Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) und weiterer Rechtsvorschriften

Die Staatsregierung hat o.g. Gesetzentwurf eingebracht (LT-Drs. 17/15590 v. 21.02.2017). Dieser sieht insbesondere zur Anpassung an Vorgaben in Art. 15 der sog. Seveso III-Richtlinie (RL 2012/18/EU) Änderungen des BayStrWG und der BayBO vor. Durch Art. 15 der Seveso-III-Richtlinie sollen die Informations- und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit verbessert werden. Für „neue Entwicklungen“ (z.B. Bauvorhaben und Verkehrswege) in der Nachbarschaft sog. Störfallbetriebe macht die Richtlinie diesbezüglich detaillierte Vorgaben. Darüber hinaus wird auch die ZustV geändert, und zwar die Zuständigkeitsdelegation für den Vollzug des Geldwäschegesetzes.

I. Änderungen von BayStrWG und BayBO

Die RL 2012/18/EU vom 04.07.2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (Kurzbezeichnung: Seveso-III-Richtlinie) ist am 13.08.2012 in Kraft getreten und war bis zum 31.05.2015 in nationales Recht umzusetzen. Die Kommission hat gegen die Bundesrepublik Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (vgl. hier).

Durch Art. 15 der Seveso-III-Richtlinie sollen die Informations- und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit verbessert werden. Für „neue Entwicklungen“ in der Nachbarschaft sog. Störfallbetriebe (Art. 3 Nr. 1 Seveso-III-Richtlinie) – z.B. Verkehrswege, die an einen solchen Betrieb heranrücken oder in einer Weise geändert werden, die die Folgen eines Unfalls in der Anlage auch für die Nutzer der Verkehrswege verschlimmern können – macht die Richtlinie detaillierte Vorgaben zur Information der Öffentlichkeit (Art. 15 Abs. 2 Seveso-III-Richtlinie), zur Auslegung der Planunterlagen (Art. 15 Abs. 3 Seveso-III-Richtlinie), zur Abgabe von Stellungnahmen (Art. 15 Abs. 4 Seveso-III-Richtlinie) und zur Bekanntmachung von Entscheidungen (Art. 15 Abs. 5 Seveso-III-Richtlinie). Nach Art. 15 Abs. 7 Seveso-III-Richtlinie werden die genauen Vorkehrungen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und Anhörung der betroffenen Öffentlichkeit von den Mitgliedstaaten festgelegt.

Mit der Änderung des BayStrWG und der BayBO werden diese Vorgaben in nationales Recht umgesetzt.

1. Wesentliche Änderungen des BayStrWG

a) Art. 36 BayStrWG (Planfeststellung)

Art. 36 BayStrWG erhält einen neuen Abs. 4, die bisherigen Absätze 4 und 5 werden Abs. 5 und 6:

(4) 1Unbeschadet der Abs. 1 bis 3 ist bei allen öffentlichen Straßen die Planfeststellung durchzuführen, wenn die geplante Maßnahme

1. den angemessenen Sicherheitsabstand im Sinn des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2012/18/EU zu einem Betriebsbereich nicht einhält und
2. Ursache von schweren Unfällen im Sinn des Art. 3 Nr. 13 der Richtlinie 2012/18/EU sein kann oder wenn durch sie das Risiko oder die Folgen eines solchen Unfalls vergrößert werden können.

2Der Träger der Straßenbaulast gibt öffentlich bekannt, dass eine Planfeststellung nach dieser Vorschrift unterbleibt, wenn seine Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1, nicht aber nach Satz 1 Nr. 2 gegeben sind.

Nach Art. 36 Abs. 1 bis 3 BayStrWG ist die Planfeststellung bislang nur für bestimmte Straßen vorgeschrieben. Die in der Seveso-III-Richtlinie vorgeschriebenen Verbesserungen der Informations- und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit beziehen sich jedoch allgemein auf Verkehrswege. Deshalb wird die Planfeststellung gem. Art. 36 Abs. 4 Satz 1 auf den Bau und die Änderung sämtlicher öffentlicher Straßen, die in der Nachbarschaft sog. Störfallbetriebe zu liegen kommen, erstreckt.

Für die Kommunen (Landkreise und Gemeinden) ergibt sich hiernach bei der Planung von selbst verwalteten Kreisstraßen bzw. Ortsstraßen und sonstigen öffentlichen Straßen in der Nachbarschaft solcher Betriebe ein Mehraufwand, weil sie zum einen in jedem Fall prüfen müssen, ob sich durch das Straßenbauvorhaben die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Störfalls vergrößert oder sich die Folgen eines solchen Störfalls verschlimmern können und das Ergebnis der Prüfung ggf. veröffentlichen müssen. Sofern die Prüfung zu einem positiven Ergebnis kommt und die Kommune trotzdem an dem Straßenbauvorhaben festhalten will, muss sie die erforderlichen Planunterlagen erstellen lassen und bei der Regierung die Planfeststellung beantragen, wenn es nicht in einen Bebauungsplan aufgenommen wird. In den Fällen, in denen das Vorhaben nicht in einen ohnehin aufzustellenden Bebauungsplan aufgenommen wird, dürfte der zusätzliche Aufwand erheblich sein, so die Gesetzesbegründung.

Hinsichtlich der „Seveso-III-Einzelfallprüfung“ schreibt die Gesetzesbegründung:

Der Umfang einer solchen „Seveso-III-Einzelfallprüfung“ kann auf die geplante Straßenbaumaßnahme und die für das jeweilige Bauvorhaben maßgebliche Risikoerhöhung beschränkt werden. Die zu prüfende Risikoerhöhung bezieht sich nach dem Sinn und Zweck von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Seveso-III-Richtlinie nicht auf die allgemeine Risikoerhöhung, die sich aus dem Vorhandensein eines Verkehrswegs in der Nachbarschaft eines Betriebsbereiches immer ergibt. Es ist vielmehr das konkrete Vorhaben in der jeweiligen örtlichen Situation einer Risikoabschätzung zu unterziehen. Dazu ist nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die geplante Straßenbaumaßnahme den angemessenen Sicherheitsabstand i.S.v. Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Seveso-III-Richtlinie einhält. Bei den danach zu berücksichtigenden Betrieben handelt es sich um die in § 3 Abs. 5a BImSchG geregelten Betriebsbereiche. Angaben zu Betriebsbereichen und zu den angemessenen Sicherheitsabständen erteilen die Kreisverwaltungsbehörden. Wird der angemessene Sicherheitsabstand durch die Straßenbaumaßnahme ganz oder teilweise nicht eingehalten, ist nach Art. 36 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 in einem zweiten Schritt im Rahmen einer Risikoanalyse zu bewerten, ob mit dem geplanten Bau oder der wesentlichen Änderung der Straße eine neue Entwicklung einhergeht, die im konkreten Fall Ursache eines schweren Unfalls in dem Betrieb sein kann oder die das konkrete Risiko oder die konkreten Folgen eines schweren Unfalles erhöhen kann. Als störfallspezifische Faktoren, die im Einzelfall relevant sein können, sind z.B. die Art der jeweiligen gefährlichen Stoffe, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schweren Unfalls, die Folgen eines etwaigen Unfalls für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die Intensität der Nutzung der Straße sowie die Leichtigkeit, mit der Notfallkräfte bei einem Unfall eingreifen können, zu nennen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 – 4 C 11.11, Rn. 18 m.w.N.).

Nach Art. 36 Abs. 4 Satz 2 obliegt die Feststellung, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen, dem Träger der Straßenbaulast der zu bauenden oder zu ändernden Straße.

b) Art. 38 BayStrWG (Verwaltungsverfahren)

Art. 38 wird um Regelungen ergänzt, mit denen die in der Seveso-III-Richtlinie enthaltenen zusätzlichen Vorgaben für die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit für Straßenbauvorhaben in der Nachbarschaft von Störfallbetrieben umgesetzt werden. Bei der Gelegenheit wird Art. 38 um überflüssig gewordene Regelungen bereinigt.

Art. 38 n.F. lautet hiernach:

Art. 38 Verwaltungsverfahren

(1) 1Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen, soweit für das von der Baumaßnahme berührte Gebiet ein Bebauungsplan besteht, der den Anforderungen des Art. 23 Abs. 3 entspricht. 2Art. 74 Abs. 7 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bleibt unberührt.
(2) Die Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses kann unterbleiben, wenn der Kreis der Betroffenen bekannt ist und nicht die Voraussetzungen von Art. 36 Abs. 4 oder Art. 37 vorliegen.
(3) 1Bei allen Vorhaben im Sinn des Art. 36 Abs. 4

1. sind Art. 73 Abs. 3 Satz 2, Art. 74 Abs. 6 und 7 sowie Art. 76 Abs. 2 und 3 BayVwVfG nicht anwendbar,
2. muss die Bekanntmachung der Auslegung zusätzlich die Angaben nach Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2012/18/EU enthalten und
3. muss der ausgelegte Plan zusätzlich die Angaben nach Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2012/18/EU enthalten.

2Wenn die Planfeststellung ausschließlich auf Grund von Art. 36 Abs. 4 durchzuführen ist, kann die Anhörungsbehörde auf eine Erörterung verzichten.

2. Wesentliche Änderungen der BayBO

Zur Umsetzung der Vorgaben aus der Seveso-III-Richtlinie werden zum einen in Art. 58 BayBO die Regelungen über das Genehmigungsfreistellungsverfahren angepasst, zum anderen wird in einem neuen Art. 66a BayBO die Beteiligung der Öffentlichkeit für die in der Richtlinie erfassten Vorhaben eingeführt. Bauliche Anlagen, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist, werden aus dem Ausnahmetatbestand des Art. 73 BayBO herausgenommen (im Zustimmungsverfahren entfällt gem. Art. 73 Abs. 1 Satz 3 BayBO die Zustimmung der Regierung, wenn die Gemeinde nicht widerspricht und die Nachbarn dem Bauvorhaben zustimmen).

a) Art. 58 BayBO (Genehmigungsfreistellung)

Art. 58 Abs. 2 erhält eine neue Nr. 4, die bisherige Nr. 4 wird Nr. 5 (Änderungen gefettet):

(2) Nach Abs. 1 ist ein Bauvorhaben genehmigungsfrei gestellt, wenn
[1. – 3. …] (4. es nicht die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen betrifft,

a) durch die dem Wohnen dienende Nutzungseinheiten mit einer Größe von insgesamt mehr als 5.000 m² Bruttogrundfläche geschaffen werden oder
b) die öffentlich zugänglich sind und der gleichzeitigen Nutzung durch mehr als 100 Personen dienen

und die Vorhaben den angemessenen Sicherheitsabstand im Sinn des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2012/18/EU zu einem Betriebsbereich nicht einhalten und […]

Die Seveso-III-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass zwischen sog. Störfallbetrieben und u.a. Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebieten und Erholungsgebieten angemessene Sicherheitsabstände gewahrt bleiben, wenn diese Ansiedlungen Ursache von schweren Unfällen sein oder das Risiko eines schweren Unfalls vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern können. Die Festlegung eines angemessenen Sicherheitsabstandes unterliegt Bundesrecht (BImSchG). Bei der Beurteilung, ob derartige Risiken bestehen, kommt es laut Gesetzesbegründung nicht nur auf die von einem Betriebsbereich ausgehenden Gefahren an. Zu berücksichtigen seien auch vorhabenspezifische Faktoren wie die Zunahme der Zahl der möglicherweise betroffenen Personen, Schutzmaßnahmen an der schutzwürdigen Bebauung oder die besondere Gefährdung oder Schutzbedürftigkeit der betroffenen Personen.

Der neue Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a dient der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie für Wohngebiete. Wohngebiete i.S.d. Richtlinie sind laut Gesetzesbegründung nicht ausschließlich i.S.d. Gebietskategorien der BauNVO zu verstehen. Vielmehr gehe es um Vorsorge, dass nicht durch eine Neuansiedlung einer größeren Zahl von Menschen die Folgen eines Unfalls im Betriebsbereich erheblich verschärft werden. Abstrakt lassen sich Wohngebiete i.S.d. Richtlinie laut Gesetzesbegründung daher dahingehend definieren, dass es sich um Flächen handeln muss, die zumindest überwiegend dem Wohnen dienen oder die in einer Weise genutzt werden, die unter Gesichtspunkten des Immissions- oder Störfallschutzes ähnlich wie das Wohnen eines besonderen Schutzes bedürfen. Daher sei die Errichtung einzelner Wohngebäude oder die Schaffung von Wohnraum durch Umbaumaßnahmen und Nutzungsänderungen nur dann erfasst, wenn sie eine einem Wohngebiet vergleichbare Nutzungsintensität aufwiesen; um die betroffenen Vorhaben rechtssicher und vollzugstauglich zu bestimmen, werden Schwellenwerte eingeführt (5.000 m2 Bruttogrundfläche).

Der neue Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b dient der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie für öffentlich genutzte Gebäude.

b) Art. 66a BayBO (Beteiligung der Öffentlichkeit)

Art. 66a wird neu eingefügt und regelt die Beteiligung der Öffentlichkeit abschließend. Der verbleibende Art. 66 regelt nun nur noch die Nachbarbeteiligung (Art. 66 Abs. 4 wird aufgehoben und zum neuen Art. 66a Abs. 1).

Der neue Art. 66a BayBO lautet:

Art. 66a Beteiligung der Öffentlichkeit
(1) 1Bei baulichen Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs geeignet sind, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, zu benachteiligen oder zu belästigen, kann die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag des Bauherrn das Bauvorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standorts der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt machen; verfährt die Bauaufsichtsbehörde nach Halbsatz 1, findet Art. 66 Abs. 1 und 3 keine Anwendung. 2Mit Ablauf einer Frist von einem Monat nach der Bekanntmachung des Bauvorhabens sind alle öffentlich-rechtlichen Einwendungen gegen das Bauvorhaben ausgeschlossen. 3Die Zustellung der Baugenehmigung nach Art. 66 Abs. 1 Satz 6 kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden; Satz 1 und Art. 66 Abs. 2 Satz 6 gelten entsprechend. 4In der Bekanntmachung nach Satz 1 ist darauf hinzuweisen,

1. wo und wann Beteiligte nach Art. 29 BayVwVfG die Akten des Verfahrens einsehen können,
2. wo und wann Beteiligte Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorbringen können,
3. welche Rechtsfolgen mit Ablauf der Frist des Satzes 2 eintreten und
4. dass die Zustellung der Baugenehmigung durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(2) 1Bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung

1. von Vorhaben nach Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 sowie
2. baulicher Anlagen, die nach Durchführung des Bauvorhabens Sonderbauten nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 9 Buchst. c, Nr. 10 bis 13, 15 und 16 sind,

ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach Abs. 1 durchzuführen, wenn sie den angemessenen Sicherheitsabstand im Sinn des Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2012/18/EU zu einem Betriebsbereich nicht einhalten. 2In die öffentliche Bekanntmachung nach Abs. 1 Satz 4 sind zusätzlich folgende Angaben aufzunehmen:

1. ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (§§ 3a, 8 und 9 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung),
2. wo und wann die betroffene Öffentlichkeit im Sinn des Art. 3 Nr. 18 der Richtlinie 2012/18/EU Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorbringen kann und
3. die grundsätzlichen Entscheidungsmöglichkeiten der Behörde oder, soweit vorhanden, der Entscheidungsentwurf.

3Die Baugenehmigung ist nach Art. 41 Abs. 4 BayVwVfG öffentlich bekannt zu geben und, soweit Einwendungen vorgebracht wurden, zu begründen. 4In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die Behandlung der Einwendungen sowie Angaben über das Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit aufzunehmen.

Absatz 1 ist laut Gesetzesbegründung dem Grunde nach bei allen Bauvorhaben anwendbar, während Abs. 2 ausschließlich für schutzbedürftige Bauvorhaben gilt, für die nach Art. 15 der Seveso-III-Richtlinie eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist. Abs. 1 werde ausschließlich redaktionell angepasst; es stehe den Bauaufsichtsbehörden selbstverständlich frei, weitere Medien für die Öffentlichkeitsbeteiligung, wie z.B. eine Veröffentlichung im Internet, zu nutzen, so die Gesetzesbegründung.

Art. 66a Abs. 2 Nr. 1 entspricht Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 (zur Begründung vgl. oben).

Art. 66a Abs. 2 Nr. 2 nennt weitere schutzbedürftige Nutzungen, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben werden soll. Das sei erforderlich, da Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie nicht abschließend beschreibe, welche Nutzungen schutzbedürftig sein könnten bzw. was unter öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten sowie unter Erholungsgebieten zu verstehen sei, so die Gesetzesbegründung. Die Konkretisierung habe daher unter Berücksichtigung des Schutzziels zu erfolgen, dass das Risiko eines schweren Unfalls nicht vergrößert oder die Folgen eines solchen Unfalls nicht verschlimmert werden solle. Daher seien nicht nur Nutzungen mit einem umfangreichen Besucherverkehr zu betrachten, sondern auch solche Nutzungen, bei denen die Nutzer z.B. auf Grund ihres Gesundheitszustands oder ihres Alters besonders gefährdet oder besonders schutzbedürftig seien. Auch könnten Vorhaben zu berücksichtigen sein, die zwar nicht öffentlich zugänglich, aber gleichwohl z.B. als Einrichtung der sozialen Infrastruktur öffentlich genutzt würden.

Daher ist laut Gesetzesbegründung vor der Genehmigung der nachfolgend aufgeführten Sonderbauten eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, wobei es gleichgültig sei, ob diese Sonderbauten durch Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung erstmals entstehen oder bestehende Sonderbauten geändert werden:

  • Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zwecke der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist, wenn die Nutzungseinheiten einen gemein-samen Rettungsweg haben und für insgesamt mehr als zwölf Personen bestimmt sind (Art. 2 Abs. 4 Nr. 9 Buchst. c),
  • Krankenhäuser (Art. 2 Abs. 4 Nr. 10),
  • sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen sowie Wohnheime (Art. 2 Abs. 4 Nr. 11),
  • Tageseinrichtungen für mehr als zehn Kinder sowie Menschen mit Behinderung und alte Menschen, (Art. 2 Abs. 4 Nr. 12),
  • Schulen, Hochschulen und ähnliche Einrichtungen (Art. 2 Abs. 4 Nr. 13),
  • Camping- und Wochenendplätze (Art. 2 Abs. 4 Nr. 15),
  • Freizeit- und Vergnügungsparks (Art. 2 Abs. 4 Nr. 16).

Zu Art. 2 Abs. 4 Nr. 12 ist anzumerken, dass diese Vorschrift durch vorliegenden Gesetzentwurf geändert wird. Hirenach bezieht sich der Schwellenwert von 10 Personen nicht mehr allein auf Tageseinrichtungen für Kinder, sondern auf alle genannten Einrichtungen.

c) Art. 73 BayBO (Bauaufsichtliche Zustimmung)

Die in Art. 66a Abs. 2 geregelten Baumaßnahmen können auch im Zustimmungsverfahren geprüft werden. Darum bedarf es einer Anpassung des Zustimmungsverfahrens, dass für alle Bauvorhaben, die in Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie als schutzbedürftig festgeschrieben wurden, eine bauplanungsrechtliche Prüfung vorgenommen wird.

Art. 73 Abs. 1 Satz 3 erhält hiernach folgende Fassung:

3Die Zustimmung der Regierung entfällt, wenn
1. die Gemeinde nicht widerspricht,
2. die Nachbarn dem Bauvorhaben zustimmen und
3. keine Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 66a Abs. 2 vorgeschrieben ist.

Art. 73 Abs. 2 erhält einen neu eingefügten Satz 3 (die bisherigen Sätze verschieben sich):

3Sie führt eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 66a Abs. 2 durch.

„Sie“ nimmt die Regierung in Bezug.

II. Änderung der ZustV

Die ZustV erhält einen neuen § 8a:

§ 8a Geldwäschegesetz
1Soweit Bundesrecht nichts anderes bestimmt, ist zuständig für die Durchführung des Geldwäschegesetzes

1. die Regierung von Niederbayern für die Regierungsbezirke Ober- und Niederbayern,
2. im Übrigen die Regierung von Mittelfranken.

2Die Zuständigkeit der für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für Spielbanken und für Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet zuständigen Behörden bleibt unberührt.

III. Weitere Informationen 

  • Verfahrensverlauf, ggfls. Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen: hier.
  • Vorgangsmappe des Landtags: hier.
  • Laufende Gesetzgebungsverfahren im Freistaat im Überblick (Verfahrensstand, ggfls. redaktionelle Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen): hier.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelfoto/-abbildung: (c) fefufoto – Fotolia.com