Gesetzgebung

Landtag: Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) eingebracht

Abgeordnete der Fraktionen von CSU und Freien Wählern haben o.g. Gesetzentwurf eingebracht (LT-Drs. 17/21584 v. 11.04.2018). Dieser sieht die Erweiterung der bestehenden Möglichkeiten für offene Klassen an Förderschulen vor. Das Gesetz soll am 01.08.2018 in Kraft treten.

Grund für die Gesetzesinitiative

Problem

Mit der fraktionsübergreifend erarbeiteten und am 13. Juli 2011 einstimmig vom Landtag beschlossenen Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG), Drs. 16/8100, wurde die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Bayern rechtlich umgesetzt. Die inklusive Schule ist Ziel der Schulentwicklung aller Schulen (Art. 30b Abs. 1 BayEUG). Förderschulen sind schulische Lernorte und Kompetenzzentren zur Unterstützung der allgemeinen Schulen (Art. 19 ff, Art. 41 Abs. 1 BayEUG). Die Erziehungsberechtigten entscheiden, an welchem der im Einzelfall rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden schulischen Lernort ihr Kind unterrichtet werden soll (Art. 41 Abs. 1 Satz 3 BayEUG). Die Förderschule als Lernort zeichnet sich durch eine spezialisierte Förderung und Ausstattung aus, die den jungen Menschen mit Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf möglichst umfassend bilden und zur selbstbestimmten Teilhabe in der Gesellschaft und im Arbeitsleben befähigen soll. Ein gemeinsamer Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf ist an der allgemeinen Schule bereits rechtlich verankert und eingeführt. In der Förderschule ist gemeinsamer Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf derzeit im Rahmen des Partnerklassenmodells und der offenen Klasse der Förderschule möglich (Art. 30a Abs. 7 Nr. 2 und 3, Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayEUG). Bei der offenen Klasse ist die personelle Unterstützung nach bisheriger Regelung auf offene Klassen der Förderzentren (d. h. in der Grund- und Mittelschulstufe) mit den Förderschwerpunkten Sehen, Hören sowie körperliche und motorische Entwicklung und auf 20 Prozent der vom Staatsministerium festgelegten Schülerhöchstzahl je Klasse beschränkt. Förderzentren geistige Entwicklung können nach derzeitigem Recht keine Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf aufnehmen.

Die Regelung zur offenen Klasse war 2011 ein erster Schritt, der sich in der Praxis bewährt hat. Daran soll angeknüpft werden. Möglichkeiten zur Öffnung der Förderschule im Sinn des gemeinsamen Unterrichts am Lernort Förderschule sollen maßvoll erweitert und im Hinblick auf passgenaue Lösungen zu den verschiedenen Förderschwerpunkten flexibler geregelt werden.

Eine Änderung der rechtlichen Grundlagen soll den gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf erleichtern, ohne dass die Charakteristik der Schule als Förderschule und damit als spezifischer Förderort aufgehoben wird. Eine Pflicht besteht nicht. Auch die Beauftragte der Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung sowie insbesondere Förderschulen mit Profil Inklusion wünschen sich mehr Möglichkeiten für diejenigen Förderschulen, die sich für Angebote des gemeinsamen Unterrichts öffnen bzw. mehr öffnen wollen.

Lösung

Die Regelung zur offenen Klasse in Art. 30a Abs. 7 Nr. 3 BayEUG wird zukünftig auf die schulrechtliche Beschreibung der offenen Klasse als Klasse mit einer gemeinsamen Unterrichtung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf beschränkt. Die Öffnung der Förderschule nach Art. 30a Abs. 7 Nr. 3 BayEUG bedeutet die Aufnahme der Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf als Schülerinnen und Schüler der Förderschule (vgl. Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayEUG). Sie werden wie bisher nach dem Lehrplan der allgemeinen Schule unterrichtet. Für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kommen die Lehrpläne zur Anwendung, die ihrem Förderbedarf entsprechen (vgl. Art. 19 Abs. 4 BayEUG). Wie auch bei sonstigen Klassen ist eine innere und äußere Differenzierung möglich.

Die Einrichtung der offenen Klasse bedarf der Zustimmung der Schule sowie des Schulaufwandsträgers und der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde. Die Elternbeiräte sind zu beteiligen. Eine einvernehmliche Entscheidung zur Öffnung ist wichtig, um die Belange der Schülerinnen und Schüler, insbesondere mit sonderpädagogischem Förderbedarf, aber auch schulorganisatorische, personelle und sachliche Aspekte sowie die Schulstrukturen vor Ort zu berücksichtigen. Der inklusive Unterricht an Förderschulen durch Öffnung für Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf darf nicht zu einem Absinken der Förderqualität führen und soll deshalb maßvoll erfolgen, um den spezifischen Lernort als Förderschule zu erhalten. Die Auswirkungen auf die nahegelegenen allgemeinen Schulen sind zu beachten. Offene Klassen der Förderschule sollen insbesondere kleinere staatliche Grund- und Mittelschulen in ihren Möglichkeiten der Klassen- und Gruppenbildung und in ihren Möglichkeiten der Inklusion nicht beeinträchtigen.

In Vorgesprächen mit den Trägern wurde eine Öffnung von bis zu 30 Prozent in den Förderschwerpunkten Sehen und Hören sowie von bis zu 40 Prozent beim Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung in den offenen Klassen, die nach dem Lehrplan der allgemeinen Schule unterrichten, als sachgerecht angesehen. Die Öffnung des Förderzentrums geistige Entwicklung mit dem Profil Inklusion für Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in Form von Klassen mit festem Lehrertandem nach Art. 30b Abs. 5 BayEUG soll im Hinblick auf die fachlichen und sonstigen Erfordernisse zunächst im Rahmen eines Schulversuchs erprobt werden. Dies wurde auch seitens der Träger privater Förderzentren gewünscht. Die Öffnung der Berufsschulen zur sonderpädagogischen Förderung soll weiterhin in Form von Kooperationen von Berufsschulen und Förderberufsschulen erfolgen. An Sonderpädagogischen Förderzentren soll der Weg der temporären Förderung bzw. kooperativer Formen gemeinsamen Unterrichts unter Beibehaltung des Status der bisher besuchten Schule weiter beschritten werden.

Diese Konkretisierungen bzw. das zulässige Maß der Öffnung regelt das Staatsministerium im Rahmen der jährlichen Maßgaben zur Klassenbildung. Dies ist dann zugleich wie bisher Maßstab für die Finanzierung der privaten Förderschulen gemäß § 15 Abs. 1 Ausführungsverordnung zum Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz (AVBaySchFG). Personalressourcen aufgrund der zusätzlichen Schülerinnen ohne sonderpädagogischen Förderbedarf dienen ganz allgemein der Unterstützung des gemeinsamen Unterrichts an der Förderschule. So besteht auch die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler aus nicht geöffneten Klassen der Förderschule z. B. bei Differenzierungsmaßnahmen einzubeziehen und ihnen auf diese Weise ebenfalls einen (stundenweisen) gemeinsamen Unterricht zu ermöglichen.

Die Entwicklung der Öffnung der Förderschulen wird nach zwei Jahren evaluiert.

Weitere Informationen

  • Gesetzentwurf (Vorgangsmappe des Landtags): hier.
  • Verbundene Meldungen: hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

(koh)