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OLG München: Vertretungsmacht eines ersten Bürgermeisters

Sachgebiet: Kommunalrecht / OLG München, Beschl. v. 12.10.2017 – 34 Wx 325/17 / Landesrechtliche Normen: BayGO / Sonstiges: Vgl. Lindner/Bast, Höchstrichterliche Neuigkeiten zur Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters nach Art. 38 Abs. 1 GO

Leitsatz:

Die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde ist im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt; infolgedessen wird die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet. Der Vorlage eines Gemeinderatsbeschlusses zur Grundbucheintragung bedarf es daher nicht (Anschluss an BGH NJW 2017, 2412).

Redaktionelle Anmerkung

Derzeit befindet sich ein Gesetzentwurf der Staatsregierung „zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) und anderer Gesetze“ im parlamentarischen Verfahren, der neben der in der breiten Öffentlichkeit viel diskuitierten Änderung des Wahlrechts (d’Hondt oder Hare-Niemeyer) weitere Änderungen enthält, u.a. eine Klarstellung hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters, des Landrats, des Bezirkstagspräsidenten und des Verbandsvorsitzenden.

Hierzu werden Art. 38 Abs. 1 GO, Art. 35 Abs. 1 LKrO, Art. 33a Abs. 1 BezO und Art. 36 Abs. 1 KommZG in identischer Weise geändert, indem Abs. 1 jeweils einen neuen Satz 2 erhält:

2 Der Umfang der Vertretungsmacht ist auf seine Befugnisse beschränkt.

Hinsichtlich der Änderung in Art. 38 Abs. 1 GO führt die Gesetzesbegründung aus:

„Mit der Neuregelung wird klargestellt, dass dem ersten Bürgermeisters durch Art. 38 Abs. 1 keine umfassende Vertretungsmacht im Außenverhältnis eingeräumt wird, sondern die Vertretungsmacht vielmehr auf seine Befugnisse – insbesondere auf die Bereiche seiner eigenen Zuständigkeit nach Art. 37 GO und den Vollzug von Beschlüssen des Gemeinderats nach Art. 36 GO – beschränkt ist (vgl. LT-Drs. 2/1140, S. 35; BayVerfGH, Entsch. v. 29.02.1972 – Vf. 85-V-70 – VerfGH, 25, 27, 43; BayObLG, Beschl. v. 15.01.1997 – 3Z BR 153/96 – m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 27.5.2014 – 15 ZB 13.105 – m.w.N.). Diese Klarstellung ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 18.03.2016 – V ZR 266/14) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschl. v. 22.08.2016 – 2 AZB 26/16), welche von einer umfassenden Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters ausgehen, erforderlich.“

Zu den rechtlichen Hintergründen dieser Änderung, insbesondere nach den Beschlüssen des BGH und des BAG, vgl. Lindner/Bast, Höchstrichterliche Neuigkeiten zur Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters nach Art. 38 Abs. 1 GO):

„[…] erscheint die traditionelle Auslegung des Art. 38 GO in Bayern nicht mehr vorzugswürdig, da die einschränkende Anwendung der Norm sich nicht mit dem Wortlaut vereinbaren lässt und in unbilliger Weise dem Bürger das Risiko einer fehlerhaften Vertretung auferlegt. Es spricht daher mit dem BGH und dem BAG vieles dafür, dass Art. 38 Abs. 1 GO nicht nur eine kompetenzakzessorische Vertretungsbefugnis, sondern eine umfassende Vertretungsmacht des Bürgermeisters regelt.“

Dies sieht der Gesetzentwurf ähnlich und schreibt die Beschränkung der Vertretungsmacht nun normativ fest.

(koh)