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StMGP: Reformpläne für Schuleingangsuntersuchungen in Bayern stoßen bei Eltern auf große Zustimmung

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Die Reformpläne von Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml für die Schuleingangsuntersuchungen stoßen bei Eltern und Fachleuten auf große Zustimmung. Huml zog am Dienstag im Ministerrat eine erfreuliche Zwischenbilanz für das Pilotprojekt „GESiK“, das eine frühere Förderung von Kindern mit Lern- und Entwicklungsverzögerungen zum Ziel hat. Die Ministerin betonte:

„Unser Reformvorhaben wird sowohl von vielen Eltern als auch den Fachleuten positiv bewertet. So sagen rund 85% der beteiligten Eltern, dass sie die vorgezogenen und erweiterten Schuleingangsuntersuchungen weiterempfehlen.“

Mit der Fortsetzung des Projekts können noch offene Fragen untersucht werden. Im März 2018 soll dem Ministerrat zur Evaluation des Pilotprojekts berichtet werden. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wird der Ministerrat entscheiden, ob die neukonzipierte Schuleingangsuntersuchung bayernweit umgesetzt werden soll.

Huml betonte:

„Wir wollen, dass jedes Kind den bestmöglichen Start für seine Schullaufbahn hat. Das ist auch eine Frage der Chancengleichheit. Mit der Reform der Schuleingangsuntersuchungen können wir den Kindern und ihren Eltern stärker als bisher unterstützend zur Seite stehen.“

Derzeit sind in Bayern alle Kinder verpflichtet, im Jahr vor Aufnahme in die 1. Klasse an der Schuleingangsuntersuchung teilzunehmen. Im Mittelpunkt steht dabei bisher die Beurteilung der Schulfähigkeit. In der Bildungspolitik hat jedoch ein Umdenken im schulischen Elementarbereich von der Reifungstheorie hin zur Förderung der kindlichen Entwicklung stattgefunden. Lesen, Schreiben und Rechnen folgen nach heutiger wissenschaftlicher Auffassung Entwicklungsprozessen, die weit vor dem Schuleintritt beginnen und durch Erziehung und Förderung beeinflussbar sind.

Huml erläuterte:

„Die Schuleingangsuntersuchung sollte mehr leisten. Das Pilotprojekt GESiK verfolgt deshalb das Ziel, das Format der Schuleingangsuntersuchung an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur kindlichen Entwicklung anzupassen, in der Durchführung zu standardisieren und die Untersuchung um ein Jahr in das vorletzte Kindergartenjahr vorzuverlegen. Durch die Vorverlegung gewinnen wir Zeit zur Therapie und Förderung von Kindern mit Entwicklungsverzögerungen und können bei Fehlentwicklungen besser gegensteuern. Die Einschulung selbst erfolgt aber weiterhin im Alter von ca. 6 Jahren.“

Im ersten Untersuchungsjahr wurden insgesamt rd. 3.200 Kinder im Rahmen von GESiK untersucht. Nach vorläufigen Ergebnissen wurde den Eltern bei rd. 390 Kindern (12%) empfohlen, sich an den Kinderarzt zu wenden, damit dort eine weitere Abklärung auf Grund von Entwicklungsauffälligkeiten durchgeführt wird. Rund 110 Kindern (3%) wurde empfohlen, den Kinderarzt wegen einer Überweisung zur weiteren Diagnostik bei einem Facharzt (Augen, HNO, Zahnarzt) oder zu einer Frühförderstelle aufzusuchen. In weiteren knapp 100 Fällen war ausschließlich die Empfehlung zur Teilnahme des Kindes an einem Vorkurs Deutsch erforderlich. Gerade für Kinder mit (noch) unzureichenden Deutschkenntnissen ist die Vorverlegung der Schuleingangsuntersuchung wichtig.

Huml unterstrich:

„Mein Ziel ist, dass frühzeitig erkannt wird, welche gesundheitlichen Voraussetzungen ein Kind mitbringt, um in der Schule gut lernen zu können. Deshalb werden alle Kinder mit einem auffälligen Ergebnis beim Entwicklungsscreening konsequent schulärztlich untersucht – und die Eltern ausführlich über mögliche Fördermaßnahmen beraten. Soweit therapeutische Maßnahmen erforderlich scheinen, kann dies von den behandelnden Haus- bzw. Kinder- und Jugendärzten weiter abgeklärt und ggfls. von diesen sowie den entsprechenden Fachstellen eingeleitet werden.“

Insgesamt sechs repräsentative Kommunen bzw. Landkreise in Bayern nehmen beginnend mit Juli 2015 an dem Pilotprojekt teil: Coburg, Dachau, Main-Spessart und Passau sowie die Stadt Augsburg und einige Bezirke der Stadt München. Die Leitung des Pilotprojekts liegt beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Es kooperiert dabei eng mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), den Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ), dem Bayerischen Sozialministerium und dem Kultusministerium sowie mit den Trägern der bayerischen Kindertagesstätten.

Die neukonzipierte Schuleingangsuntersuchung umfasst drei Teile: Im ersten Schritt erfolgt ein standardisiertes Entwicklungsscreening durch die sozialmedizinische Assistentin, einer Mitarbeiterin am Gesundheitsamt. Diese erfragt zunächst die gesundheitliche Vorgeschichte und die Entwicklung des Kindes, prüft das Impfbuch und berät die Eltern zu altersgerechten Schutzimpfungen. Außerdem sieht sie das Kindervorsorgeheft mit den U-Untersuchungen durch, misst Gewicht und Körpergröße und testet Hör- und Sehfähigkeit. Die sprachliche Entwicklung sowie Fähigkeiten, auf denen das Erlernen des Schreibens, Lesens und Rechnens aufbauen, werden mit kindgerechten, spielerischen Tests untersucht.

Zweiter Teil des Pilotprojekts ist eine schulärztliche Untersuchung durch einen Arzt des Gesundheitsamtes bei allen auffälligen Ergebnissen im Entwicklungsscreening sowie bei Kindern, bei denen die letztfällige U-Untersuchung fehlt oder die keine Kindertagesstätte besuchen – und bei allen anderen Kindern, bei denen die Eltern dies wünschen. Der Schularzt wird bei Kindern mit einem auffälligen Ergebnis die Eltern eingehend und sensibel zu maßgeschneiderten Fördermaßnahmen beraten.

Der dritte Teil ist eine schulärztliche (Nach-) Untersuchung, diesmal im Jahr vor Schulbeginn. Hier besteht die Möglichkeit den Entwicklungsfortschritt im Hinblick auf die anstehende Einschulung erneut zu begutachten. Sie kann erfolgen bei Kindern mit einem auffälligen Ergebnis in der ersten ärztlichen Untersuchung – oder wenn sich Hinweise auf eventuell sinnvolle weitere Fördermöglichkeiten ergeben.

StMGP, Pressemitteilung v. 27.06.2017