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Staatskanzlei: Staatsregierung beschließt umfassendes Maßnahmenpaket für saubere Luft in Innenstädten

Der Ministerrat hat heute ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, mit dem die Luftqualität in den bayerischen Städten schnell, wirksam und nachhaltig weiter verbessert werden kann. Zentrales Anliegen der Maßnahmen ist, dass der Stickstoffdioxid-Grenzwert schnellstmöglich auch in den besonders belasteten großen Städten eingehalten und pauschale Fahrverbote vermieden werden.

Ministerpräsident Horst Seehofer:

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„Wir wollen und müssen im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger die Stickstoffdioxidbelastung in bayerischen Innenstädten schnellstmöglich reduzieren. Wir wollen dabei gemeinsam so vorgehen, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet, die Funktionsfähigkeit der Innenstädte erhalten und die Mobilitätsinteressen von Bevölkerung und Wirtschaft berücksichtigt bleiben.

Nach den Gesprächen mit Automobilkonzernen, betroffenen Kommunen und Wirtschaft und Handwerk haben wir jetzt einen klaren Fahrplan, der von allen Beteiligten zügig und koordiniert umgesetzt werden muss. Auch die Ministerpräsidenten der fünf Automobilländer haben sich auf gemeinsame Punkte verständigt. Nachhaltige Mobilität ist ein Mega-Thema der Zukunft, gerade für unsere wachsenden Ballungsräume. Mit den Maßnahmen für saubere Luft gehen wir in Deutschland voran und schaffen einen Ausgleich zwischen Gesundheit und Lebensqualität auf der einen Seite und den Anforderungen an die Mobilität im 21. Jahrhundert.“

Umweltministerin Ulrike Scharf betonte:

„Das Bündnis für saubere Luft in bayerischen Innenstädten steht. Staatsregierung, Kommunen, Verbände und Automobilwirtschaft sind sich einig, dass pauschale Diesel-Fahrverbote keine Lösung sind. Stattdessen setzen wir auf ein umfassendes Maßnahmenbündel. Dabei stehen der Einklang zwischen Gesundheitsschutz und individueller Mobilität im Vordergrund.“

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Das heute beschlossene Paket sieht neben der zügigen Nachrüstung von Euro-5-Diesel-Pkw auch spürbare Kaufanreize für die Flottenumrüstung von Diesel-Pkw, eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, den raschen Ausbau der E-Mobilität und die Förderung des Radverkehrs vor.

Scharf: „Insbesondere die Maßnahmen zur Minderung der Emissionen an der Quelle, also die Nachrüstung von Kraftfahrzeugen sowie die beschleunigte Flottenerneuerung, können kurzfristig einen relevanten Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität leisten. Auch in der Stärkung des ÖPNV liegt ein wichtiger Hebel zur Verbesserung der Luftqualität.“

Hier will die Staatsregierung den Kommunen durch gezielte Fördermaßnahmen unter die Arme greifen, wie beispielsweise die Modernisierung älterer Busse.

Zur koordinierten Umsetzung der Maßnahmen setzt der Ministerrat einen Kabinettsausschuss unter Federführung der Staatskanzlei mit Umweltministerium, Innenministerium und Wirtschaftsministerium ein.

Wichtige Bestandteile des Maßnahmenpakets sind:

1. Zügige Verbesserung der Flottenwerte 

Wenn die Impulse durch die in der gemeinsamen Erklärung beschriebenen Maßnahmen deutschlandweit und markenübergreifend aufgegriffen werden, kann sich die Stickstoffoxid-Emission der Dieselflotte im Bestand in Deutschland bis 2021 halbieren.

  • Umrüstung von EURO-5-Diesel-Pkw durch die Automobilindustrie
    Bei der Ertüchtigung von Euro-5-Diesel-Pkw haben die bayerischen Automobilhersteller zugesagt, dass mindestens 50% ihrer Euro-5-Diesel-Pkw-Flotte durch einen Software-Upgrade ein für die Absenkung der Stickstoffoxid-Emissionen im innerstädtischen Bereich relevantes Niveau erreichen können. Die bayerische Automobilindustrie startet umgehend die Vorbereitungen. Die Umrüstung soll für die Kunden kostenfrei erfolgen.
  • Kaufanreize für modernste Dieselfahrzeuge
    Durch Kaufanreize für modernste Dieselfahrzeuge z.B. durch Änderungen im Bereich der Pkw-Steuer sollen die Autokäufer ein klares Signal pro neuester Euro-6-Technik erhalten mit dem Ziel, die Marktakzeptanz zu erhöhen und die Pkw-Flottendurchdringung gerade dieser umweltfreundlichen Technologie spürbar zu beschleunigen. Es sollten Anreize für die Fahrer älterer Diesel-Fahrzeuge (Euro 4 und älter) geprüft werden, beschleunigt auf modernere Fahrzeuge umzustellen. Bayern will hier gegenüber dem Bund aktiv werden.
  • Förderkonzepte für Flottenerneuerung bei Nutzfahrzeugen
    Gemeinsam mit den Kommunen wird die Staatsregierung zudem Förderkonzepte für eine geregelte Flottenerneuerung auch bei Nutzfahrzeugen entwickeln. Die Bayerische Nutzfahrzeugindustrie wird mögliche Lösungsansätze im Rahmen einer gemeinsamen Plattform mit Politik, Kommunen und Gewerbe unterstützen.

2. Förderung innovativer Antriebe / Elektromobilität 

  • Förderung der Ladeinfrastruktur
    Insbesondere die staatliche Förderung zum Aufbau der Ladeinfrastruktur soll aufgestockt werden. Die Möglichkeiten im Wohnungseigentumsrecht sollten verbessert werden.
  • Weiterentwicklung von synthetischen Kraftstoffen
  • Förderprogramm zur Flottenumstellung städtischer Nutzfahrzeuge
    Beim Spitzengespräch der Staatsregierung mit den Oberbürgermeistern von München, Augsburg, Nürnberg, Regensburg, Würzburg und Ingolstadt wurde insbesondere ein Förderprogramm zur Flottenumstellung städtischer Nutzfahrzeuge vereinbart.
  • Gemeinsame Arbeitsgruppe zwischen Staatsregierung und Bayerischem Städtetag, um Lösungen für rechtliche Instrumentarien für die Städte zu finden
    Die Staatsregierung und der Bayerische Städtetag werden in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe kurzfristig klären, ob und inwieweit noch Rechtsänderungen zur Umsetzung einzelner Maßnahmen erforderlich sind.

3. Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV

  • Busförderung
    Ziele sind die Aufstockung des Busflottenbestands durch Neuanschaffung zusätzlicher EURO-VI-Busse bzw. anderer emissionsarmer bzw. -freier Antriebe sowie die beschleunigte Flottenerneuerung.
  • Tram- und U-Bahn-Förderung
    Ziel ist die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten (Taktverdichtung) durch Fahrzeugneuanschaffungen.
  • Elektrobus-Förderung
    Ziel ist die Unterstützung des Umstiegs der Kommunen auf Elektromobilität. Die Busförderung wird um die Komponente Elektroantrieb aufgestockt. Ferner wird der Bund aufgefordert, seine Programme auszubauen und zu verstärken.
  • Innovative Antriebsformen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)
    Ziel ist die Umsetzung eines Pilotprojekts mit alternierender Antriebstechnik.
  • Park&Ride und Bike&Ride
    Ziel ist die Schaffung einer bedarfsgerechten Anzahl von Pkw- und Fahrrad-Abstellplätzen an Haltestellen und Bahnhöfen.
  • ÖPNV-Infrastruktur
    Ziel ist es, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit im ÖPNV zu erhöhen und mehr Pkw-Fahrer zum Umstieg auf den ÖPNV zu veranlassen. Maßnahmen sind neben dem Bau neuer Infrastrukturen für U-Bahnen und Straßenbahnen z.B. der Bau von Busspuren, Vorrangschaltungen an Ampeln, die Errichtung von Busbahnhöfen und Bushaltestellen sowie die Umsetzung digitaler Infrastruktur (abrufbare Echtzeitfahrpläne, E-Ticketing, Mobilitäts-Apps).
  • Elektrifizierung des SPNV
    Die Dieselzüge der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) sollen durch Elektrotriebzüge ersetzt werden. Der Bund ist aufgefordert, das Oberlandnetz zu elektrifizieren.
  • Anreize für Tangential- und Expressbusverbindungen in Ballungsräumen
    Ziele sind die Entlastung des innerstädtischen Verkehrs und kürzere Wege für die Benutzer. Tangentialverbindungen insbesondere im Raum München notwendig, da S-Bahn-System auf die Stadtmitte ausgerichtet ist. Die Planungen der Landeshauptstadt München für eine Tram durch den Englischen Garten sind ein gutes Beispiel für eine leistungsfähige emissionsfreie Tangentialverbindung.
  • Finanzielle Anreize zum Umstieg auf den ÖPNV
    Ziel ist es, neue Abonnementkunden für den ÖPNV zu generieren. Für das Jahr 2018 wird ein Modellprojekt in München durchgeführt mit einem zusätzlichen Gratismonat beim Neukauf eines MVV-Jahresabos.
  • Steuerliche Privilegierung für vom Arbeitgeber bezuschusste ÖPNV-Fahrkarten
    Ziel ist die Verbesserung der steuerlichen Privilegierung für vom Arbeitgeber bezuschusste ÖPNV-Fahrkarten durch Anpassung der Verwaltungspraxis auf Bund-Länder-Ebene. Bayern wird sich für ei-ne Verwaltungsvereinfachung einsetzen.

4. Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs

  • Planung eines Radverkehrsnetzes für den Alltagsverkehr
    Ziel ist, das Fahrrad als normales Verkehrsmittel zu etablieren und seinen Anteil an den Wegen auf 20% zu steigern. Voraussetzung ist ein bayernweites Radverkehrsnetz. Die Planung ist Teil des Radverkehrsprogramms Bayern 2025, das im Februar 2017 vom Ministerrat beschlossen wurde.
  • Radschnellwege
    Ziel sind schnelle und effektive Radschnellverbindungen in den Ballungsräumen München und Nürnberg.
  • Modellvorhaben Fahrradabstellanlagen an zentralen Stellen in besonders belasteten Städten
    Ziel sind sichere und benutzerfreundliche Fahrradabstellanlagen mit innovativer Technologie.

5. Maßnahmen zur Unterstützung nachhaltiger Mobilitätskonzepte

Die Kommunen sollen bei der Erstellung nachhaltiger und innovativer Masterpläne für Mobilität und Logistik unterstützt werden. Gleichzeitig sollen gemäß der Vereinbarung mit der bayerischen Fahrzeugindustrie nachhaltige Logistikkonzepte unterstützt werden.

Der Freistaat Bayern ist entschlossen, die Verbesserung der Luftqualität auch mit Landesmitteln kraftvoll zu unterstützen. Umfang und Dotierung der einzelnen Maßnahmen bleiben den Haushaltsverhandlungen vorbehalten.

Neben dem Maßnahmenpaket hat das Umweltministerium dem Kabinett heute auch ein Verzeichnis von Straßen in München vorgelegt, in denen eine Überschreitung des Stickstoffdioxid-Jahresmittelgrenzwerts für 2017 erwartet wird. Die berechneten Daten, die dem aktuellsten zur Verfügung stehenden Erkenntnisstand entsprechen, können bei der für den Luftreinhalteplan mit der Stadt München zuständigen Regierung von Oberbayern heruntergeladen werden unter:

  • http://www.regierung.oberbayern.bayern.de/aufgaben/umwelt/allgemein/luftreinhalte/02716/

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 18.07.2017

Red. Hinweis: Meldungen und Beiträge im Kontext „Dieselfahrverbote“.