigen Mitgliedstaat. Konsequente Rücküberstellungen sind unabdingbar, um unkontrollierte Binnenmigration innerhalb der EU zu vermeiden und für eine faire und solidarische Verteilung in der EU zu sorgen.
  • Vereinbarungen mit weiteren Drittstaaten, die den Druck auf die EU-Außengrenzen senken. Dazu gehören auch Abkommen zur Errichtung von Flüchtlingszentren in diesen Ländern, um das mörderische Geschäft von Schleusern und Schleppern zu beenden. Erst die Schließung der Balkanroute ließ die Zahl der an der Grenze Deutschlands Ankommenden spürbar sinken. Und erst das EU-Türkei Abkommen führte dazu, auch die Außengrenze der EU in Griechenland zu entlasten. Allerdings dürfen solche Drittstaatenabkommen nicht mit sachfremden Themen gekoppelt werden (EU-Beitritt, Visafreiheit).
  • die Festlegung weiterer sicherer Herkunftsstaaten. Dadurch werden die Asylverfahren stark beschleunigt. Diese Maßnahme war bei den Westbalkanstaaten sehr wirksam.

5. Deutschland muss die Möglichkeit zu wirksamen Binnengrenzkontrollen behalten. Sie bleiben auch nach der Wiederherstellung eines effektiven Außengrenzschutzes und eines gemeinsamen Asylsystems letztes Mittel, um im Falle schwerwiegender Funktionsmängel des europäischen Grenzschutz- und Asylregimes die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten zu können. Dafür müssen Transitzentren eingerichtet werden. Im äußersten Fall sind auch Zurückweisungen an der Grenze unverzichtbar. Art. 16a GG erlaubt Zurückweisungen auch und selbst gegenüber Asylbegehrenden, wenn diese aus einem Mitgliedstaat der EU nach Deutschland einreisen wollen. Das gilt besonders, wenn keine oder gefälschte Dokumente vorliegen.

6. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich für den Abbau von Anreizen zur Migration nach Deutschland ein, damit es keine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme gibt. Wer die überwiegende Zeit seines Erwerbslebens nicht in Deutschland verbracht hat, soll Leistungen der Grundsicherung im Alter nicht mehr uneingeschränkt erhalten.

Mit diesem gesetzlichen Regelwerk schaffen wir eine wirksame Ordnung und Begrenzung der Migration. Und wir schaffen damit vor allem politische Glaubwürdigkeit. Sie ist die Quelle für Vertrauen. Daneben braucht Deutschland ein Einwanderungsbegrenzungsgesetz, das die legale Zuwanderung in den Arbeitsmarkt steuert und begrenzt. Das Asylrecht ist kein allgemeines Zuwanderungsrecht. Zuwanderung in unser Land findet hauptsächlich über die europäische Freizügigkeit statt. Viele Staaten in der Welt legen klare Kriterien für Zahl und Struktur ihrer Zuwanderung fest. Auch für Deutschland wollen wir die legale Zuwanderung einer klaren gesetzlichen Regelung unterwerfen:

Anzahl, Fachkräftebedarf, Qualifikation, Integrationsprognose sowie ein gesicherter Arbeitsplatz und Lebensunterhalt sind Elemente dazu. Die Zu- und Abwanderung nach Deutschland infolge der europäischen Freizügigkeit bestimmt den Umfang für zusätzliche legale Zuwanderung in den Arbeitsmarkt von außerhalb der EU.

Humanität für tatsächlich Schutzbedürftige leisten, Migrationsursachen bekämpfen als solidarische Pflicht der zivilisierten Welt, Zuwanderung steuern und begrenzen gemäß nationaler Interessen – mit dieser Realpolitik der Verantwortung schaffen wir neues Vertrauen und stärken den Grundkonsens für ein soziales und menschliches Miteinander auf dem festen Fundament unserer Werte. Damit Deutschland Deutschland bleibt.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 10.01.2017