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EU-Kommision: Bericht über die Anwendung der EU-Charta der Grundrechte im Jahr 2016

Heute hat die Kommission ihren jährlichen Bericht über die Anwendung der EU-Charta der Grundrechte veröffentlicht. Der Bericht gibt einen Überblick über die Initiativen, die die EU 2016 zur Stärkung der Grundrechte eingeleitet hat, und zeigt auf, wie die Grundrechte in einer Reihe von EU-Politikbereichen und in den Mitgliedstaaten im Jahr 2016 angewendet wurden.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, erklärte dazu:

„Die Europäische Union ist mehr als nur ein Markt oder eine Währung, sie ist in erster Linie eine Union der Werte. Als Hüterin der Verträge hat die Europäische Kommission eine besondere Verpflichtung, sich für die Wahrung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit in der gesamten Union einzusetzen. Diese Verantwortung teilt sie mit allen EU-Organen und -Einrichtungen und allen Mitgliedstaaten.“

Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, fügte ergänzend hinzu:

„Die Europäische Kommission ist in allen Bereichen des EU-Rechts tätig, um den Schutz der Grundrechte in ganz Europa zu gewährleisten. Dazu gehören der Schutz der Rechte des Kindes, die Stärkung des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten, die Verbesserung der Rechte der Verbraucher und die Gewährleistung der grundlegenden Voraussetzungen auch für Menschen, die um Asyl nachsuchen oder den Migrantenstatus haben. Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass jeder Mann und jede Frau in Europa diese Rechte in Anspruch nehmen kann. Die Grundrechte gelten für alle.“

Die Autoren des diesjährigen Berichts stellen fest, dass die jüngsten Entwicklungen eine ernsthafte Bedrohung für die Grundrechte darstellen. Die Kommission wird sicherstellen, dass alle Legislativvorschläge der EU und alle an die Bestimmungen der Charta gebundenen Stellen auch weiterhin der Charta Rechnung tragen werden. Sie wird dem System der gegenseitigen Kontrolle, vor allem der zentralen Rolle der obersten Gerichtshöfe und Verfassungsgerichtshöfe bei der Wahrung der gemeinsamen Werte der EU, besondere Aufmerksamkeit widmen.

In Bezug auf die Entwicklung grundrechtebezogener Rechtsvorschriften stellen die Autoren des Berichts fest, dass die EU im Jahr 2016 wichtige Schritte zur Gewährleistung des Schutzes von Kindern in grenzüberschreitenden Streitsachen über die elterliche Verantwortung (Brüssel-IIa-Verordnung) und zur Unterstützung internationaler Paare durch die Präzisierung der für Güterstände geltenden Bestimmungen eingeleitet hat, dass sie eine Plattform zur Online-Streitbeilegung eingerichtet hat, mit der der Verbraucherschutz gestärkt wird, dass sie Einigung erzielt hat über einen Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hetze im Internet bei Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft und dass sie den Dialog mit den Mitgliedstaaten über das Thema Rechtsstaatlichkeit fortgesetzt hat.

Mit der endgültigen Annahme der Datenschutzreform im April 2016 wurde ein einheitliches Regelwerk eingeführt, das einen leichteren Zugang der Betroffenen zu ihren eigenen personenbezogenen Daten ermöglicht, das Recht auf Datenübertragbarkeit verankert sowie das „Recht auf Vergessenwerden“ und bestimmte Rechte im Fall einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten präzisiert. Des Weiteren hat die Kommission das Datenschutzrecht-Übereinkommen EU-US-Datenschutzschild und das Datenschutz-Rahmenabkommen abgeschlossen, um personenbezogene Daten europäischer Bürger, die in die USA übermittelt werden, besser zu schützen. Das Recht auf ein faires Verfahren wurde 2016 konkret umgesetzt, indem Richtlinien über die Unschuldsvermutung und das Recht auf Anwesenheit in der Verhandlung, über die Prozesskostenhilfe sowie über den Schutz der Verfahrensrechte von Kindern verabschiedet wurden (weitere Einzelheiten hier).

Auf das Rechtsstaatsprinzip gegründete Demokratien müssen die Grundrechte von Minderheiten und der schutzbedürftigsten Mitglieder der Gesellschaft schützen. Die europäischen Institutionen müssen bei all ihren Maßnahmen die Bestimmungen der Charta berücksichtigen. Die Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung ist ein gutes Beispiel, da dort mehrere Grundrechte in der Ausarbeitungs- und der Verhandlungsphase berücksichtigt wurden.

Jährliches Kolloquium über Grundrechte

Medienfreiheit und -vielfalt sind Grundvoraussetzungen für funktionierende Demokratien. Die Kommission veranstaltete 2016 das EU- Kolloquium über Grundrechte mit dem Schwerpunkt Rolle der Medien bei der Wahrung der Demokratie, der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit. In den Schlussfolgerungen des Kolloquiums werden konkrete Maßnahmen zur Förderung der Medienfreiheit und zur Gewährleistung der Unabhängigkeit von politischem und finanziellem Druck, zur Stärkung und zum Schutz von Journalisten sowie zur Förderung der Meinungsvielfalt aufgezeigt.

Im Mittelpunkt des Kolloquiums über Grundrechte 2017 werden die Themen Förderung und Schutz der Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter stehen. Angesichts wachsender Intoleranz ist es wichtig, dass die EU sich entschieden für den Grundsatz der gleichen Rechte für alle und dessen Förderung einsetzt. Auf dem Kolloquium wird es Gelegenheit geben, sich mit der wirtschaftlichen und politischen Teilhabe von Frauen, den Rechten von Frauen in öffentlichen und privaten Bereichen des Lebens und der Bekämpfung aller Arten von Gewalt gegen Frauen auseinanderzusetzen, wobei die Gewaltbekämpfung auch Thema gezielter Maßnahmen ist, die das ganze Jahr 2017 hindurch durchgeführt werden.

Hintergrund

Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 01.12.2009 wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union rechtsverbindlich. Die Bestimmungen der Charta richten sich in erster Linie an die EU-Organe und nur dann an die Mitgliedstaaten, wenn diese Unionsrecht umsetzen.

Die Kommission arbeitet mit den zuständigen Behörden auf nationaler, lokaler und europäischer Ebene daran, die Menschen besser über ihre Grundrechte aufzuklären und sie darüber zu informieren, wo sie Hilfe finden können, wenn ihre Rechte verletzt wurden. Die Kommission stellt über das Europäische Justiz-Portal praktische Informationen über diese Rechte bereit und hat mit Bürgerbeauftragten, Gleichstellungseinrichtungen und Menschenrechtsinstitutionen einen Dialog über die Bearbeitung von Beschwerden über Grundrechtsverletzungen eingeleitet.

Weitere Informationen

EU-Kommission, Pressemitteilung v. 18.05.2017