Gesetzgebung

Staatskanzlei: Ministerrat startet Bundesratsinitiativen zur Stärkung des Verfassungsschutzes

Der Ministerrat hat heute beschlossen, mit vier Gesetzesanträgen im Bundesrat die Handlungsmöglichkeiten des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Terror zu stärken. Innenminister Joachim Herrmann: „Der internationale Terrorismus bedroht Deutschland wie noch nie zuvor. Terroristen nutzen die Mittel der modernen Informationstechnik, um sich mit großer Geschwindigkeit über staatliche Grenzen hinweg zusammenzuschließen und sich dem Zugriff der Sicherheitsbehörden zu entziehen. Terroristen schrecken nicht einmal davor zurück, online Minderjährige für Gewalttaten zu rekrutieren. Deshalb wollen wir den Verfassungsschutz des Bundes mit zusätzlichen Befugnissen ausstatten, um den Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden zu verbessern und den internationalen Terrorismus noch wirksamer zu bekämpfen.“

Verkehrsdaten stellen ein wichtiges Hilfsmittel der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Terroristen dar. Durch eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes und weiterer Vorschriften sollen die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern auf gespeicherte Verkehrsdaten zugreifen können. Der Gesetzesantrag sieht vor, den Telekommunikationsanbietern zu ermöglichen, die von ihnen gespeicherten Verkehrsdaten auch an das Bundeskriminalamt und die Nachrichtendienste des Bundes zu übermitteln. Zugleich stellt er klar, dass auch die Übermittlung an die Verfassungsschutzbehörden der Länder zulässig ist. Das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz würden Befugnisse zur Abfrage der Verkehrsdaten erhalten.

Herrmann: „Was für den Bayerischen Verfassungsschutz nach bayerischem Gesetz schon möglich ist, muss auch für den Bundesverfassungsschutz möglich sein.“

Ein zweiter Gesetzesantrag fordert eine Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes, um dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine Befugnis zur Online-Durchsuchung einzuräumen. Innenminister Joachim Herrmann begründet diesen Schritt damit, dass sowohl das Bundeskriminalamt als auch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz bereits die Befugnis haben, mit technischen Mitteln verdeckt in informationstechnische Systeme einzugreifen.

„In unserem Gesetzentwurf erhält auch das Bundesamt für Verfassungsschutz diese wichtige Befugnis. Denn eine effektive Sicherheitsarchitektur erfordert, dass die Sicherheitsbehörden mit der technischen Entwicklung Schritt halten – in den Ländern und auch im Bund.“

In einem dritten Gesetzentwurf fordert die Staatsregierung eine rechtsstaatliche Präzisierung der Vorschriften über die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Herrmann dazu:

„Die zunehmende Verschlüsselung der Telekommunikation führt dazu, dass gesetzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden zur Telekommunikationsüberwachung immer seltener erfolgreich genutzt werden können. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn bei WhatsApp die Kommunikation weder vor der Verschlüsselung, noch danach erfasst werden kann. Hierzu sind immer wieder Veränderungen an den IT-Systemen notwendig. Ob dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine solche Befugnis zusteht, ist weder im Bundesverfassungsschutzgesetz noch im Grundgesetz ausdrücklich geregelt. Wir fordern deshalb eine ausdrückliche Klarstellung.“

Der Ministerrat fordert außerdem eine Erweiterung der Befugnisse der Verfassungsschutzämter bezüglich Minderjähriger unter 14 Jahren. Innenminister Herrmann:

„Islamistische Terroristen nutzen leider zunehmend die Verführbarkeit Minderjähriger. Die Mindestaltersgrenze für die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz geht deshalb an dieser neuen Realität vorbei.“

Bisher dürfen nur personenbezogene Daten von Minderjährigen über 14 Jahre für die Ermittlungsarbeit gespeichert, verändert und genutzt werden.

Herrmann: „Um auch bei Minderjährigen eine Radikalisierung rechtzeitig zu erkennen und sie vor einer Rekrutierung in den Dschihad zu schützen, fordern wir, diese Altersbeschränkung aufzuheben. Wir brauchen auch im Bund die Handlungsmöglichkeiten, die wir im August 2016 für den bayerischen Verfassungsschutz geschaffen haben. Denn auch Minderjährige, die jünger als 14 Jahre sind, schließen sich inzwischen terroristischen Vereinigungen an. Wir dürfen nicht die Augen vor dieser neuen Realität verschließen.“

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 21.03.2017

Redaktionelle Hinweise

2016 erfolgte eine grundlegende Überarbeitung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes: vgl. hierzu insbes. Holzner, Das neue Bayerische Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) – ein Überblick (05.04.2016). Zum Gesetzgebungsverfahren nebst Stellungnahmen insgesamt vgl. hier.