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Wohngeldrechtliche Streitigkeiten nach BVerwG gerichtskostenfrei

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Bemerkung der Landesanwaltschaft Bayern zu BVerwG, Urt. v. 23.04.2019 – 5 C 2.18 / Weitere Schlagworte: Angelegenheiten der Fürsorge

von Oberlandesanwältin Beate Simmerlein, Landesanwaltschaft Bayern

Leitsätze:

  1. Die Unwirksamkeitsregelung des 28 Abs. 3 Satz 1 WoGG setzt einen wirksam erlassenen Bewilligungsbescheid voraus und erfasst keine Fälle, in denen der Ausschlussgrund bereits vor Erlass des Bewilligungsbescheides vorgelegen hat.
  2. Streitigkeiten um Wohngeldsachen sind Angelegenheiten der Fürsorge i.S.v. 188 Satz 1 VwGO, für die nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben werden (Änderung der Rechtsprechung des Senats).

Bemerkung der Landesanwaltschaft Bayern

Das BVerwG hat in dieser Entscheidung seine mit Urteil vom 25.10.1972 (8 C 127.71, juris Rn. 40) begründete und zuletzt im Beschluss vom 05.03.2015 (5 KSt 6.15, juris Rn. 6) vertretene Rechtsauffassung, dass Wohngeldleistungen i.S.d. Wohngeldgesetzes (WoGG) nicht zu den Fürsorgeleistungen i.S.v. § 188 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO zählen, aufgegeben.

Nach § 188 VwGO werden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) in den Verfahren in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

Das BVerwG vertritt nunmehr die Ansicht, dass nach der heutigen Regelung des § 1 Abs. 1 WoGG das Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient. Dies spreche ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des Wohngeldgesetzes in das Sozialgesetzbuch (§ 68 Nr. 10 SGB I) zum Ausdruck gebracht hat.

Das Wohngeld, dessen primär fürsorgerischer Charakter ursprünglich fraglich gewesen sei, weil nach dem WoGG der Zweck der Wohnraumförderung im Vordergrund gestanden habe, habe sich zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt, deren primär fürsorgerechtlicher Charakter es gebiete, Wohngeldsachen den Angelegenheiten der Fürsorge i.S.v. § 188 Satz 1 VwGO zuzuordnen, für deren Streitigkeiten vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Gerichtskosten zu erheben sind.

Net-Dokument: BayRVR2019091601 (über die ohne Leerzeichen einzugebende Net-Dokumenten-Nummer ist der Beitrag über die BayRVR-interne Suche und i.d.R. auch über Google jederzeit eindeutig identifizierbar und direkt aufrufbar)

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Anmerkung der Redaktion

Oberlandesanwältin Beate Simmerlein ist bei der Landesanwaltschaft Bayern schwerpunktmäßig u.a. für das Kommunalrecht, das Schul- und Prüfungsrecht, das Medienrecht, das Sozialrecht sowie für das Personalvertretungsrecht zuständig.

Die auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisierten Juristinnen und Juristen der Landesanwaltschaft Bayern stellen zum 15. eines jeden Monats (ggfls. am darauf folgenden Werktag) eine aktuelle, für die Behörden im Freistaat besonders bedeutsame Entscheidung vor: Beiträge der LAB.