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BVerwG: Altersdiskriminierende Besoldung von Beamten begründet weiterhin Zahlungsanspruch von € 100/Monat

Ein Beamter kann auch nach der Verkündung des Urteils des EuGH in der Sache „Hennigs und Mai“ vom 08.09.2011 vom Dienstherrn eine Zahlung von € 100/Monat verlangen, wenn sich seine Besoldung weiterhin nach Vorschriften gerichtet hat, die die Höhe der Bezüge unter Verstoß gegen das Unionsrecht allein vom Lebensalter abhängig gemacht haben. Dieser Betrag ist von der Dauer der Geltung der diskriminierenden Besoldungsgesetze unabhängig und ist auch bei einer Teilzeitbeschäftigung nicht zu reduzieren. Das hat das BVerwG in Leipzig entschieden.

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Die Kläger sind Beamte des Landes Hessen. Bis Ende Februar 2014 richtete sich die Bemessung ihrer Bezüge nach §§ 27 und 28 Bundesbesoldungsgesetz a.F. Diese Vorschriften waren wegen der Anknüpfung der ersten Einstufung in die Besoldungstabelle an das Lebensalter mit dem Verbot der Altersdiskriminierung in der „Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ unvereinbar. Denn sie benachteiligten jüngere Beamter allein wegen ihres Lebensalters (EuGH, Urt. v. 19.06.2014 – C-501/12 u.a., Specht). Im Dezember 2012 rügten die Kläger die unionsrechtswidrige Bemessung ihrer Dienstbezüge. Der HessVGH hat das Land verurteilt, den Klägern für den Zeitraum von Januar 2012 bis Ende Februar 2014 jeweils € 100/Monat (insgesamt € 2.600) zu zahlen. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch bestehe wegen der Geltendmachung im Dezember 2012 für das gesamte Kalenderjahr 2012. Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG bestehe wegen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG für den Zeitraum ab Oktober 2012.

Das BVerwG hat die Revisionen der Kläger gegen diese Urteile zurückgewiesen. Auf die Revisionen des Landes hat es die Verpflichtungen zur Zahlung von € 100/Monat auf den Zeitraum von November 2012 bis Februar 2014 reduziert. Die Geltendmachung der unionsrechtswidrigen Besoldung im Dezember 2012 begründet den unionsrechtlichen Haftungsanspruch lediglich für den Zeitraum ab Januar 2013, weil die Dienstbezüge für Dezember 2012 bereits im November zugegangen waren. Die Geltendmachung hat keine Rückwirkung etwa für das gesamte Kalenderjahr. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG besteht erst für den Zeitraum ab November 2012. Im Hinblick auf den Zugang der Oktoberbezüge 2012 bereits am letzten Bankarbeitstag des Septembers 2012 war die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach § 15 Abs. 4 AGG zum Zeitpunkt des Widerspruchs der Kläger am 17.12.2012 bereits abgelaufen. Hinsichtlich der Höhe der monatlichen Zahlung bleibt es bei dem bereits in den Urteilen vom 30.10.2014 (z.B. BVerwG 2 C 6.13) in Anlehnung an § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG als angemessen angesehenen Betrag von € 100/Monat. Dieser unabhängig von der Besoldungsgruppe des betroffenen Beamten festgesetzte Betrag ist nicht entsprechend der Dauer der Geltung der altersdiskriminierenden Besoldungsbestimmungen zu steigern oder im Hinblick auf eine Teilzeitbeschäftigung eines Beamten zu reduzieren.

BVerwG, Pressemitteilung v. 07.04.2017 zu den Urt. v. 06.04.2017 – BVerwG 2 C 11.16 und BVerwG 2 C 12.16