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BayVerfGH: Keine Außervollzugsetzung der Verordnung der Stadt Passau über die Sperrung der Marienbrücke an Silvester

In der Entscheidung vom 21.12.2017 hat der Präsident des BayVerfGH es abgelehnt, die Verordnung der Stadt Passau über die Sperrung der Marienbrücke an Silvester durch einstweilige Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.

1. Die Antragsteller sind der Auffassung, das in der Verordnung enthaltene Verbot, die Marienbrücke in Passau im Zeitraum vom 31.12. ab 23.00 Uhr bis 01.01. um 1.00 Uhr zu betreten oder mit Fahrrädern zu befahren, schränke die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) verfassungswidrig ein und verstoße gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Sie haben deshalb am 11.12.2017 Popularklage erhoben mit dem Ziel, dass die Verordnung vom BayVerfGH für nichtig erklärt wird. Zugleich wollen sie mit ihren Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor allem erreichen, dass die angegriffene Verordnung bis zur Beendigung des Popularklageverfahrens vorläufig außer Vollzug gesetzt wird, damit in diesem Jahr auf der Marienbrücke eine Silvesterfeier stattfinden kann.

2. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, der in besonderen Eilfällen selbst zur Entscheidung berufen ist, hat den Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung abgelehnt.

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Im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens kann bei der auf Grund der Eilbedürftigkeit nur möglichen überschlägigen Prüfung nicht von offensichtlichen Erfolgsaussichten, aber auch nicht von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Hauptantrags im Popularklageverfahren ausgegangen werden. Die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb anhand einer Folgenabwägung zu treffen.

Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte die Popularklage im Hauptsacheverfahren Erfolg, würden – wohl zahlreiche – Personen zu Unrecht davon abgehalten, in der Silvesternacht zwischen 23.00 Uhr und 1.00 Uhr die Marienbrücke zu betreten oder mit Fahrrädern zu befahren. Erginge die primär beantragte einstweilige Anordnung und hätte die Popularklage im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg, würde die von der Stadt Passau mit der Verordnung angestrebte Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum und Besitz durch weitgehende Sperrung der Marienbrücke für Fußgänger und Fahrradfahrer unterbleiben. Dies könnte dazu führen, dass es auf der Marienbrücke zu irreversiblen Beeinträchtigungen bedeutender Rechtsgüter, insbesondere von Leben und Gesundheit von Personen (also zu Toten oder Verletzten) kommt, was bei Fortgeltung der Verordnung verhindert werden könnte. Angesichts der überragenden Bedeutung von Leben und Gesundheit der möglicherweise Gefährdeten überwiegen die Gründe gegen das Außerkraftsetzen der angegriffenen Verordnung. Auch eine Außervollzugsetzung unter Auflagen kommt nicht in Betracht.

Pressemitteilung des BayVerfGH v. 27.12.2017 zur Entsch. v. 21.12.2017 – Vf. 21-VII-17