Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Konnexität bei Einführung des neunjährigen Gymnasiums – Kostenfrage bleibt in vielen Bereichen ungeklärt

© Dmitry Vereshchagin - stock.adobe.com

Am 07.12.2017 hat der Bayerische Landtag den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums trotz einer Reihe strittiger Konnexitätsfragen beschlossen. Bayerischer Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag haben vorher den Dissens mit dem Entwurf im Konsultations- und im Anhörungsverfahren erklärt.

Laut den Bekundungen der Staatsregierung zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens sollte das Konnexitätsprinzip (nach dem Motto „wer anschafft, soll auch bezahlen“) beim neunjährigen Gymnasium beachtet werden. In den Verhandlungen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Kultusministerium und dem Finanzministerium zeigte sich allerdings, dass es teilweise gravierende unterschiedliche Auffassungen über den Umfang des verfassungsrechtlich verbürgten Vollkostenersatzes gibt.

So ergeben sich etwa Steigerungen bei den Personalkosten für die Lehrkräfte an kommunalen Schulen. Während die tatsächlichen Vollkosten bei rd. € 120.000 liegen, sieht die Kostenschätzung im Gesetzentwurf der Staatsregierung nur € 80.700 (in Anlehnung an die völlig praxisferne Pauschalierungsregelung des Schulfinanzierungsgesetzes Art. 17 BaySchFG) vor. Bei den Investitionen für den Schulbau geht der Freistaat von € 500 Mio. aus und legt dabei eine Differenzierung der Kosten für Anbauten (€ 13.337 pro Quadratmeter) und Neubauten (€ 42.461 pro Quadratmeter) zu Grunde, die aus Sicht von Baufachleuten überhaupt nicht gerechtfertigt ist.

Beim laufenden Sachaufwand, der Schülerbeförderung und dem Lernmittelaufwand gehen die Vorstellungen von Freistaat und Kommunen ebenfalls auseinander.

Das Kultusministerium vertröstet die kommunalen Spitzenverbände bislang auf eine Bekanntmachung, in der alle noch offenen Dissenspunkte geklärt werden sollen. Die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs wurde trotz wiederholter Bitten der Spitzenverbände um Vorlage vor Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens jedoch hinausgezögert.

Der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, Martin Güll, hat den Vertreter des Ministeriums bei der Beratung des Gesetzentwurfs ausdrücklich gefragt, ob die Beratung im Hinblick auf die Dissenserklärung der kommunalen Spitzenverbände überhaupt erfolgen könnte. Er bekam dazu die Antwort: „Diese Stellungnahme habe für den Landtag … keinerlei Bindungswirkung. Der Landtag könnte somit am heutigen Tag den Gesetzentwurf … verabschieden.“

Nach Art. 83 Abs. 3 BV sind „gleichzeitig“ mit der Aufgabenübertragung Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen (striktes Konnexitätsprinzip). Auch wenn Verfassungsjuristen beim genauen Zeitpunkt des Kostenausgleichs einen gewissen Spielraum sehen, wäre mit Blick auf die verfassungsrechtliche Warnfunktion des Konnexitätsprinzips sehr zu wünschen gewesen, dass gravierende Differenzen (wie bei der Personalkostenerstattung) nicht in eine Bekanntmachung und damit auf Verwaltungsebene geschoben werden, sondern vom Gesetzgeber gelöst werden.

Diese Diskussion hat das Kultusministerium mit dem trickreichen Verweis auf die Bekanntmachung jedoch verhindert. Bleibt zu hoffen, dass das Kultusministerium nicht im Nachhinein das Argument vorschiebt, wonach der Landtag keinen Vollkostenersatz vorgesehen habe und die Bekanntmachung einen solchen auch nicht vorsehen könne.

Informationsbrief des Bayerischen Städtetags Nr. 1 v. 18.01.2018, S. 4

Redaktionellee Hinweise

  • Meldungen und Stellungnahmen im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren „Gesetz zur Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums in Bayern“: vgl. hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: vgl. hier.