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EU-Kommission: Regionalverkehr und Sprachkenntnisse von Zugführern – Deutschland soll EU-Vorschriften vollständig umsetzen

Die Europäische Kommission hat Deutschland heute (Donnerstag) in zwei Fällen erneut zur Umsetzung der EU-Regeln für den Schienenverkehr ermahnt. Zum einen hat sie Deutschland aufgefordert, seine nationalen Vorschriften mit den EU-Bestimmungen über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in Einklang zu bringen. Außerdem soll Deutschland die EU-Vorschriften über die Sprachkenntnisse von Zugführern umsetzen. Die in beiden Fällen sog. mit Gründen versehenen Stellungnahmen, die die Kommission heute versendet hat, bilden die zweite Stufe eines insgesamt dreistufigen Vertragsverletzungsverfahrens.

Beanstandet wird vor allem, dass die Netze des Regionalverkehrs von der Anwendung der Interoperabilitätsanforderungen ausgenommen sind. Zudem kritisiert die EU-Kommission die Regelung der Verpflichtungen des Fahrwegbetreibers gegenüber dem Antragsteller, wenn zusätzliche Prüfungen erforderlich sind.

Vertragsverletzungsverfahren zur Interoperabilität (Richtlinie 2008/57/EG)

Die EU-Vorschriften über die Interoperabilität im Schienenverkehr sollen dafür sorgen, dass Infrastruktur, Fahrzeuge, Signalgebung und andere Teilsysteme im europäischen Bahnsystem miteinander kompatibel sind und so den grenzüberschreitenden Bahnverkehr erleichtern und den Eisenbahnsektor in die Lage versetzen, besser mit anderen Verkehrsträgern zu konkurrieren. Die Richtlinie war von den Mitgliedstaaten bis zum 19.07.2010 umzusetzen, und ihre ordnungsgemäße Anwendung ist auch gemäß dem vor Kurzem verabschiedeten Vierten Eisenbahnpaket weiterhin obligatorisch.

Die heutige Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme, nachdem im Februar 2016 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden war. Falls Deutschland nicht binnen zwei Monaten reagiert, kann die Kommission den Fall an den EuGH verweisen.

Vertragsverletzungsverfahren zu den Sprachkenntnissen von Zugführern (Richtlinie [EU]2016/882)

Die EU-Kommission hat Deutschland, Österreich, Belgien und Slowenien aufgefordert, die EU- Vorschriften über die Sprachkenntnisse von Zugführern vollständig umzusetzen. Diese Bestimmungen sind in der Richtlinie (EU) 2016/882 der Kommission festgelegt, mit der die Bestimmungen über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der EU führen (Richtlinie 2007/59/EG), geändert wurden. Sie bietet größere Flexibilität, da sie die Möglichkeit eröffnet, Zugführer, die nur bis zum ersten Bahnhof hinter der Grenze im Nachbarmitgliedstaat fahren, von bestimmten Sprachanforderungen auszunehmen. Voraussetzung für diese Ausnahmeregelung ist, dass alle Freistellungsanträge gleichbehandelt werden, das Verfahren transparent ist und die Sicherheit nicht beeinträchtigt wird. Die Kommissionsrichtlinie war bis zum 01.07.2016 umzusetzen.

Österreich, Belgien, Deutschland und Slowenien haben der Kommission jedoch bisher keine Umsetzungsmaßnahmen gemeldet. Daher hat die Kommission heute beschlossen, mit Gründen versehene Stellungnahmen an die vier Länder zu richten. Die Länder müssen nun der Kommission binnen zwei Monaten die Maßnahmen mitteilen, die sie ergriffen haben, um ihre Rechtsvorschriften mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen.

EU-Kommission, Vertretung in Deutschland, Pressemitteilung v. 27.04.2017