Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder von 6 bis 10 Jahren – Gribl: „Gute Ganztagsbetreuung braucht ein vernünftiges Konzept“

„Diese Zuweisung von Aufgaben ist für Kommunen nichts Neues, aber immer wieder aufs Neue ärgerlich: Bund und Länder formulieren einen Anspruch und die Kommunen sollen liefern. Aktuelles Beispiel: Bund und Länder wollen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter schaffen. Dieser Anspruch weckt bei Eltern nachvollziehbare Erwartungen, die sich allerdings in der Praxis nur schwer erfüllen lassen“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl. Städte und Gemeinden unterstützen das Ziel, mehr Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zu schaffen. Allerdings hält der Bayerische Städtetag es für unzureichend, dass die Schaffung von Ganztagsangeboten allein im Rahmen der kommunalen Jugendhilfe über das SGB VIII stattfinden soll. Das in Verantwortung der Länder stehende Schulsystem muss bei der Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern einen wichtigen Beitrag leisten. Dafür müssen Ganztagsschulen deutlich ausgebaut werden. Der Freistaat muss konzeptionelle und finanzielle Mitverantwortung für kombinierte Angebote von Schule und Jugendhilfe übernehmen.

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Angebote in der Bildung und Betreuung von Kindern am Nachmittag können die Schule nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Gribl: „Mit einer Mittagsbetreuung und Angeboten zur Jugendhilfe am Nachmittag ist es allein nicht getan. Es braucht eine konzeptionelle Grundlage für eine gute pädagogische Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern durch die Schulen und ergänzende Jugendhilfeangebote.“

Das wirft für die Praxis Fragen auf, z.B.: Welche Räume sind nötig? Müssen Schulen erweitert werden? Braucht es einen Umbau von Klassenzimmern oder den Neubau von Horten? Welches Personal muss eingestellt werden? Wie lässt sich das System Schule mit dem System Jugendhilfe verzahnen? Wie lassen sich verbindliche Ganztagsschule und offene Ganztagsschule (in staatlicher Verantwortung) sowie Kombi-Modelle in gemeinsamer Verantwortung und Horte als Angebote der Kinder- und Jugendhilfe (in kommunaler Verantwortung) organisieren und finanzieren? Wie wirken Lehrer und Erzieher zusammen? Was geschieht in Ferienzeiten? Wer organisiert das Angebot an den einzelnen Schulen?

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Gribl: „Die größten Probleme der Städte bei der Einführung eines Ganztagsanspruchs für Grundschulkinder ergeben sich in der Praxis aus dem Mangel an Raum und Personal. Ein weiteres Problem liegt in der Finanzierung: Bund und Land müssen die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sicherstellen.“

Gerade in Ballungszentren fehlt der Platz für zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten, die ein ausreichendes Raumangebot und Spielflächen im Freien benötigen. Dies muss entweder in bestehenden Schulgebäuden oder in der unmittelbaren Nähe von Schulen angesiedelt sein. Halbtagsschulen müssen am Nachmittag und in den Ferien für Betreuungsangebote geöffnet werden.

Ein enormes Problem ist bereits jetzt der Personalmangel. Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, Erzieherinnen und Erzieher zieht es nicht in die Ballungszentren mit Wohnungsnot und hohen Lebenshaltungskosten.

Gribl: „In diesem Teufelskreis haben Städte wenig Spielraum. Es kommt zu schwierigen personellen Engpässen. Bereits jetzt lassen sich in Kinderkrippen und Kindergärten nicht alle Plätze besetzen, da der Arbeitsmarkt für Erzieher leergefegt ist.

Pressemitteilung des Bayerischen Städtetags v. 08.02.2018

Redaktioneller Hinweis

Bayerische und kommunale Stellungnahmen zum Koalitionsvertrag: vgl. hier.

Meldungen im KOntext „Kinderbetreuung“: vgl. hier.