Aktuelles

StMJ: Aktuelle Entscheidung des BGH zur Barrierefreiheit in Wohnungseigentumsanlagen

Anlässlich einer aktuellen Entscheidung des BGH zur Barrierefreiheit in Wohnungseigentumsanlagen fordern Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback und sein sächsischer Amtskollege Sebastian Gemkow erneut eine schnelle Umsetzung des bayerisch-sächsischen Gesetzentwurfs zur Förderung von Barrierefreiheit und Elektromobilität:

„Die derzeitige Rechtslage muss dringend verbessert werden, um das vertraute Umfeld für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung zu sichern. Genau hierauf zielen die in unserem Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen im Wohnungseigentumsrecht! Nach der großen Zustimmung zu unserer Gesetzesinitiative im Bundesrat sollte nun auch der Bundestag dem Gesetzentwurf zeitnah zustimmen.“

Der BGH hat am letzten Freitag entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus grundsätzlich nur dann einen Personenaufzug auf eigene Kosten einbauen darf, wenn alle übrigen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung hierzu erteilen. Dies gelte auch dann, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen. Die übrigen Wohnungseigentümer könnten im Einzelfall allenfalls verpflichtet sein, den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe zu dulden. Der 1936 geborene Wohnungseigentümer konnte sich daher mit seinem Anliegen nicht durchsetzen.

Bayerns Justizminister Bausback:

„Durch die von uns vorgeschlagenen Änderungen wird die Durchsetzung von Umbauten am Gemeinschaftseigentum erleichtert, um einen barrierefreien Zugang zu den Wohnungen zu ermöglichen. Das ist gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel wichtig. In den kommenden Jahren ist mit einem massiven Anstieg des Bedarfs an altersgerechten Wohnungen zu rechnen.“

Sachsens Justizminister Gemkow ergänzt:

„Eigentümergemeinschaften müssen mit qualifizierter Mehrheit beschließen können, dass etwa ein Außenaufzug eingebaut wird. Damit können die Wohnungseigentümer selbst dafür sorgen, dass sie auch im Alter in ihrem vertrauten Umfeld bleiben können. Diese Möglichkeit sieht der Gesetzentwurf des Bundesrates bereits vor.“

Gleichzeitig wird mit dem Gesetzentwurf auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos an privaten Stellplätzen erleichtert.

Bausback und Gemkow: „Altersgerechtes Wohnen im vertrauten Umfeld und Ladestationen für Elektroautos sind zentrale Zukunftsthemen. Hier müssen wir Hemmnisse im Miet- und Wohnungseigentumsrecht abbauen!“

Hintergrund

Barrierefreiheit

Im Mietrecht kann der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen wie zum Beispiel dem Einbau einer Rollstuhlrampe oder eines Treppenlifts verlangen. Für Wohnungseigentümergemeinschaften fehlt dagegen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Wohnungseigentümer können deshalb Schwierigkeiten haben, derartige bauliche Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzusetzen. Darüber hinaus bedarf momentan der Anbau eines Außenaufzugs regelmäßig der Zustimmung aller Miteigentümer. Nach der nunmehr ergangenen BGH-Entscheidung wird dies in vielen Fällen auch für den Einbau eines Innenaufzugs gelten. Jeder Miteigentümer kann daher eine solche Maßnahme verhindern.

Elektromobilität

Das geltende Wohnungseigentumsrecht sieht vor, dass sich Sondereigentum an Garagenstellplätzen nur auf einen durch eine dauerhafte Markierung umgrenzten Stellplatz in der Garage bezieht. Um eine Lademöglichkeit anbringen zu können, muss derjenige, dem der Stellplatz zugewiesen ist, regelmäßig auf Teile des Gemeinschaftseigentums baulich einwirken. Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür bedürfen der Klarstellung. Auch im Mietrecht besteht bislang keine Privilegierung für den Einbau von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge. Nach den derzeit geltenden allgemeinen, nicht gesetzlich niedergelegten Grundsätzen zur Vornahme von Maßnahmen an der Mietsache durch den Mieter (sog. Mietermodernisierung) wird es dem Mieter regelmäßig nicht gelingen, sich im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung gegenüber dem Eigentümer der Mietsache durchzusetzen.

StMJ, gemeinsame Pressemitteilung mit dem Staatsministerium der Justiz des Freistaats Sachsen v. 18.01.2017