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BVerwG: Steuerberaterkammer darf Honorar für Gerichtsgutachten nicht mit Gebührenbescheid durchsetzen

Das BVerwG in Leipzig hat heute entschieden, dass eine Steuerberaterkammer, die von einem Gericht mit einem Honorargutachten beauftragt wurde, hierfür keinen Gebührenbescheid erlassen darf.

Ein Zivilsenat des KG beauftragte die Steuerberaterkammer Berlin in einem bei ihm anhängigen Rechtsstreit mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens über die Angemessenheit eines Steuerberaterhonorars. Das Stundenhonorar der Steuerberaterkammer setzte der Senat mit gesondertem Beschluss auf € 80,- fest. Weitergehende Vergütungswünsche der Steuerberaterkammer wies er zurück. Nach Erstellung des Gutachtens erließ die Steuerberaterkammer gegenüber dem KG einen Gebührenbescheid für das Gutachten. Der Gebührenberechnung legte sie einen Stundensatz von € 100,- zu Grunde. Den Widerspruch gegen ihren Bescheid wies sie zurück.

Das VG hat auf Klage des KG den Gebührenbescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Das OVG hat die Berufung der beklagten Steuerberaterkammer zurückgewiesen. Ihre Revision blieb ohne Erfolg.

Dem Erlass eines Gebührenbescheides durch die Steuerberaterkammer für das von ihr erstellte Gutachten steht bereits der Beschluss des KG über die Höhe der Vergütung für das Gutachten entgegen. Zum Erlass dieses Beschlusses war das KG nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG – ermächtigt. In dem Beschluss hat das KG mit bindender Wirkung festgelegt, dass die Vergütung ausschließlich nach den Regeln des JVEG erfolgt und der Stundensatz € 80,- beträgt.

Für die Anwendbarkeit des JVEG genügt zudem der formale Akt der Heranziehung einer Person oder einer Behörde durch ein Gericht zu einer als Sachverständigenleistung bezeichneten Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 JVEG). Das JVEG trägt den Belastungen Rechnung, die dem Einzelnen dadurch entstehen, dass er für Zwecke der Rechtspflege beansprucht wird. Die durch das JVEG eingeräumten Ansprüche sollen in einem einfachen, leicht zu vollziehenden Verfahren ermittelt werden. Mit diesem Zweck wäre es nicht vereinbar, wenn das JVEG das Entstehen seiner Ansprüche an materielle Kriterien, wie etwa das tatsächliche Vorliegen der Sachverständigeneigenschaft, knüpfen würde. Andernfalls  würden die Herangezogenen mit dem Vergütungsrisiko belastet.

Das OVG hat das von der beklagten Steuerberaterkammer erstattete Honorargutachten außerdem zutreffend als Sachverständigengutachten i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG eingeordnet. Sachverständige sind Hilfspersonen, die dem Gericht die Sachkunde vermitteln, die es selbst nicht hat. Ihre Rolle beschränkt sich nicht auf rein tatsächliche Fragen. Gegenstand ihrer Hilfstätigkeit können auch außerrechtliche Normen- und Regelsysteme, wie bspw. Handelsbräuche und die Verkehrssitte, sein. Auf solche Gesichtspunkte bezog sich das Gutachten der Steuerberaterkammer jedenfalls auch.

Pressemitteilung des BVerwG Nr. 18 v. 15.11.2017 zum Urt. v. 15.11.2017 – BVerwG 10 C 4.16