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Deutscher Städtetag: Klagerecht von Kommunen wird gestärkt – Zum Urteil des BVerfG

Das BVerfG hat heute im konkreten Fall die Beschwerde von sachsen-anhaltinischen Gemeinden gegen die Übertragung der Zuständigkeit für die Kinderbetreuung abgelehnt. Das Gericht hat aber gleichzeitig die Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem höchsten Gericht für zulässig erklärt.

Dazu erklärt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages:

„Das Urteil stärkt die Rechte der Kommunen, denn es erweitert in bestimmten Fällen die Möglichkeit für Städte und Gemeinden, vor das BVerfG zu ziehen. Falls das Schutzniveau der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach dem Landesrecht hinter dem Niveau im Grundgesetz (Artikel 28) zurückbleibt, sind kommunale Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht zulässig. Damit wurde das im Grundgesetz verankerte kommunale Klagerecht interpretiert und erweitert.“

Statement des Deutschen Städtetags Nr. 21.11.2017

Redaktionelle Hinweise

  • Meldungen und Stellungnahmen im Kontext dieses Urteils: vgl. hier.
  • Meldungen im Kontext „Kinderbetreuung“: vgl. hier.

Das BVerfG hat folgende Leitsätze formuliert:

  1. Zu den für die Länder zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes gehört 28 Abs. 2 GG. Das Landesrecht darf daher keine Regelungen enthalten, die mit Art. 28 Abs. 2 GG nicht vereinbar sind (Rn. 49).
  2. Der Grundsatz der Subsidiarität der Kommunalverfassungsbeschwerde nach 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, 91 BVerfGG findet keine Anwendung, wenn die landesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinter dem Gewährleistungsniveau des Art. 28 Abs. 2 GG zurückbleibt (Rn. 50).
  3. Zu den grundlegenden Strukturelementen von 28 Abs. 2 GG gehört die Eigenständigkeit der Gemeinden auch und gerade gegenüber den Landkreisen.
  4. 28 Abs. 2 Satz 1 GG konstituiert ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach der Gesetzgeber den Gemeinden örtliche Aufgaben nur aus Gründen des Gemeinwohls entziehen darf. Das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration scheidet als Rechtfertigung eines Aufgabenentzugs aus. Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung rechtfertigen eine Hochzonung erst, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde (Rn. 84).