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EuGH: Nach der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge haben Lehrer, die Vertragsbedienstete in der öffentlichen Verwaltung sind, Anspruch auf die gleiche Besoldungsstufenzulage wie verbeamtete Lehrer mit dem gleichen Dienstalter, sofern die einzige Voraussetzung für die Gewährung der Zulage darin besteht, dass eine bestimmte Dienstzeit zurückgelegt wurde

Herr D. U. A. wurde im Jahr 2007 vom Departamento de Educación del Gobierno de Navarra (Bildungsministerium der Regierung von Navarra, Spanien, im Folgenden: Ministerium) mit einem befristeten öffentlich-rechtlichen Vertrag als Lehrer eingestellt. Seitdem ist er in verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig.

Im Jahr 2016 beantragte Herr U. A. beim Ministerium, ihm die Besoldungsstufenzulage zuzuerkennen, die verbeamtete Lehrer mit dem gleichen Dienstalter wie er erhalten. Nachdem sein Antrag zurückgewiesen worden war, erhob er Klage beim Juzgado de lo Contencioso-Administrativo n.º 1 de Pamplona (Verwaltungsgericht Pamplona, Spanien).

Das Verwaltungsgericht Pamplona führt aus, die derzeit in Navarra geltende Regelung sehe als einzige sachliche Voraussetzung für die Zahlung der Besoldungsstufenzulage ein Dienstalter von sechs Jahren und sieben Monaten in der vorangehenden Besoldungsstufe vor, so dass der Aufstieg in eine höhere Besoldungsstufe im Lauf der Zeit automatisch erfolge. Des Weiteren gehe die nationale Regelung aufgrund dessen, dass die Besoldungsstufe als ein den Beamten vorbehaltener Mechanismus der Entwicklung in einer Berufslaufbahn ausgestaltet sei, davon aus, dass die Besoldungsstufenzulage zu den persönlichen Bezügen zähle, die dem Beamtenstatus inhärent seien; dieser Status stelle daher eine persönliche Voraussetzung für ihre Gewährung dar.

Die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge[1] (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) verbietet es, befristet beschäftigte Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Beschäftigungsbedingungen gegenüber Dauerbeschäftigten in einer vergleichbaren Situation allein aufgrund der Befristung ihrer Beschäftigung schlechter zu behandeln, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

Da das Verwaltungsgericht Pamplona wissen möchte, ob Art und Zweck der Besoldungsstufenzulage einen sachlichen Grund darstellen können, der die schlechtere Behandlung von Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung rechtfertigt, hat es beschlossen, den Gerichtshof mit dieser Frage zu befassen.

Mit seinem heutigen Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass die Rahmenvereinbarung einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach verbeamteten Lehrern, nicht aber Lehrern, die als Vertragsbedienstete in der öffentlichen Verwaltung befristet beschäftigt sind, eine Vergütungszulage gewährt wird, sofern die einzige Voraussetzung für die Gewährung der Zulage darin besteht, dass eine bestimmte Dienstzeit zurückgelegt wurde.

Der Gerichtshof sieht in der Gewährung der Besoldungsstufenzulage eine „Beschäftigungsbedingung“ im Sinne der Rahmenvereinbarung, da die einzige sachliche Voraussetzung für ihre Gewährung darin besteht, dass eine Dienstzeit von sechs Jahren und sieben Monaten zurückgelegt wurde.

Sodann prüft der Gerichtshof, ob sich die fraglichen Beamten und Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung in einer vergleichbaren Situation befinden. Er hebt hervor, dass es Sache des für die Würdigung des Sachverhalts allein zuständigen VG Pamplona ist, festzustellen, ob dies der Fall ist, und führt aus, dass es zwischen den Aufgaben, Leistungen und beruflichen Pflichten eines verbeamteten Lehrers und eines als Vertragsbediensteter in der öffentlichen Verwaltung tätigen Lehrers keinen Unterschied gibt. Daher ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Situation eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers wie Herrn U. A. mit der eines im Dienst des Ministeriums stehenden Dauerarbeitnehmers vergleichbar ist. Somit liegt eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern vor, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. Der Gerichtshof prüft deshalb, ob es einen „sachlichen Grund“ gibt, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass der bloße Umstand, dass die Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung befristet tätig sind, für sich genommen keinen „sachlichen Grund“ im Sinne der Rahmenvereinbarung darstellen kann. Der Ausschluss der Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung von der Besoldungsstufenzulage kann daher nur dann gerechtfertigt werden, wenn die dem Beamtenstatus inhärenten Merkmale für die Gewährung dieser Vergünstigung tatsächlich ausschlaggebend sind. Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass die Gewährung der in Rede stehenden Zulage offenbar nicht mit dem Aufstieg des betreffenden Beamten in eine höhere Besoldungsstufe zusammenhängt, sondern mit dem Dienstalter. Die einschlägige Regelung sieht nämlich lediglich vor, dass nach Ablauf einer bestimmten Dienstzeit ein Anspruch auf die genannte Zulage besteht, so dass es keinen Unterschied zu einer bloßen Dienstaltersprämie gibt. Somit wird die in Rede stehende Zulage, vorbehaltlich der Überprüfung durch das Verwaltungsgericht Pamplona, den Beamten allein deshalb gewährt, weil sie die erforderliche Dienstzeit zurückgelegt haben, und ist für ihre Stellung im Rahmen der Regelung über die berufliche Entwicklung irrelevant. Der Gerichtshof zieht daraus den Schluss, dass im konkreten Fall kein „sachlicher Grund“ vorliegt, der den Ausschluss der Vertragsbediensteten in der öffentlichen Verwaltung, die die erforderliche Dienstzeit zurückgelegt haben, von der in Rede stehenden Vergütungszulage rechtfertigen kann.

Pressemitteilung des EuGH Nr. 79 v. 20.06.2019 zum Urt. v. 20.06.2019 – Rs. C-72/18 (D. U. A. / Departamento de Educación del Gobierno de Navarra)


[1] Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43).