Aktuelles

Bayerischer Gemeindetag: Leichteres Bauen am Ortsrand – Erfolg des Gemeindetags

Der Bayerische Gemeindetag hat einen wichtigen Erfolg erzielt. Künftig können Flächen am Ortsrand leichter bebaut werden. Eine neue Vorschrift im Baugesetzbuch, die maßgeblich auf Drängen des Bayerischen Gemeindetags geschaffen wurde, eröffnet Städten und Gemeinden nunmehr ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Flächen am Ortsrand für den Wohnungsbau. Gemeinden können künftig Bebauungspläne mit einer Grundfläche bis zu 10.000 m² (durch das Hauptgebäude versiegelte Fläche) für Wohnnutzung im beschleunigten Verfahren aufstellen. Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl dazu:

Anzeige

„Dies ist ein großartiger Erfolg. Gerade in der heutigen Zeit, wo Wohnraum extrem knapp ist und die Bauwilligen händeringend nach bebaubaren Grundstücken suchen, kann die neue Vorschrift zusätzliche Wohnbauprojekte ermöglichen. Den Gemeinden und Städten wird damit ein Planungsinstrument an die Hand gegeben, das eine maßvolle Erweiterung des bebaubaren Bereichs einer Kommune ermöglicht. Wir sind sehr zufrieden.“

Der neue § 13b BauGB schafft ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Außenbereichsflächen am Ortsrand für den Wohnungsbau vor allem dadurch, dass

  • das Erfordernis einer Umweltprüfung entfällt,
  • die Eingriffsregelung (Ausgleichsflächenbedarf) ausgesetzt ist,
  • die frühzeitige Träger- und Öffentlichkeitsbeteiligung entfällt und
  • der Bebauungsplan nicht aus dem Flächennutzungsplan heraus entwickelt werden muss.

Einziger Wehrmutstropfen: Das Verfahren zur Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans kann nur bis zum 31.12.2019 förmlich eingeleitet werden; der Satzungsbeschluss ist bis zum 31.12.2021 zu fassen. Es handelt sich also um eine befristete Maßnahme zur kurzfristigen Aktivierung von Bauland für den Wohnungsbau.

Bayerischer Gemeindetag, Pressemitteilung v. 16.06.2017

Redaktionelle Anmerkung

Der neue § 13b BauGB wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt eingefügt, das am 12.05.2017 verkündet wurde (BGBl I S. 1057) und einen Tag später in Kraft getreten ist. Das Gesetz dient der Umsetzung der sog. UVP-Änderungsrichtlinie im Städtebaurecht sowie zur Lösung weiterer städtebaulicher Anliegen im Wesentlichen durch Änderungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO).

Die Änderungen der UVP-Richtlinie betreffen u.a. die zu prüfenden Umweltfaktoren, die Vorprüfung des Einzelfalls, die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Erstellung des UVP-Berichts. Anpassungsbedarf im deutschen Recht besteht damit sowohl im allgemeinen Umweltrecht als auch im Baugesetzbuch. Die Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie im BauGB wird mit dem vorliegenden Gesetz vorgenommen; sie zielt u.a. auf eine bessere Information und Beteiligung der Öffentlichkeit ab. Die Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie im Übrigen soll in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren erfolgen.

Hinsichtlich des „neuen Zusammenlebens in der Stadt“ geht es neben dem in der Pressemitteilung genannten leichteren Bauen am Ortsrand insbesondere um folgende Neuerungen:

  • Urbanes Gebiet und Lärmschutz
    Mit dem Ziel der Nachverdichtung wurde ein neuer Gebietstyp, das „Urbane Gebiet“, geschaffen (§ 6a BauNVO). Urbane Gebiete sollen eine Nachverdichtung in Städten und besonders in Ballungsräumen dahingehend ermöglichen, dass Wohnen und Gewerbe in Innenstadtlagen bauplanungsrechtlich erleichtert wird. Sie bieten gegenüber klassischen Mischgebieten ein flexibleres Verhältnis der Nutzungen Wohnen und Gewerbe und ermöglichen ohne besondere Begründung ein höheres Maß der Verdichtung. Einher geht dies mit immissionsschutzrechtlichen Anpassungen hinsichtlich der Lärmwerte bei der sog. Sportanlagenlärmschutzverordnung und der TA Lärm.
  • Internetveröffentlichung
    Nach § 6a (Bebauungsplan) und § 10a BauGB (Flächennutzungsplan) sollen die Bauleitpläne mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung ins Internet der Gemeinde eingestellt werden und auch über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich gemacht werden (an diesem wird derzeit gearbeitet).
  • Einheimischenmodelle
    § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB („Städtebaulicher Vertrag“) sieht nunmehr vor, dass u.a. Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags der „Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwache und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung“ sein kann. Damit werden die von der EU-Kommission gegenüber Deutschland beanstandeten Einheimischenmodelle auf eine rechtssichere Basis gestellt. Die jetzige Regelung ist mit der EU-Kommission abgestimmt.
  • Bessere Steuerung von Ferienwohnungen in Wohngebieten
    Zur Ausräumung einer bestehenden Rechtsunsicherheit, ob insbesondere in Wohngebieten Ferienwohnungen zulässig sind, werden Ferienwohnungen künftig mit nicht störenden Gewerbebetrieben und kleinen Beherbergungsbetrieben gleichgesetzt und in Wohngebieten als zulässig angesehen. Auch die Handhabe von Gemeinden gegen sog. Rollladensiedlungen, also Siedlungen in Tourismusgebieten, deren Wohnungen als Nebenwohnsitz nur wenige Wochen im Jahr genutzt werden und sonst leer stehen, wurde verbessert. Künftig kann auch die Begründung von Bruchteilseigentum unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Damit erhalten touristisch geprägte Gemeinden eine bessere städtebaurechtliche Steuerungsmöglichkeit.

Ass. iur. Klaus Kohnen