Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter – Drängende Fragen müssen für die Praxis geklärt werden

Auch wenn die Regierungsbildung auf Bundesebene derzeit noch nicht abgeschlossen ist, zeichnet sich ab, dass der in vielen Wahlprogrammen formulierte Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter auf Bundesebene weiterverfolgt wird. Dabei steht aus kommunaler Sicht zu befürchten, dass die drängendsten Fragen im Vorfeld nicht geklärt werden.

Bei der ganztägigen Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter erwarten Eltern vor allem Qualität, Flexibilität und Verlässlichkeit des Angebots. Außerdem profitieren Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen von qualitativ guten Bildungs- und Betreuungsangeboten. Eine gute Ganztagsbetreuung leistet einen Beitrag zur sozialen Teilhabe aller Kinder. Während viele Bundesländer vermehrt auf den Ausbau von Ganztagsschulen gesetzt haben und zum Teil die Hortbetreuung in schulische Angebote überführt wurde, war in Bayern zuletzt ein Zuwachs an Betreuungsplätzen gerade in Horten der Kinder- und Jugendhilfe zu verzeichnen. Darüber hinaus werden u.a. in München, Nürnberg und Bayreuth Offene-Ganztags-Kombi-Modelle erprobt, die auf eine Verzahnung von Schule und Jugendhilfe abzielen und die – unter noch abschließend zu klärenden Rahmenbedingungen – verstetigt werden sollen. Bundesweit besteht ein historisch gewachsener Unterschied bei der Ganztagsbetreuung zwischen den Bundesländern.

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Der Deutsche Städtetag sieht den weiteren qualitativen und quantitativen Ausbau von Ganztagsschulen als Aufgabe der Bundesländer und nicht der Kommunen an. Angesichts der gesellschaftspolitischen Bedeutung muss der Bund die Bundesländer finanziell unterstützen. Ganztägige Angebote der Kinder- und Jugendhilfe können diese schulischen Angebote nicht ersetzen, sondern allenfalls ergänzen. Eine bundesgesetzliche Regelung zur Schaffung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Kindertagesbetreuung für Grundschulkinder im SGB VIII wird abgelehnt. Das SGB VIII ist aus finanzieller, personeller und organisatorischer Sicht nicht geeignet, bundesweit Betreuungssicherheit und Bildungsförderung für Schulkinder sicher zu stellen. Damit bringt der Deutsche Städtetag zum Ausdruck, dass Rechtsansprüche zur Betreuung von Grundschulkindern als Aufgabe der Schulen und somit auf Länderebene behandelt werden sollten. Dann würde auch der Konnexitätsgrundsatz greifen.

Eine abschließende Meinungsbildung innerhalb des Bayerischen Städtetags steht noch aus. Der Sozialausschuss warnt vor vorschnellen Systemzuordnungen und damit verbundenen Fehlentwicklungen. Es ist zunächst nötig, die pädagogische und soziale Zielsetzung sowie die qualitativen Anforderungen unter Berücksichtigung des Elternwillens zu klären, ehe in einem zweiten Schritt über Strukturen, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten sowie die Idee eines Rechtsanspruchs nachgedacht wird. Eine Überforderung der Städte und Gemeinden ebenso wie enttäuschte Erwartungen der Eltern von Grundschulkindern sollten vermieden werden.

Gegenwärtig und in nächster Zukunft ist ein Rechtsanspruch nicht umsetzbar. Eine tragfähige Lösung für eine qualifizierte, ganztägige Bildung und Betreuung bei erweiterter staatlicher Verantwortung ist nicht binnen weniger Jahre zu finden. Denn zunächst müssten konzeptionelle Grundlagen im System Schule und Jugendhilfe geschaffen oder weiterentwickelt werden. Personal und Räume müssen zur Verfügung stehen, die den pädagogischen Anforderungen genügen und sich im Bereich des Schulgeländes oder in der Nähe befinden; dies ist in verdichteten Stadtgebieten nur schwer umsetzbar. Vorhandene, je nach Bundesländern und Kommunen unterschiedliche Strukturen müssen weiterentwickelt werden. Im Vorfeld müssen dauerhaft und verlässlich alle auftretenden Finanzierungsfragen für Investitionen und Betrieb geklärt sein.

Informationsbrief des Bayerischen Städtetags Nr. 1 v. 18.01.2018, S. 5

Redaktioneller Hinweis

  • Meldungen im Kontext „Kinderbetreuung“: vgl. hier.