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BayVerfGH: Landtagswahl 2013 gültig – Überprüfung insbesondere im Hinblick auf die Kandidatenaufstellung im Wahlkreis Oberbayern

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Die Gültigkeit der Landtagswahl 2013 war bereits Gegenstand der Entscheidung vom 10.10.2014 (Vf. 25-III-14). Der BayVerfGH hatte an seiner Rechtsprechung festgehalten, wonach gegen Art. 42 Abs. 4 Satz 2 LWG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (danach bleiben die Stimmen, die für an der 5 %-Klausel gescheiterte Parteien abgegeben wurden, bei der Ermittlung der Sitzverteilung im Landtag unberücksichtigt) und einen Antrag abgewiesen, die Unwirksamkeit des Art. 42 Abs. 4 Satz 2 LWG sowie der Landtagswahl 2013 festzustellen und deren Wiederholung anzuordnen.

In der nun vorliegenden Entscheidung v. 23.10.2014 (Vf. 20-III-14) hatte der BayVerfGH über die Gültigkeit der Landtagswahl insbesondere im Hinblick auf die Kandidatenaufstellung im Wahlkreis Oberbayern zu befinden. Auch hiernach bestehen gegen die Gültigkeit der Landtagswahl 2013 keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Am 27.10.2014 hat der BayVerfGH zu letztgenannter Entscheidung folgende Pressemitteilung veröffentlicht:

I.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller beantragt, die Ungültigkeit der Landtagswahl 2013 festzustellen. Er wendet sich insbesondere gegen die Kandidatenaufstellung im Wahlkreis Oberbayern. Nach seiner Auffassung ist bei den Aufstellungsversammlungen der Parteien der Grundsatz der geheimen Wahl nicht beachtet worden. Die Aufstellung der Kandidaten bei den GRÜNEN sei auch deshalb zu beanstanden, weil bei der nicht nachvollziehbaren elektronischen Abstimmung eine Vorauswahl getroffen worden sei. Die viel zu geringe Zahl der Delegierten halte er für verfassungswidrig. Durch die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Europawahl werde die 5 %-Klausel auch im Hinblick auf nationale Parlamente infrage gestellt. Wegen der nach dem Erfolg der Parteien gestaffelten Wahlkampfkostenerstattung und der unterschiedlichen Präsenz der Parteien in den Medien sei die Chancengleichheit nicht gewahrt.

II.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat den Wahlprüfungsantrag am 23. Oktober 2014 abgewiesen; die Beanstandungen des Antragstellers hatten keinen Erfolg.

Zu den Beanstandungen im Einzelnen:

1. Anzahl der Delegierten der Vertreterversammlung, die die Wahlkreisliste aufstellt

Der Antragsteller rügt insoweit, dass die Vertreterversammlung der GRÜNEN zur Aufstellung der Wahlkreisliste für den Bezirk Oberbayern am 27. Januar 2013 nur aus rund 150 Delegierten (ca. 4 % der Parteimitglieder) bestanden habe. Anhaltspunkte dafür, dass deswegen keine funktionsgerechte Kandidatenauswahl möglich gewesen wäre, sind weder dem Vorbringen des Antragstellers zu entnehmen noch sonst ersichtlich.

2. „Kurzvorstellung“ von Bewerbern für die Vertreterversammlung

Die vom Kreisverband München-Stadt der GRÜNEN entsandten etwa 50 Delegierten hatten bei ihrer parteiinternen Wahl am 13. November 2012 Gelegenheit zur „Kurzvorstellung“ mit Angabe des Namens und des Ortsverbands. Es ist nicht erkennbar, dass diese Verfahrensweise gegen elementare Grundsätze des demokratischen Wahlvorgangs verstoßen würde.

3. Verwendung elektronischer Abstimmungsgeräte bei der Kandidatenaufstellung

Elektronische Abstimmungsgeräte wurden bei der Aufstellung der Wahlkreisliste für Oberbayern in der Versammlung der GRÜNEN am 27. Januar 2013 lediglich im Rahmen der Vorauswahl eines Teils der Bewerber eingesetzt. Die endgültige Aufstellung der Kandidaten erfolgte schriftlich mit Stimmzetteln. Der Antragsteller hat auch keine konkreten Fehler beim Einsatz der elektronischen Geräte aufgezeigt.

4. Geheime Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung

Durch das gesetzlich festgelegte Erfordernis der geheimen Abstimmung bei der Kandidatenaufstellung soll ein freies Wahlvorschlagsrecht der Wahlberechtigten gewährleistet werden. Erforderlich ist eine schriftliche Abstimmung mit Stimmzetteln, die verdeckt gekennzeichnet und ohne Einsichtnahme anderer abgegeben werden können. Die Notwendigkeit besonderer Schutzvorrichtungen (Wahlzellen, Wahlurnen), wie sie die Landeswahlordnung für die Wahl der Abgeordneten vorsieht, ergibt sich für die Kandidatenaufstellung weder aus dem einfachgesetzlichen Landeswahlrecht noch aus den verfassungsrechtlichen Regelungen des Art. 14 Bayerische Verfassung. An dieser bereits in einem Verfahren desselben Antragstellers zur Landtagswahl 2008 vertretenen Rechtsauffassung hält der Verfassungsgerichtshof fest. Im Übrigen sind dem Vorbringen des Antragstellers keine konkreten Wahlfehler zu entnehmen.

5. Wahlkampfkostenerstattung

Die Überprüfung der im Bundesrecht angelegten Grundsätze der Parteienfinanzierung kann nicht Gegenstand eines landesverfassungsgerichtlichen Verfahrens sein. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz kommt nicht in Betracht, da für einen Verstoß dieser Grundsätze gegen das Grundgesetz keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.

6. Präsenz der Parteien in den Medien

Der Grundsatz gleicher Wettbewerbschancen der Parteien erfordert nicht, dass alle Parteien im gleichen Umfang zu Wort kommen. Die Sendezeiten für Wahlwerbung dürfen entsprechend der Bedeutung der jeweiligen Partei verschieden bemessen werden.

7. 5 %-Klausel bei der Landtagswahl

Nach Art. 14 Abs. 4 Bayerische Verfassung erhalten Wahlvorschläge, auf die im Land nicht mindestens 5 vom Hundert der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen entfallen, keinen Sitz im Landtag zugeteilt. Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach, zuletzt in seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2014 (Vf. 25-III-14) in einem weiteren Wahlprüfungsverfahren zur Landtagswahl 2013 mit dieser Sperrklausel befasst und die Auffassung vertreten, dass sie nicht gegen höherrangige Normen der Bayerischen Verfassung verstößt. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Folgeregelung zur Umsetzung der 5 %-Klausel in Art. 42 Abs. 4 Satz 2 Landeswahlgesetz, wonach Stimmen, die auf gescheiterte Wahlvorschläge entfallen, bei der Sitzverteilung ausscheiden. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, eine Alternativlösung, wie etwa die vom Antragsteller befürworteten Ersatzstimmen, einzuführen.

BayVerfGH, Pressemitteilung v. 27.10.2014 zur E. v. 23.10.2014, Vf. 20-III-14

Ass. iur. Klaus Kohnen