Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Volksbegehren gegen den Verbrauch von Flächen

Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte zusammen mit der ÖDP und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ein Volksbegehren initiieren. Das Volksbegehren sieht eine Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes mit dem Ziel vor, eine verbindliche Begrenzung für die Flächenneuinanspruchnahme pro Tag einzuführen. Nach Sammlung der erforderlichen Unterschriften soll ein Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens „Damit Bayern Heimat bleibt – Betonflut eindämmen“ eingereicht werden. Konkret soll im Bayerischen Landesplanungsgesetz (BayLplG) der Flächenverbrauch ab dem Jahr 2020 auf durchschnittlich fünf Hektar pro Tag in Bayern begrenzt werden.

Dieses Vorhaben widerspricht nach Einschätzung des Bayerischen Städtetags dem Grundgedanken des Planungsrechts und verstößt gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Das Flächenschutzziel soll sich laut Vorschlag des Volksbegehrens an Fachplanungsträger und an kommunale Planungsträger richten. Dabei soll die Aufteilung auf die kommunalen Planungsträger nach anerkannten und statistisch verfügbaren Kriterien, wie etwa der Bevölkerungsstärke der jeweiligen Kommune, und gegebenenfalls gestaffelt nach Größenklassen der Kommunen erfolgen.

Der Bayerische Städtetag unterstützt als überzeugter Partner des Bündnisses für Flächensparen das Ziel, dass der Flächenverbrauch verringert werden soll. Die Bewahrung der bayerischen Kulturlandschaft, die Bewahrung zusammenhängender Freiflächen für die Tier- und Pflanzenwelt und für die Land- und Forstwirtschaft gebietet den Schutz von Freiflächen und die Verringerung des Flächenverbrauchs. Der Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung ist zu Recht Planungsmaxime in der Landesplanung und im Baugesetzbuch. Kompakte Siedlungsstrukturen in einer Stadt der kurzen Wege sind Basis einer flächendeckenden Versorgung und Erreichbarkeit von Dienstleistungen und Verbrauchsgütern, der fußläufigen und nicht motorisierten Mobilität sowie einer kostensparenden Erschließung mit öffentlichem Personennahverkehr und Versorgungsleitungen.

Der Bayerische Städtetag hat sich deshalb immer für das Anbindegebot stark gemacht und hat gegen eine maßlose Ausweitung von Ausnahmen des Anbindegebots gekämpft. Das Anbindegebot im Landesentwicklungsprogramm ist ein wirksames Mittel gegen die Inanspruchnahme neuer Flächen. Es bringt die gegenläufigen Interessen und Bedarfe von Bürgern sowie von der Wirtschaft angemessen zum Ausgleich, indem es Ausnahmen vorsieht und die Möglichkeit eines Zielabweichungsverfahrens im Einzelfall eröffnet. Eine feste Begrenzung, wie sie im Entwurf zum Volksbegehren vorgeschlagen ist, bringt gegenläufige Interessen nicht zum Ausgleich, sondern schneidet Entwicklungen ab, wenn die Grenze erreicht ist. Dabei nimmt eine solche Begrenzung keine Rücksicht darauf, ob der Bedarf eine Überschreitung der Grenze erfordert.

Eine Begrenzung widerspricht dem Planungsrecht, das auf einen Interessenausgleich in einer Abwägungsentscheidung gerichtet ist und so die unterschiedlichen Interessen raumbeanspruchender Nutzungen moderiert. Das Planungsrecht ist auf einen längerfristigen Zeitraum gerichtet. Kommunale Bauleitpläne zeichnen die Stadtentwicklung von Jahrzehnten vor.

Dagegen stünde eine Begrenzung, die in Tagen rechnet. Diese unflexible Regelung ist nicht vereinbar mit der kommunalen Planungshoheit, die sich am Bedarf der Bürgerinnen und Bürgern sowie an den berechtigten Interessen der örtlichen Wirtschaft, aber auch am Schutz der Umwelt orientiert.

Das Vorhaben einer starren Begrenzung der Flächenneuinanspruchnahme gefährdet Stadt-Umland-Beziehungen: Würde das Flächenkontingent nach Einwohnerzahlen bemessen, stellt sich die Frage, ob nicht der dringend notwendige Wohnungsneubau in den Umlandgemeinden großer Städte verhindert würde, die selbst nur auf eine geringe Einwohnerzahl zurückgreifen können.

Das Mitwirkungsinteresse von Umlandkommunen würde drastisch sinken, da diese Kommunen ein berechtigtes Interesse daran haben, ihr Flächenkontingent nicht allein für den Wohnungsbau aufzuwenden. Bund, Länder und Kommunen sind bemüht, rechtliche Hindernisse für den Wohnungsbau abzubauen. Das Vorhaben würde ein neues Hindernis schaffen.

Darüber hinaus geht das Vorhaben zu Lasten der ländlichen Räume, die infolge der demografischen Entwicklung auf eine geringe Bevölkerungszahl zurückgreifen können, im Gegensatz zu den Ballungsräumen aber oft Standort flächenbeanspruchender Gewerbeansiedlungen sind.

Wichtige Neuansiedlungen könnten dadurch verhindert werden.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 10 v. 12.10.2017, S. 1 f.

Redaktionelle Hinweise

  • Zur Stellungnahme des Bayerischen Gemeindetags vgl. hier.
  • Meldungen im Kontext dieses Volksbegehrens vgl. hier.
  • Meldungen im Kontext „Flächenverbrauch“ vgl. hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

Vgl. auch den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG), LT-Drs. 17/16760 v. 09.05.2017 (Erste Lesung am 18.05.2017). Hiernach soll das BayLplG einen neuen Art. 1a erhalten und Art. 19 Abs. 2 eine neue Nr. 1 (Änderungen gefettet):

Art. 1a Obergrenze für den Flächenverbrauch
1Die Flächenneuinanspruchnahme ist bis zum Jahr 2020 auf 4,7 ha pro Tag zu begrenzen. 2Die Staatsregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Landtags ein Handelssystem mit Flächenzertifikaten zu etablieren. 3Innerhalb dieses Systems erhalten alle Kommunen entsprechend des ihnen gemäß Art. 19 Abs. 2 zugeteilten Kontingents jährlich kostenlose Flächenverbrauchszertifikate, welche interkommunal gehandelt werden können.

Art. 19 Abs. 2 Nr. 1 (neu) lautet (die bisherigen Nr. verschieben sich entsprechend):

Art. 19 Inhalt des Landesentwicklungsprogramms
(1)…
(2) Das Landesentwicklungsprogramm enthält
1. die Aufteilung des Mengenziels zur Reduktion der Flächenneuinanspruchnahme auf die Kommunen, wobei der Bevölkerungsstärke der jeweiligen Kommune Rechnung zu tragen ist,
2.-5. […]