Gesetzgebung

EU-Parlament: Deutsche Pkw-Maut – Verstoß gegen EU-Vorschriften über die Nichtdiskriminierung

Die geplante deutsche Pkw-Maut würde ausländische Autofahrer diskriminieren, trotz der nachträglich vorgeschlagenen und von der EU-Kommission gebilligten Änderungen. So steht es in einer Entschließung, die die Abgeordneten am Mittwoch verabschiedet haben. Sie behaupten, das Mautsystem verstoße gegen EU-Recht, da deutsche Fahrer die Maut von der Kfz-Steuer abziehen könnten, ausländische Fahrer hingegen nicht.

Denn selbst die überarbeitete Regelung würde es nur Bewohnern Deutschlands erlauben, Mautkosten abzuziehen. Sie bürde den deutschen Nutzern immer noch keine zusätzliche Belastung auf. Daher handele es sich um „eine indirekte Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit“, so die Abgeordneten in der Entschließung, die mit 510 Stimmen angenommen wurde, bei 126 Gegenstimmen und 55 Enthaltungen.

Sie fordern die Kommission auf, zu erklären, warum sie die überarbeiteten Pläne für ausreichend hielt, um die Aussetzung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland zu rechtfertigen.

„Die Kommission als Hüterin der Verträge muss die ordnungsgemäße Umsetzung und Anwendung des Unionsrechts nach seiner Annahme überwachen“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr, Karima Delli (Grüne/ EFA, FR), die den Entschließungsentwurf im Namen ihres Ausschusses vorgelegt hatte.

Die Abgeordneten fordern die Kommission auf, einschlägige Informationen über die Analyse der neuen Maßnahmen der deutschen Behörden für die Pkw-Maut bereitzustellen und offenzulegen sowie darüber, ob diese mit dem EU-Recht vereinbar sind.

„Jedes nationale System für die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren, bei dem eine direkte Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit vorliegt, oder das mit nationalen steuerlichen Maßnahmen zugunsten der eigenen Staatsbürger kombiniert wird, zum Beispiel in Form eines Abzugs von der nationalen Kraftfahrzeugsteuer, stellt einen Verstoß gegen den in Artikel 18 (Vertrag über die Arbeitsweise der EU) verankerten Grundsatz der Nichtdiskriminierung dar“, unterstreichen die Abgeordneten.

Gemeinsamer Rahmen für Mautsysteme

Das Parlament hält gemeinsame Vorschriften für notwendig, damit ein „fairer, diskimierungsfreier und harmonisierter Rahmen für Systeme zur Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren für alle Kraftfahrzeugtypen in der Europäischen Union eingeführt werden kann“. Die geplante Überarbeitung der Rechtsvorschriften in Bezug auf die Eurovignette und den europäischen elektronischen Mautdienst (EETS) „biete eine Gelegenheit, einen solchen Rahmen festzulegen“, fügen die Abgeordneten hinzu.

Hintergrundinformationen

Die EU-Kommission hatte Bedenken, dass die am 08.06.2015 verabschiedete ursprüngliche Mautregelung die EU-Vorschriften über die Nichtdiskriminierung verletzen würde, weil deutsche Fahrer den exakten Betrag der entrichteten Mautgebühren von ihrer Kfz-Steuer abziehen können, und dass die Preise für Kurzzeitvignetten, die typischerweise für ausländische Nutzer vorgesehen sind, überproportional teuer seien.

Sie hat am 18.06.2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das sie dann nach einer Einigung mit dem Bundesministerium für Verkehrsinfrastruktur am 01.12.2016 auf eine überarbeitete Regelung ausgesetzt hat.

Auf Grundlage des Benutzer-/Verursacherprinzips haben viele EU-Länder eine Pkw-Maut für bestimmte Teile ihres Straßennetzes eingeführt. Auch wenn sie sich in der Aus- und Preisgestaltung unterscheiden, gelten die verschiedenen Mautsysteme für alle Benutzer gleich.

  • Irland, Frankreich, Spanien, Portugal, Polen, Kroatien, Griechenland und Italien berechnen streckenbezogene Gebühren;
  • Österreich, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien und Rumänien nutzen zeitabhängige „Vignetten“-Systeme;
  • Deutschland, die nordischen und baltischen Länder, Benelux und der größte Teil des Vereinigten Königreichs verlangen keine Gebühren für die meisten ihrer Straßennetze.

EU-Parlament, Pressemitteilung v. 15.03.2017

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