Gesetzgebung

Volksbegehren: Gesetzentwurf zur Änderung des BayNatSchG zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern („Rettet die Bienen!“) eingebracht

Der Ministerpräsident hat names der Staatsregierung dem Landtag das o.g. Volksbegehren zur weiteren Behandlung gemäß Art. 73 LWG unterbreitet (LT-Drs. 18/1736 v. 18.04.2019, veröffentlicht am 02.05.2019). Das Volksbegehren sieht Änderungen des BayNatSchG vor, d.h. die Einfügung neuer und die Änderung bestehender Artikel: Art. 1a (Artenvielfalt), Art. 1b (Naturschutz als Aufgabe für Erziehung), Art. 3a (Bericht zur Lage der Natur), Art. 11a (Himmelstrahler und Beleuchtungsanlagen), Art. 23a (Verbot von Pestiziden); Änderung von Art. 3 (Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft), Art. 7 (Ausgleichsmaßnahmen, Ersatzzahlungen), Art. 16 (Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile), Art. 19 (Biotopverbund, Biotopvernetzung, Arten- und Biotopschutzprogramm) und Art. 23 (Gesetzlich geschützte Biotope) BayNatSchG. In ihrer Stellungnahme empfiehlt die Staatsregierung einerseits, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens vollumfänglich anzunehmen, andererseits unter der Überschrift „Verbessern – Wir federn Härten ab“ verschiedene Klarstellungen und Ergänzungen vorzunehmen (dazu unter 1.). Darüber hinaus befürwortet die Staatsregierung unter dem Aspekt „Versöhnen – Wir sorgen für mehr Ökologie und eine starke Landwirtschaft“ weitergehende Maßnahmen für die Landwirtschaft und den Arten- und Naturschutz und empfiehlt ein zusätzliches Handlungspaket, das auch Staat und Gesellschaft in den Blick nimmt, darunter u.a. eine Reduktion des Flächenverbrauchs auf 5 ha /Tag; die Vorschläge sollen durch gesetzliche Änderungen, insbesondere im Naturschutzrecht, im Haushaltsrecht und in weiteren Fachgesetzen, umgesetzt werden (dazu unter 2.).

Aus der Stellungnahme der Staatsregierung

1. Verbessern – Wir federn Härten ab

Vier für die Landwirtschaft kritische Regelungen im Volksbegehren sollen präzisiert werden, um Härten für die Landwirtschaft abzufedern und gleichzeitig fachliche Verbesserungen für den Natur- und Artenschutz zu erreichen. Leitlinie soll sein, dass bestehende Förderungen erhalten bleiben, soweit das EU-Recht das zulässt. Die wichtigen Leistungen der Landwirtschaft für Natur- und Artenschutz sollen weiterhin bestmöglich honoriert werden:

  • Mahdzeitpunkt Grünlandflächen: Ab dem Jahr 2020 ist es auf 10 % der bayerischen Grünlandfläche verboten, vor dem 15. Juni zu mähen (Volksbegehren). Dazu wird klargestellt, dass es sich hierbei um eine bayernweite Zielvorgabe und nicht um eine Vorgabe für den Einzelbetrieb handelt. Das bedeutet: Kein Förderverlust für unsere Landwirte.
  • Walzverbot Grünlandflächen: Ab dem Jahr 2020 ist es verboten, nach dem 15. März Grünlandflächen zu walzen (Volksbegehren). Durch Allgemeinverfügung kann dazu ein späterer Walzzeitpunkt als der 15. März zugelassen werden. Dies macht eine flexible Reaktion auf unterschiedliche Witterungslagen möglich. Voraussetzungen dafür sind: (1) Anhörung des Naturschutzbeirats beim Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vor Erteilung des Einvernehmens und (2) die Flexibilisierung muss auf Grund der örtlichen Witterungsverhältnisse bei einer erheblichen Zahl von Einzelfällen im öffentlichen Interesse oder zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung erforderlich sein. Zweistufige Vorgehensweise: Es wird nicht von vornherein bayernweit ermöglicht, den Walzzeitpunkt kurzfristig wegen Witterung abzuändern. Für den Großteil der Fläche soll es beim Ziel „15. März“ (Volksbegehren) bleiben, nur in bestimmten Gebieten sollen durch Verordnung abweichende Allgemeinverfügungen ermöglicht werden.
  • Biotopverbund Offenland: Der Freistaat Bayern schafft ein Netz räumlich oder funktional verbundener Biotope (Volksbegehren). Dazu wird Flexibilität bei der Auswahl und Beschaffung der Flächen garantiert. Der Biotopverbund soll bis 2030 mindestens 15 % Offenland der Landesfläche umfassen. Dies schafft mehr Entscheidungsspielraum.
  • Streuobstwiesen als Biotop: Streuobstwiesen ab 2.500 m² Fläche werden als Biotope gesetzlich geschützt (Volksbegehren). Dazu wird die Pflege für den Erhalt der Biotope ermöglicht und ein Geldausgleich für die Einstufung von Streuobstwiesen als Biotop eingeführt. Belastungen werden so finanziell ausgeglichen.

2. Versöhnen – Wir sorgen für mehr Ökologie und eine starke Landwirtschaft

2.1 Starke Landwirtschaft

Bayerns Landwirtschaft ist heute schon so ökologisch wie in kaum einem anderen Land. Unsere Landwirte sind die entscheidenden Partner beim Erhalt unserer Tier- und Pflanzenarten und unserer Kulturlandschaften. Wer noch mehr für die Ökologie leistet, muss dafür aber auch belohnt werden. Deswegen stocken wir unsere bewährten Förderprogramme finanziell auf, weiten sie aus und schaffen zusätzliche Förderangebote:

  • Steigerung Ökolandbau – Finanzmittel für Ökomodellregionen: 15 zusätzliche Ökomodellregionen sollen die Produktion heimischer Bio-Lebensmittel und das Bewusstsein für regionale Identität fördern. Bislang sind es sechs. Das stärkt den Ökolandbau.
  • Förderung Ausweitung Ökolandbau: Jährlich sollen 60.000 ha mehr an Öko-Landwirtschaft entstehen, dies entspricht einem Zuwachs von zwei Prozentpunkten pro Jahr. Das heißt: Mehr Geld für unsere Öko-Landwirte. So wird das Ziel des Volksbegehrens verwirklicht (bis 2025 mindestens 20 %, bis 2030 mindestens 30 % ökologische Landwirtschaft).
  • Mehr Bio-/Regio-Essen in staatlichen Kantinen: Mindestens 50 % der in staatlichen Kantinen verwendeten Waren sollen aus biologischer oder regionaler Erzeugung stammen. Dazu können insbesondere Produkte mit dem Gütezeichen „Bio-Siegel des Freistaates Bayern“ oder „Geprüfte Qualität Bayern“ verwendet werden. So leistet der Staat einen vorbildlichen Beitrag für die Vermarktung von Ökoprodukten.
  • Streuobstwiesen – Geldausgleich für erhöhte Anforderungen: Wer auf Grund einer Rechtsänderung höhere naturschutzrechtliche Anforderungen erfüllen muss, erhält einen Geldausgleich. Pflege- und Erhaltung für Streuobstbestände werden weiter und verstärkt gefördert. Es gilt: Wer mehr leistet, bekommt auch mehr.
  • Förderung Digitalisierung Landwirtschaft: Mehr Geld für noch mehr Innovation in der Landwirtschaft. Durch verstärkte Förderung der Digitalisierung in der Landwirtschaft (insb. „Smart / Precision Farming“) sollen der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie die Bodenverdichtung reduziert werden.
  • Gentechnikanbaufreies Bayern: Bayern ist seit 10 Jahren gentechnikanbaufrei und soll es bleiben – dieses Bekenntnis bekommt nun Gesetzeskraft.
  • Verstärkte Artenschutz-Beratung für Landwirte und Kommunen: Bayerns Bauern verdienen beste Beratung. Neue Wildlebensraumberater an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sorgen für mehr Beratung zum Artenschutz in der Kulturlandschaft. Neue Biodiversitätsberater an den unteren Naturschutzbehörden kümmern sich besonders um die Landnutzer in Schutzgebieten.
  • Junglandwirte fördern: Investition in junge Köpfe. Junglandwirte werden bei der Hofübernahme unterstützt. Startpaket für Junglandwirte mit Existenzgründer-Check (z. B. Beratung zur Hofübernahme, Gründercoaching), Bildungs-Up-date (Förderung der Aus- und Weiterbildung) und Businessplan für junge Hofübernehmer. Leistungen für Junglandwirte im Zeitraum von einem Jahr vor bis vier Jahre nach der Hofübernahme.
  • Naturschutz und Landwirtschaft in Schulen vermitteln: Mehr Wissen für mehr Wertschätzung. Schulen sollen verstärkt Allgemeinkenntnisse zu Naturschutz und Landwirtschaft vermitteln, um besseres Verständnis für regionale Lebensmittelerzeugung, Arbeitsmethoden und Leistungen für Natur und Umwelt zu erreichen. „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ wird eigenständiges Schulfach. Coaching-Programme, neue besonders kreative Ideen werden prämiert. Vermittlung von haus- und landwirtschaftlichem Verständnis in Lehreraus- und -fortbildungen, Einbindung externer Fachkräfte in den Unterricht.
  • Halbierung bei Pflanzenschutz-Chemie: Der Freistaat halbiert seinen Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln bis 2028.
  • Glyphosatfreie Staatsverwaltung: Der Staat verzichtet vollständig auf Totalherbizide wie Glyphosat auf den von ihm bewirtschafteten Flächen. Ausnahme: Lehre und Forschung.
2.2 Mehr Ökologie

Die Vielfalt an Arten, Lebensräumen und Ökosystemen ist der wahre Reichtum und die Lebensgrundlage Bayerns. Deswegen sorgen zusätzliche Maßnahmen für noch mehr Arten- und Naturschutz. Das erfordert das Engagement von allen – von Kommunen, Wirtschaft, Verbänden und Bürgern. Der Freistaat geht mit gutem Beispiel voran:

  • Förderprogramm Grüne Bänder – Blühstreifen: Bayern blüht in allen Landesteilen. Die Leistungen der Landwirte werden honoriert. Grüne Bänder und Blühstreifen werden finanziell deutlich stärker gefördert (etwa KULAP: Blühflächen an Waldrändern und in der Feldflur sowie artenreiche Wiesen über den Vertragsnaturschutz). Ziel ist ein bayernweites Netz Biodiversität. Das Biodiversitätsgeflecht an Waldrändern, landwirtschaftlichen Wirtschaftswegen, Orts- und Biotoprändern wird durch die Regelungen zu Gewässerrandstreifen (Volksbegehren), durch staatliche Maßnahmen (ökologische Aufwertung von Straßenbegleitgrün) und durch freiwillige kommunale Aktivitäten (öffentliche Grünflächen ökologischer gestalten) ergänzt. An Gewässern, Wald und Straßen sollen „grüne Säume“ entstehen, dies wird als Ziel ins Bayerische Naturschutzgesetz aufgenommen.
  • Staatswald: Der Schutz des Waldes hat eine besondere Bedeutung. Es werden dauerhaft rund 10 % der staatlichen Waldflächen als nutzungsfreie Naturschutzflächen und Naturwaldflächen von der forstwirtschaftlichen Nutzung ausgenommen. Damit wird ein erheblicher Beitrag zur Biodiversität geleistet und ein grünes Netzwerk von Naturwaldflächen geschaffen.
  • Bestehende Förderprogramme optimieren: Landwirte sind starke Partner für den Umwelt- und Naturschutz. Die finanziellen Mittel für das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm werden deutlich aufgestockt. Dadurch wird der Ausbau der Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen für Streuobstbestände und die Erhöhung der Förderprämien für Weidetierhalter ermöglicht.
  • Förderprogramm grüne Oasen: Leitarten in besonders intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten (z. B. Feldlerche, Feldhamster) werden gestärkt, das bestehende Kulturlandschaftsprogramm wird deutlich ausgeweitet. Dies ist auch in intensiv genutzten Gebieten schnell wirksam. Die verbesserte Förderung ermöglicht mehr Lebensräume für bedrohte Arten im Einklang mit der Landwirtschaft.
  • Mehr Blüh- und Grünflächen auf Verkehrsflächen und Plätzen: Versiegelung wird reduziert – Natur bleibt erhalten. Flächen müssen ökologisch und nachhaltig genutzt werden. Weniger Landverbrauch insb. bei kleeblattförmigen Auffahrten und Kreisverkehren im Straßenbau.
  • Ökologische Aufwertung von Straßenbegleitflächen: Straßenbegleitflächen sind ökologisch zu bewirtschaften. Gesetzliche Festlegung von Leitlinien und Grundsätzen für die staatliche Bauverwaltung. Aufforderung an die Kommunen, ökologische Belange bei Straßenbegleitflächen stärker zu berücksichtigen nach dem Vorbild des Staates.
  • Naturschutzförderprogramme gesetzlich verankern: Zentrale Naturschutzförderprogramme werden mit wesentlichen Zielen und Zuständigkeiten im Bayerischen Naturschutzgesetz gesetzlich verankert (unter Haushaltsvorbehalt): Landschaftspflegeprogramm, Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm, Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm Wald. Das schafft Verlässlichkeit für die Landwirte.
  • Stärkung der Landschaftspflegeverbände: Die Landschaftspflegeverbände in Bayern erhalten eine stärkere Rolle und werden flächendeckend aufgebaut (bislang schon 80 %). Gleichzeitige Verbesserung der Förderung der Verbände und Stärkung einer Koordinierungsstelle.
  • Förderung entlang von Gewässern: Effektiver Gewässerschutz und bestmöglicher Ausgleich für die Landwirte. Aufstockung der KULAP- und Vertragsnaturschutz-Mittel für Förderungen entlang von Gewässern. Finanzieller Ausgleich im Gewässerrandstreifen (Uferlinie bis 5 m). Die gesetzlichen Ausgleichsregelungen werden genutzt (in ausgewiesenen Maßnahmengebieten der Wasserrahmenrichtlinie 200 €/ha). Verbesserte Förderung für angrenzende Flächen, die über den 5 m breiten Gewässerrandstreifen hinausgehen.
  • Verdoppelter Gewässerschutz auf staatlichen Flächen: Auf staatlichen Flächen wird die Breite des Gewässerrandstreifens auf 10 m (Volksbegehren sieht 5 m vor) entlang staatlicher Gewässer 1. und 2. Ordnung ausgeweitet. Verzicht auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel im Gewässerrandstreifen. Verpflichtung zum Erhalt von Bäumen und Sträuchern auf dem Gewässerrandstreifen bzw. zur extensiven Wiesennutzung, wenn aus Artenschutzgründen (z. B. Wiesenbrütergebiete) erforderlich.
  • Moore noch besser schützen und renaturieren: Stopp bzw. Umkehrung des in den letzten Jahrzehnten zunehmenden Umbruchs und der ackerbaulichen Nutzung von Mooren. Schutz von Moor- und Anmoorstandorten über das vom Volksbegehren vorgesehene Verbot hinaus, Grundwasser in Nass- und Feuchtgrünland abzusenken. Ziel: Verdreifachung der Moorrenaturierung in Bayern. Der Fachplan „Masterplan Moore“ soll neu in das Bayerische Naturschutzgesetz aufgenommen werden, insb. Maßnahmen zur Renaturierung von Mooren sowie für moorverträgliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung.
  • Öffentliche Grünflächen ökologischer gestalten: Für öffentliche Grünflächen soll ein Verbot gelten, zu mulchen und mit Kreiselmähwerken zu mähen. Ferner ein Verbot von Laubbläsern und herkömmlichen Mährobotern der öffentlichen Hand.
  • Staatliche Gebäude begrünen: Verpflichtung zur Begrünung staatlicher Gebäude und Flächen, sofern sie hierfür geeignet sind: Begrünte Flachdächer und Fassaden, Freianlagengestaltung mit blühenden Wiesen, Einbau von fassadenintegrierten Nistkästen.
  • Staatliche Wohnungen ökologischer bauen: Verpflichtung staatlicher Wohnungsbaugesellschaften zur stärkeren Berücksichtigung ökologischer Belange: Umweltbaubegleitung, Biotop-Verbundsysteme bei der Entwicklung von Neubauvorhaben, Aufwertung und Pflege bestehender Lebensräume (z. B. Pflegeplan gegen Verbuschung), Begrünung von Dachflächen und Fassaden.
  • Weniger Lichtverschmutzung: Anlagen der Lichtwerbung im Außenbereich sollen grundsätzlich verboten werden. Eine Zulassung soll nur möglich sein, wenn eine Beeinträchtigung der Tierwelt ausgeschlossen ist. Fassadenbeleuchtung: Einführung eines generellen Abschaltzeitpunkts für nicht sicherheitsrelevante Beleuchtungsanlagen ab 23 Uhr bis zum Einbruch der Morgendämmerung (insb. Sehenswürdigkeiten, öffentliche Gebäude, Kirchen).
  • Reduktion Flächenverbrauch auf 5 ha/Tag: Ziel, den Flächenverbrauch auf 5 ha pro Tag zu reduzieren, auch im Naturschutzrecht als Richtgröße gesetzlich verankern. Das schont auch landwirtschaftliche Flächen.
  • Bayerische Staatsverwaltung wird klimaneutral: Gesetzliche Verpflichtung zur schnellstmöglichen Klimaneutralität der Staatsverwaltung (spätestens bis 2030). Zudem Appell an Kommunen, ebenfalls verstärkte Anstrengungen zugunsten der Klimaneutralität zu unternehmen.

Redaktionelle Hinweise

  • Gesetzentwurf (Vorgangsmappe des Landtags): hier.
  • Verbundene Meldungen nebst Gang bzw. Stand des Verfahrens: hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

(koh)