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BGH: Unbefristete Sozialbindung einer Wohnungsgenossenschaft? – Verhandlungstermin am 11. Januar 2019 – V ZR 176/17

Der unter anderem für Ansprüche aus Verträgen über Grundstücke zuständige V. Zivilsenat des BGH verhandelt über die Klage einer Wohnungsgenossenschaft, die feststellen lassen will, dass die an ihren Wohnungen bestellten städtischen Belegungsrechte entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht unbefristet bestehen, sondern nach Ablauf von 20 Jahren seit Bezugsfertigkeit enden.

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag vom 30. Januar 1995 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Wohnungsbaugesellschaft, von der beklagten Stadt Grundstücke, die im Rahmen des sogenannten 3. Förderweges (§ 88d des Zweiten Wohnungsbaugesetzes) mit 52 Sozialwohnungen bebaut werden sollten. Zu deren Teilfinanzierung gewährte die Beklagte der Wohnungsbaugesellschaft ein zinsgünstiges Darlehen. Die Wohnungsbaugesellschaft verpflichtete sich im Gegenzug, der Beklagten unbefristete Belegungsrechte an den Wohnungen einzuräumen sowie diese verbilligt und nur an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen zu vermieten. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wurde im Grundbuch zu Gunsten der Beklagten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 27. Oktober 1995 kaufte die Klägerin, eine Wohnungsgenossenschaft, die Grundstücke unter Übernahme der auf die Belegungsrechte bezogenen Verpflichtung.

Bisheriger Prozessverlauf

Mit ihrer Klage will die Klägerin feststellen lassen, dass sie die Wohnungen nach Ablauf von 20 Jahren seit Bezugsfertigkeit frei und ohne Beachtung von Belegungsrechten vermieten kann. Ferner soll die Stadt die Löschung der Dienstbarkeit bewilligen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem BGH zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Nach Auffassung des OLG hat sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin wirksam dazu verpflichtet, der Beklagten unbefristete Belegungsrechte einzuräumen. Diese – von der Klägerin übernommene – Verpflichtung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht nur ein Darlehen gewährt, sondern ihr auch Grund und Boden zur Verfügung gestellt habe. Die Unwirksamkeit dieser Verpflichtung folge auch nicht aus § 6 Abs. 3 Satz 4 BauGB-MaßnahmenG, wonach die vereinbarten Leistungen bei einem städtebaulichen Vertrag den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen. Berücksichtige man die der Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte Subvention, überwögen die Interessen der Klägerin das Interesse der Beklagten, sozial schwachen Personen eine Unterkunft bieten zu können, nicht derart, dass von einer unangemessenen Verpflichtung auszugehen wäre.

Die Klägerin meint, unbefristete Belegungsrechte seien mit § 88d Abs. 2 Nr. 2 II. WoBauG unvereinbar; hiernach solle die Dauer der Zweckbindung 15 Jahre grundsätzlich nicht übersteigen. Die Abrede verstoße zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die unbefristete Zweckbestimmung führe dazu, dass dauerhaft keine marktgerechte Miete erzielt werden könne, während die gewährten Fördermittel ab einem bestimmten Zeitpunkt aufgebraucht seien. Die sozialstaatliche Verpflichtung, sozial schwachen Personen Wohnraum zu verschaffen, treffe die Stadt; sie dürfe ihre staatliche Aufgabe nicht mehr auf den Geförderten abwälzen, wenn dieser keine staatliche Gegenleistung mehr erhalte. Die Beklagte wendet dagegen ein, dass ein unbefristetes Belegungsrecht jedenfalls dann gerechtfertigt sei, wenn die öffentliche Hand dem privaten Investor – wie hier – nicht nur ein zinsgünstiges Darlehen gewährt, sondern mit dem Verkauf von Grund und Boden einen dauerhaften Vorteil verschafft habe.

Pressemitteilung des BGH Nr. 182 v. 11.12.2018 – V ZR 176/17